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Allergien auf dem Vormarsch

Allergien auf dem Vormarsch

Datum:
Ort:
Koblenz
Lesedauer:
4 MIN

Atemnot, laufende Nase und tränende rote Augen gehören zu den häufigsten Symptomen des Heuschnupfens. Doch nicht nur Baum- und Gräserpollen können allergische Reaktionen auslösen. Nahrungsmittel, Hausstaub, Insektengift, Tierschuppen, Schimmelpilze und sogar Latex können Reaktionen des menschlichen Immunsystems provozieren.

Allergien sind gerade in den wohlhabenden westlichen Staaten weit verbreitet. So reagieren beispielsweise in Deutschland laut dem Robert-Koch-Institut 48,6 Prozent der erwachsenen Menschen auf mindestens einen Stoff sensibel. Allerdings bedeutet eine Sensibilisierung lediglich, dass sich der Körper schon mal mit einem bestimmten Allergen auseinandergesetzt hat und eine allergische Reaktion theoretisch möglich ist, aber nicht zwingend auftreten muss.

Eine Wespe auf einem Pflanzenblatt in Nahaufnahme.

Auch Insektengifte können eine starke Immunreaktion des Körpers hervorrufen.

pixabay

So finden sich beispielsweise bei 25 Prozent der Bevölkerung eine Sensibilisierung gegen Bienen- oder Wespengift, ohne dass diese jemals Beschwerden nach einem Stich haben. Somit ist die allergische Reaktion mit entsprechenden Symptomen doch eher die Spitze des Eisberges.

Steigende Zahl der Allergiker

Warum die Zahl der allergischen Erkrankungen immer weiter steigt, ist nach wie vor nicht vollständig erforscht. Klar ist allerdings, dass beispielsweise bei Heuschnupfen, Neurodermitis oder Asthma die erbliche Veranlagung eine entscheidende Rolle spielt. Die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder an Asthma, Neurodermitis oder Heuschnupfen erkranken, verdoppelt sich bei bereits bestehender Erkrankung eines Elternteils.

Das kann jedoch nicht die einzige Erklärung für die seit einigen Jahrzehnten steigende Zahl der Allergiker sein. Unter den Kindern und Jugendlichen bis siebzehn Jahren leiden bereits 16,7 Prozent der Jungen und 14,4 Prozent der Mädchen unter Heuschnupfen, Neurodermitis oder Asthma.

Veränderte Lebensbedingungen und Umweltfaktoren

Erhöhte Pollenbelastung, vermehrte Umweltchemikalien und gewandelte Ernährungsgewohnheiten stehen laut Robert-Koch-Institut im Verdacht, mitursächlich für den steten Anstieg der allergischen Erkrankungen zu sein. Aber auch das Aufwachsen in immer sterileren Umfeldern wird als Ursache in Betracht gezogen.

Blütenstände der Birke in Nahaufnahme.

Birkenpollen können ein Auslöser für den Heuschnupfen sein.

pixabay

So scheint die frühzeitige Auseinandersetzung des Organismus mit einer Vielzahl von Krankheitserregern im Kindesalter dafür zu sorgen, ein stabiles Immunsystem zu bilden. Faktoren wie das Aufwachsen auf einem Bauernhof, ältere Geschwister oder auch eine früh einsetzende Kinderbetreuung senken das Allergierisiko. Ein verminderter Mikrobenkontakt im Kindesalter kann hingegen allergiefördernd sein.

Umgang mit der Allergie

Menschen mit einer oder mehreren Allergien haben grundsätzlich drei Möglichkeiten mit den Symptomen umzugehen. Karenz, Behandlung der Symptome und die Hyposensibilisierung sind die Mittel der Wahl.

Die Karenz, also die Vermeidung des Kontaktes mit dem Allergen ist immer das erste Mittel der Wahl. Das lässt sich aber gerade bei Allergien gegen Pollen oder auch Hausstaub schwer realisieren. Zumindest sollte die Allergenzufuhr weitestgehend reduziert werden. Dies lässt sich beispielsweise bei Hausstaubmilben durch eine entsprechende Gestaltung der Wohnung ohne die üblichen „Staubfänger“ oder auch durch „Encasing“ („to encase“ – umhüllen/einkapseln/einschließen/überziehen) der Bettwäsche erreichen.

Konkret versteht man unter Encasing einen Milbenschutzbezug, den man sowohl über das Kopfkissen, die Bettdecke als auch über die Matratze ziehen kann. Solch ein Matratzen- oder Bettwäscheschutz soll verhindern, dass man als Allergiker nicht mit dem Kot der Hausstaubmilbe in Berührung kommt. Dafür schließt das Encasing den Milbenkot in der Matratze und der Bettwäsche ein, sodass sich dieser nicht mit der Luft vermischen und damit eingeatmet werden kann.

Ein Besen, ein Handfeger und eine Schaufel voll mit Tierhaaren und Staub.

Den Allergenen Hausstaub oder Tierhaaren aus dem Weg zu gehen, ist nicht leicht.

pixabay

Stoßlüften anstatt Dauerlüften und das Bürsten oder Waschen der Haare vor dem Zubettgehen sind bei einer Pollenallergie probate Mittel zur Reduzierung der Belastung. Bei Lebensmittelallergien ist es schon ein wenig einfacher auch ohne Hilfsmittel auf das Allergen zu verzichten, jedoch erschwert die schiere Masse an Zusatzstoffen, die in der Lebensmittelindustrie verwendet werden, die Orientierung immens.

Durch die symptomatische Behandlung werden die meist recht schnell auftretenden allergischen Reaktionen des Körpers entweder topisch (lokal) oder systemisch behandelt. Bei der lokalen Behandlung werden Beschwerden wie tränende Augen durch Augentropfen, eine laufende Nase durch Nasentropfen und Hautbeschwerden durch Salben behandelt. Das Symptom wird genau da behandelt, wo es auftritt. Dadurch wird der Rest des Organismus geschont.

Bei vielen gleichzeitig auftretenden oder ausgeprägten Symptomen ist es meist ratsam eine systemische Behandlung in Betracht zu ziehen. Dabei wird ein Antiallergikum über die Blutbahn, die Schleimhäute, den Verdauungstrakt oder die Lunge in den Körper eingebracht, und verteilt sich im gesamten Körper. Eine langfristige Besserung der Allergiebeschwerden bringt die symptomatische Behandlung jedoch nicht.

Eine Hyposensibilisierung, im Volksmund auch Allergie-Impfung genannt, kann hingegen eine dauerhafte Linderung der Symptome bis hin zum völligen Verschwinden der Allergie bewirken. Die Hyposensibilisierung hat das Ziel, beispielsweise bei Pollenallergikern, einen „Etagenwechsel“, also die Verschlimmerung vom Heuschnupfen zum Asthma zu verhindern. Einige Präparate ermöglichen zudem die Linderung von Symptomen nach dem Kontakt mit dem Allergen. Allerdings lassen sich nicht alle Allergien mittels Hyposensibilisierung behandeln.

Allergien bei der Bundeswehr

Eine uniformierte Frau niest in ein Taschentuch.

Im Normalfall sind Allergien auch bei der Bundeswehr kein Problem.

Bundeswehr/Markus Dittrich

Bei Bewerberinnen und Bewerber, die sich bei der Bundeswehr als Soldatin oder Soldat bewerben und durch allergische Beschwerden massiv eingeschränkt sind, wird unterschieden, ob diese Beschwerden akut sind oder nicht. Sind diese akut, ist die Bewerberin/der Bewerber vorübergehend nicht verwendungsfähig. Man würde eine Therapie empfehlen und eine Neubegutachtung in spätestens zwölf Monaten anstreben, um das Therapieansprechen zu beurteilen. Würde sich kein Therapieansprechen zeigen wären Bewerber nicht verwendungsfähig.

Auch bei schweren Nahrungsmittelallergien sind die Bewerber nicht verwendungsfähig. Eine Teilnahme an der Truppenverpflegung ist Voraussetzung. Auch haben Soldatinnen und Soldaten eine Duldungspflicht für Impfungen. Sollte aufgrund einer Allergie eine Impfung tatsächlich nicht möglich sein, wäre dieses selbstverständlich auch ein Verwendungsausschluss. Erfahrungsgemäß ist dieses aber sehr selten, da meistens nur lokale Impfreaktionen auftreten und eine Impfung trotzdem durchgeführt werden kann.

von Tina Uhlmannm, Michael Tomelzik