Erste Grundsatzrede des neuen Marineinspekteurs

Erste Grundsatzrede des neuen Marineinspekteurs

Datum:
Ort:
Rostock
Lesedauer:
3 MIN

Am 25. Juni hat Vizeadmiral Kay-Achim Schönbach erstmals öffentlich ausführlich erläutert, wie er den Zustand der Seestreitkräfte bewertet.

Ein Marineoffizier im kurzen, weißen Hemd und mit Dienstmütze steht vor einem Mikrofon.

Der Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Kay-Achim Schönbach

Bundeswehr/Marcel Kröncke

„Das oberste Ziel muss sein, die Marine der Politik weiterhin als verlässliches und vielseitiges Instrument anzubieten“, so Schönbach. Auf den sicherheitspolitischen Hintergrund für diese Priorität ging er näher ein.

Seine Einschätzung: „Ich habe häufig den Eindruck, dass bei unseren Alliierten und Partnern die Deutsche Marine als zahnloser Tiger wahrgenommen wird.“ Ihre Professionalität sei allgemein geschätzt, jedoch fehle aus dem Blickwinkel der Partner der „Up-threat“ der deutschen Seestreitkräfte – also die Bereitschaft, nicht nur defensiv zu agieren.

Die Notwendigkeit aktiver Gestaltung von Sicherheitspolitik

Mit Blick auf die Bedrohungsanalyse der NATO sei dies nötig. Schönbach verwies dabei auf die Aufrüstung Russlands und Chinas. Der Volksrepublik gehe es offensichtlich „nicht nur um die Sicherung der Handelswege oder einen sichtbaren Beitrag zum Konfliktmanagement, sondern vor allem um Machtprojektion“.

Dass Deutschland aber Sicherheitspolitik aktiv gestalten wolle und könne, dafür sei die Entsendung der Fregatte „Bayern“ in den Raum Indo-Pazifik ein erster Schritt. „Wir werden bei unseren Wertepartnern, zum Beispiel Australien, Singapur, Japan und Südkorea, mit offenen Armen empfangen“, sagte der Admiral. Es sei seine Absicht, dieses wichtige Engagement in der Zukunft weiter zu verstetigen, so Schönbach.

Das im Mai veröffentlichte Eckpunktepapier der Verteidigungsministerin und des Generalinspekteurs begrüßte der Marineinspekteur. Es liefere gute Ansätze und sei eine hervorragende Chance für die Seestreitkräfte.

Systemhaus See und Maritime Warfare Center als Chancen für die Marine

Er hob deshalb zunächst ein zukünftiges Systemhaus See hervor. „Die teilweise katastrophalen Zeitlinien bei Werftvorhaben könnten so hoffentlich deutlich verbessert werden“, so Schönbach. Auch begrüßte er ein zukünftige Maritime Warfare Center, das „deutliche Vorteile für die Einsatzbereitschaft der Flotte sowie unsere zukünftige operative Ausrichtung und Fähigkeiten“ bringe.

Drei graue Schiffe in See, darunter ein mittelgroßes Kriegsschiff und ein Flugzeugträger.

Weniger NATO-Marineverbände, dafür mehr Carrier Strike Groups? Schönbach möchte, dass sich deutsche Kampfschiffe öfter alliierten Flugzeugträger-Kampfgruppen anschließen. Hier 2013 die Fregatte „Hamburg“ mit der USS „Dwight D. Eisenhower“

US Navy/Ryan D. McLearnon

Das Eckpunktepapier sei aber natürlich nicht das Einzige, was ihn im Moment beschäftige. Der Admiral warnte: „Im Planen sind wir gut, nur das Umsetzen ist sehr mühsam, und deshalb kann ich materiell keine kurzfristige Besserung versprechen.“ Bis neue Ausrüstung wie weitere Korvetten, die nächste Fregattenklasse 126 oder neue Seefernaufklärer der Flotte zur Verfügung stehen, müsse die Marine „mit dem leben, was wir ‚im Hafen liegen‘ haben und diese Herausforderung ohne Wehklagen annehmen.“

Deshalb ging Schönbach dezidiert auf das Mindset der Marinesoldatinnen und -soldaten ein. „Nicht Schiffe, sondern Menschen kämpfen“, erinnerte er und forderte auf: „Was wir deshalb sofort anpacken können, ist eine Refokussierung auf die Fähigkeit und den Willen zum Kampf. Dieser Fähigkeit muss sich alles andere unterordnen. Wenn wir das hochintensive Gefecht beherrschen, sind alle anderen Aufträge automatisch abwärtskompatibel.“

Bereitschaft zum Risiko auf allen Ebenen

Auch um dieses Ziel wieder zu erreichen, habe er den Generalinspekteur gebeten, die Kampfschiffe der Flotte von der durchgehenden Teilnahme in den ständigen NATO-Marineverbänden, SNMGStanding NATO Maritime Group 1 und 2, zu entlasten – zugunsten einer engeren Kooperation mit den großen Marinenationen.

Parallel dazu muss für Schönbach auch in den Dienststellen an Land Änderung eintreten. „Auch in den Betonkreuzern der Marine muss die Einsatzfähigkeit der Flotte immer der Maßstab sein – auch an Schreibtischen muss vom scharfen Ende her gedacht werden“, sagte der Inspekteur. Jeder in der Marine leiste seinen eigenen wichtigen Beitrag zur Befähigung zum Kampf.

Daraus ergebe sich auch eine notwendige Risikobereitschaft, die an allen Stellen leben müssten. „Wie der Soldat an Bord bereit sein muss, ins Gefecht zu ziehen, genauso muss auch der Soldat am Schreibtisch offen sein für Konflikte“, so Schönbach. Alle Ebenen müssten bereit sein, Verantwortung zu übernehmen. Dabei würde auch Fehler passieren und Vorhaben scheitern, aber „unsere Fehlerkultur muss damit auch umgehen können“.

Die Grundsatzrede hat zuerst die Marineunteroffiziere erreicht

Schönbach ist mittlerweile einhundert Tage im Amt. Am 24. März hatte er den Dienstposten von seinem Vorgänger Andreas Krause in einer pandemiebedingt klein gehaltenen Zeremonie übernommen. Seine Grundsatzrede konnte er dagegen im größeren Rahmen halten: vor rund 240 Soldatinnen und Soldaten der Marineunteroffizierschule im schleswig-holsteinischen Plön.

Gerade an dieser Marineschule zu sprechen, war ihm persönlich ein wichtiges Anliegen. Die MUSMarineunteroffizierschule sei eine wichtige Institution in der Marine, die Maaten und Bootsleute „waren schon immer das Rückgrat der Deutschen Marine“.

von  Presse- und Informationszentrum Marine (mmo)  E-Mail schreiben

Grundsatzrede des Marineinspekteurs vom 25. Juni 2021

Grundsatzrede „100 Tage im Amt – Worauf es mir ankommt“

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