Der Aufwuchs der Bundeswehr gelingt nur mit Infrastruktur
Infrastruktur- Datum:
- Ort:
- Berlin
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Das sicherheitspolitische Umfeld steht seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine vor großen Herausforderungen. Die Bundeswehr muss wachsen, um ihre Einsatzbereitschaft zu erhöhen, die Verteidigungsfähigkeit zu stärken und ihren Auftrag der Landes- und Bündnisverteidigung weiterhin verlässlich erfüllen zu können. Dafür braucht es die notwendige Infrastruktur – von Kasernen bis zum Militärflugplatz.
Dienstliegenschaften des Bundes verbleiben auch nach deren Aufgabe durch den jeweiligen Nutzer im Eigentum der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImABundesanstalt für Immobilienaufgaben) – das gilt auch für die Liegenschaften der Bundeswehr. Die BImABundesanstalt für Immobilienaufgaben prüft sodann entlang ihres gesetzlichen Auftrags, ob diese Liegenschaften dauerhaft für den Bund entbehrlich sind. Nur dann kann sie die Grundstücke und Liegenschaften auch verwerten.
Regelmäßig haben die Städte und Gemeinden, in deren Gebiet eine solche Liegenschaft liegt, ein großes Interesse an einer Übernahme sowie Ideen oder Pläne für zivile Wohnungsbauprojekte oder eine gewerbliche Nutzung. Das Verteidigungsministerium hat nun am 28. Oktober 2025 entschieden, die Umwandlung von 200 ehemals oder aktuell militärisch genutzten Liegenschaften der Bundeswehr auszusetzen.
Mit der Entscheidung zum Moratorium zieht das Verteidigungsministerium die Konsequenzen aus der veränderten Bedrohungslage. Denn sowohl für den erwarteten Personal- als auch Materialaufwuchs der Bundeswehr wird bundesweit militärische Infrastruktur benötigt. Diese umfasst nicht nur Kasernen und Ausbildungseinrichtungen für Rekrutinnen und Rekruten, sondern auch Gebäude und Anlagen für die Waffensysteme der Bundeswehr.
187 der genannten 200 Liegenschaften befinden sich im Eigentum der BImABundesanstalt für Immobilienaufgaben. Diese wurden nach Prüfung der Aktenlage durch alle Teilstreitkräfte und Organisationsbereiche der Bundeswehr als grundsätzlich geeignet für eine künftige Nutzung durch die Bundeswehr bewertet. Bei dieser Prüfung wurden insbesondere Größe, Lage und Beschaffenheit der Liegenschaft berücksichtigt.
Des Weiteren werden 13 Liegenschaften der Bundeswehr entgegen früherer Entscheidungen nicht aus der Nutzung genommen. Dazu gehört unter anderem der ehemalige Fliegerhorst in Fürstenfeldbruck und Teile des Flughafens Tegel in Berlin. Hinzu kommen können außerdem solche Flächen, die von Dritten der Bundeswehr angeboten werden und aufgrund von Lage und Fläche für eine militärische Nutzung ebenfalls in Betracht kommen.
Alle diese Liegenschaften sind potenziell für die sogenannte Strategische Liegenschaftsreserve geeignet. Dorthin werden in einem nächsten Schritt diejenigen Areale sukzessive überführt, für die nach eingehender Prüfung der militärischen Eignung und Bedarfe eine künftige militärische Nutzung sinnvoll ist. Flächen ohne weiteren Bedarf können daher auch wieder für die Umwandlung in eine zivile Nutzung freigegeben werden. Aufgrund der zahlreichen unterschiedlichen Fälle und Rahmenbedingungen kann für diesen Prozess aktuell noch kein allgemeiner Zeitansatz genannt werden.
Die jetzige Entscheidung für ein Aussetzen des Umwandlungsprozesses bedeutet also nicht, dass damit eine komplette oder teilweise spätere zivile Nutzung der Liegenschaften kategorisch und dauerhaft ausgeschlossen wird. Die Liegenschaft Tegel-Nord in Berlin ist hierfür ein gutes Beispiel. Auch wenn der Standort grundsätzlich durch die Bundeswehr bis in die 2040er-Jahre genutzt werden soll, können aktuelle Planungs- und Bauvorhaben auf Teilflächen, unter anderem für den Bau einer Flüchtlingsunterkunft, fortgesetzt werden.
Der weitere Prozess erfolgt in enger Abstimmung mit allen Beteiligten des Bundes sowie der Länder und Kommunen. In Fällen, bei denen das Interesse an einer Umwandlung besonders dringend ist, werden bereits Gespräche mit den Ländern, Städten und Gemeinden oder auch mit anderen Bundesressorts geführt. Ziel ist, Lösungen zu prüfen, die die Interessen aller Beteiligten berücksichtigen. Zusammen werden dann Möglichkeiten geprüft, wie die Belange der Bundeswehr und die geplante zivile Nachnutzung vereint werden können.
Denkbare und bereits erprobte Lösungsansätze sind beispielweise eine Ko-Nutzung, Dual Use genannt, oder eine Aufteilung der Liegenschaft, ein Flächentausch oder eine temporär befristete Nutzung durch die Bundeswehr beziehungsweise Dritter. Auch der für Infrastruktur in der Bundeswehr zuständige Staatsekretär Nils Hilmer betont, dass die Bundeswehr auf den Dialog mit den Kommunen setze und versuchen werde, bestehende zivile Planungen zu berücksichtigen. Klar ist aber auch, dass der gesamtstaatliche Verteidigungsauftrag Vorrang hat, sofern keine einvernehmliche Lösung gefunden werden kann. Im Vordergrund stehen aber Dialog und Lösungsfindung für gegenseitige Interessen, zu denen auch strukturpolitische Chancen für die Kommunen gehören, die der Aufwuchs der Bundeswehr und die Präsenz vor Ort ihnen bieten kann.