Informationsreise

Verteidigungsausschuss besucht Soldaten in Munster

Der 17. April ist für die Soldatinnen und Soldaten der niedersächsischen Garnison ein ganz besonderer Tag: Es heißt, in Munster schlägt das Herz des Heeres, an diesem Montag schlägt es ganz besonders. Die Mitglieder des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages haben ihre auswärtige Sitzung hierher verlegt und führen Gespräche mit den Angehörigen des Heeres an der Panzertruppenschule. 

Ein Soldat und eine Zivilistin unterhalten sich. Er erläutert den Aufbau eines Panzerrohres.

Mitglieder des Verteidigungsausschusses besuchen die Soldatinnen und Soldaten im niedersächsischen Munster. Der persönliche Austausch steht im Mittelpunkt.

Bundeswehr/Marco Dorow

„In Zeiten des Krieges an der Peripherie unseres Bündnisses ist es ein wichtiges Zeichen der Wahrnehmung, dass Sie durch diesen Besuch an alle Angehörige des Heeres als größte Teilstreitkraft der Bundeswehr senden. Wir alle spüren, dass wir heute den gemeinsamen und intensiven Austausch untereinander mehr brauchen denn je“, begrüßt der Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Alfons Mais, die Gäste am größten Heeresstandort Deutschlands. Das Heer ist nicht nur größte Teilstreitkraft, es bildet auch den Kern der Landstreitkräfte und ist damit wesentlicher Träger von militärischen Operationen in der Dimension Land. „Wir wissen, was wir wollen und verfolgen unseren Plan“, macht Inspekteur Mais eingangs deutlich.

Im Kern des Besuches geht es um die materielle Ausstattung. Aber auch organisatorische Aspekte, Fragen der Personalstruktur und Einsatzbereitschaft spielen eine Rolle. Für die Politiker von besonderer Bedeutung ist der persönliche Austausch mit den Soldaten, die Tag für Tag ihren Dienst im Heer absolvieren. Es sei eine langjährige und bewährte Praxis für den Verteidigungsausschuss, regelmäßig auswärtige Sitzungen bei den Streitkräften, also Vor-Ort-Besuche, durchzuführen, betont die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann. So erhielten die Politiker Informationen direkt vor Ort und die Gespräche dienten der Meinungsbildung der Ausschussmitglieder als Entscheiderinnen und Entscheider.

Die Panzertruppenschule im niedersächsischen Munster, wie auch die Panzerlehrbrigade 9, stehen dabei besonders im Fokus der Informationsreise. Munster ist die wichtigste Ausbildungseinrichtung des Heeres für gepanzerte Kampftruppen und zeichnet für die lehrgangsgebundene Ausbildung des Führungsnachwuchses der Panzer-, Panzergrenadier-, Heeresaufklärungs- und Artillerietruppe verantwortlich. Mehr als 220 Trainings werden hier im Jahr absolviert. 

Porträt eines Generals
Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Alfons Mais Bundeswehr/Maximilian Schulz
Das Heer ist ein Heer im Wandel. Der Weg zur Herstellung der Reaktions- und Kaltstartfähigkeit im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung muss derzeit beschleunigt und unter dem Eindruck einer signifikant veränderten Bedrohungslage vorangetrieben werden. Das Sicherstellen der materiellen Ausstattung ist – vor dem Hintergrund der so sinnvollen wie erforderlichen Abgaben an die Ukraine – derzeit die dringlichste Aufgabe auf dem Weg zu einer der Bedrohungslage angemessenen Einsatzbereitschaft des Heeres. Dabei gilt es jetzt, schnell die Fähigkeitslücken der Vergangenheit zu schließen, neue operative Erfordernisse zu bedienen und dabei die Modernisierung des Heeres fest im Blick zu behalten.

Politik trifft Uniform

Drei Soldaten und drei Zivilisten sprechen vor Militärfahrzeugen miteinander.

Jede einzelne Fähigkeit, über die eine Kampftruppenbrigade verfügt, wird den Abgeordneten gezeigt und am Beispiel erläutert

Bundeswehr/Marco Dorow

Die Mitglieder des Verteidigungsausschusses, angeführt von Strack-Zimmermann, haben zwei ganz besondere Aufgaben. Sie bereiten zu den Gesetzgebungsverfahren die Entscheidungen des Plenums vor und unterstützen das Parlament bei der Ausübung seiner Kontrollfunktion gegenüber der Regierung. Gerade bei der Beschaffung von Rüstungsmaterial arbeiten die Mitglieder des Ausschusses beratend an Gesetzentwürfen, Anträgen und Vorlagen mit. So spielt der Ausschuss eine wichtige Rolle bei der Verabschiedung des Verteidigungsbudgets und der Ausrüstung der Bundeswehr. 

Ziel des Besuches ist es, den Ausschussmitgliedern einen umfassenden Einblick in den Zustand des Heeres und die laufenden Anstrengungen zur Wiedererlangung der Befähigung zur Landes- und Bündnisverteidigung zu geben. Besonders vor dem Hintergrund der aktuellen sicherheitspolitischen Herausforderungen sowie der anstehenden und wegweisenden Entscheidungen ist dies für das Heer von enormer Bedeutung. Die Politiker erleben in Ausschnitten das System Division und Brigade in ihrer unterschiedlichen Größe und miteinander verschränkt als wesentliche Elemente einsatzbereiter Landstreitkräfte. 

Aber auch über die enormen Anstrengungen rund um die verschiedenen Ausbildungen ukrainischer Soldatinnen und Soldaten werden die Besucher während ihrer auswärtigen Tagung informiert: Zwölf Stunden am Tag, sechs Tage die Woche bilden Heeressoldaten ihre ukrainischen Kameraden aus. Deutsche Ausbilder stehen fast rund um die Uhr zur Verfügung. Geführt von der Europäischen Union wird derzeit die Ausbildung in verschiedenen Bereichen und NATO-Staaten von rund 30.000 ukrainischen Soldaten geplant und umgesetzt.

Bessere Ausstattung für die Mittleren Kräfte

Ein Soldat erklärt vor einem Panzer stehend zwei Politikerinnen etwas.

Der Kompaniechef spürt in seiner täglichen Ausbildung die Auswirkungen der Entscheidungen des Verteidigungsausschusses. Fazit: Wie schnell, was beschafft wird, ist enorm wichtig.

Bundeswehr/Marco Dorow

Die meiste Zeit der auswärtigen Sitzung in Munster konzentriert sich auf den persönlichen Austausch mit den Soldaten, die täglich an der Basis ihren Dienst versehen. Den Abgeordneten werden die Soldaten und die Technik für ein Gefecht der verbundenen Waffen vorgestellt. Den schweren, mechanisierten Kräften kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Sie führen im Gefecht am Boden die Entscheidung herbei. Mit ihrer Ausstattung, etwa mit Kampf- und Schützenpanzern, verfügen sie über ein Höchstmaß an Schutz und Feuerkraft. Generalleutnant Mais macht deutlich: „Nur ein kriegstaugliches, kaltstartfähiges und funktionierendes Heer ist in der Lage, sich gegen einen modern ausgestatteten und ausgebildeten Gegner erfolgreich durchzusetzen.“ 

Major Marvin K. ist Kompaniechef im Panzergrenadierbataillon 33. Er spürt die Auswirkungen der Arbeit des Verteidigungsausschusses täglich, denn sie entscheiden, was letztendlich für das Heer beschafft wird und was nicht. Im Gespräch mit den Politikern erklärt er: „Als junger Soldat habe ich angefangen auf dem Schützenpanzer Marder. Heute als Kompaniechef bilden wir auf dem Schützenpanzer Puma aus. Es ist zwar der Puma aus der ersten Ausstattungsreihe, aber dennoch ein großer Schritt nach vorn“, erklärt der Major stolz. Als einer der gravierendsten Unterschiede benennt er die Ausstattung der Funkgeräte mit der einhergehenden Digitalisierung der Fahrzeuge und schränkt zugleich ein:  „Ja, wir können ausbilden, aber eben auf einem niedrigeren Niveau als mit dem Schützenpanzer Puma in der Variante für die Schnelle Eingreiftruppe (Very High Readiness Joint Task Force, VJTFVery High Readiness Joint Task Force ).“ Diese Modelle seien noch besser ausgestattet. „Wir wissen um die Anstrengungen, uns mit dem bestmöglichen Material auszustatten. Dabei ist die Zeit ein sehr wichtiger Faktor“, so der Grenadierchef.

Das Heer strebt für ein flexibleres Agieren auch einen strukturellen Umbau an. Dabei soll insbesondere das Bindeglied – die Mittleren Kräfte – zwischen den Schweren und Leichten Kräften neu aufgestellt und nach und nach besser ausgestattet werden. Sie sind mobiler als Schwere Kräfte und dennoch durchsetzungsstark. Einsatzräume können die Mittleren Kräfte auf ihren Radfahrzeugen schneller und eigenständig erreichen. Die Herausforderung ist nun, sie mit der erforderlichen Feuerkraft auszustatten. „In den Brigaden der Mittleren Kräfte werden zukünftig Radschützenpanzer, Radhaubitzen, radbasierte Mörsersysteme, Transportpanzer, radbewegliche Pionierfähigkeiten und weitere radbasierte Systeme in allen Truppengattungen vorhanden sein müssen“, erklärt der Inspekteur.

Angriff, Angriff, Angriff

Aus der geöffneten Heckklappe eines getarnten Schützenpanzers Puma steigen Panzergrenadiere aus.

Schwere Kräfte zeigen, was es bedeutet, ein Gefecht zu führen

Bundeswehr/Marco Dorow

Zweifellos ist der Höhepunkt des Tages das Gefechtsschießen des Panzergrenadierbataillons 33. „Angriff!“, befiehlt der Kompaniechef auf dem Gefechtsfunkkreis. Jetzt wird die Komplexität der einzelnen Fahrzeuge, Waffen, Systeme und Fähigkeiten deutlich. Jetzt wird deutlich, wie wichtig es ist, dass ein Zahnrad ins andere greift. Aufklärungskräfte, Schützenpanzer und Kampfpanzer stellen sich auf dem Truppenübungsplatz Munster dem Gefecht. Die Druckwellen der Waffensysteme und Bordkanonen spüren die Besucher auf der Tribüne deutlich. In einem kurzen, aber realen Gefechtsausschnitt kämpfen die Schweren Kräfte der Panzerlehrbrigade 9 und demonstrieren ihre Schlagkraft.

Die Vorsitzende des Ausschusses Strack-Zimmermann fasst den Tag beim Heer in Munster zusammen: „Ich danke Ihnen, den Soldaten, die täglich ihren Dienst leisten und für ihre Überzeugung einstehen, gerade in diesen besonderen Zeiten. Dieser Einblick war wichtig und gut, um ‚mit der Brille der Soldaten‘ auf Ihren Dienst in unseren Streitkräften zu schauen.“ 

von René Hinz

Der Verteidigungsausschuss in Munster

Mehr lesen