Einsatz der Reserve als Rear Area Task Force
Landes- und Bündnisverteidigung- Datum:
- Ort:
- Hammelburg
- Lesedauer:
- 4 MIN
Die Reservistendienstleistenden des Unterstützungsbataillons Einsatz 1 haben den Auftrag, die Gefechtsstände der 1. Panzerdivision zu sichern. Auch können sie für die Landes- und Bündnisverteidigung gegen Feindkräfte im rückwärtigen Raum eingesetzt werden. Das trainieren sie auf dem Übungsplatz Hammelburg gemeinsam mit niederländischen Kameraden.
Acht Uhr, Schießbahn 1. Tief hängen die Wolken über dem Truppenübungsplatz Hammelburg. Es ist nasskalt, und nur wenig Licht fällt durch das Blätterdach des Hochwalds. Im Zwielicht gehen die Soldatinnen und Soldaten der 2. Kompanie des Unterstützungsbataillons Einsatz 1 in Waldkampfformation vor. Die erste Gruppe bildet die Spitze der Formation, breit in zwei Reihen hintereinander versetzt. Ihr folgen an der rechten und linken Flanke die beiden anderen Gruppen des Zugs. Verstärkt wird der Zug durch Kameradinnen und Kameraden des niederländischen 10 Infanteriebataljon Bewaken Beveiligen Korps Nationale Reserve, die voll in die deutschen Gruppen integriert sind.
Die niederländischen und deutschen Reservistendienstleistenden üben heute den Einsatz als Rear Area Task Force. Zu ihren wesentlichen Aufgaben gehören die Sicherung eigener Kräfte und Einrichtungen im rückwärtigen Raum eines Großverbands, der Schutz kritischer Infrastruktur sowie die Umsetzung von Offensivoperationen gegen eingedrungene Feindkräfte. Im rückwärtigen Raum eines Großverbandes befinden sich seine wichtigen Führungs- und Logistikeinrichtungen, die sehr verwundbar sind.
Der erste Auftrag für die Reservistendienstleistenden lautet heute: als schnell verfügbare Reserve der 1. Panzerdivision im Rückraum des Gefechtsstreifens ein Waldstück im Bäuerlingsgrund durchkämmen. Hier werden luftgelandete feindliche Aufklärungskräfte vermutet.
Ab und zu ist das Knacken eines Asts zu hören, oder ein gewisperter Befehl. Plötzlich klappen auf einem Hügel 50 Meter vor der Spitzengruppe Scheiben auf. „Contact Front!“, hallt ein Schrei durch den Wald. Dann fallen Schüsse, die ersten Scheiben fallen. „Wir greifen an! Rechte Halbgruppe gibt Deckungsfeuer! Marsch, Marsch!“, befiehlt Marc seinen Soldaten. Der Hauptfeldwebel der Reserve führt die erste Gruppe. Sofort nimmt das Feuer der rechten Halbgruppe an Intensität zu, es zwingt den Feind dazu, in Deckung zu gehen.
Zeitgleich hasten die Soldaten der linken Halbgruppe durch den Wald in Richtung Feind. Auf halber Strecke gehen sie in Stellung, eröffnen nun selbst das Feuer auf die feindlichen Stellungen. „Nachziehen! Ihr nehmt die feindliche Stellung!“, kommt jetzt von Marc der Befehl, der mittlerweile auch dem Zugführer den Feindkontakt gemeldet hat. „Stellung genommen, zwei feindliche Schützen ausgefallen!“
Ein Trupp aus niederländischen und deutschen Reservisten versucht, unter Einsatz einer Handgranate in ein Gebäude einzudringen
Bundeswehr/Carl SchulzeDie Reservisten haben den Piloten in Ruessendorf gefunden. Nach einer Erstversorgung durch einen Sanitätstrupp wird dieser aus der Gefahrenzone geschafft.
Bundeswehr/Carl SchulzeNeun Uhr. Die 2. Kompanie des Unterstützungsbataillons Einsatz 1 hat das Waldstück im Bäuerlingsgrund freigekämpft und sich zeitlich begrenzt zur Sicherung eingerichtet. Valentin, Hauptmann der Reserve und Zugführer, erhält nun einen neuen Auftrag: „Im Raum Ruessendorf, in dem ebenfalls feindliche Aufklärungskräfte operieren, ist ein Hubschrauber abgestürzt. Sie müssen die Ortschaft nehmen, Verbindung zum versprengten Hubschrauberpiloten herstellen und ihn evakuieren. Mit gepanzerten Gefechtsfahrzeugen verlegen Sie dorthin, ein eigener Spähtrupp nimmt Sie auf.“
Mit Schützenpanzern Marder und Allschutz-Transportfahrzeugen Dingo haben die Soldaten den Ortsrand von Ruessendorf erreicht, schnell gehen die niederländischen und deutschen Reservisten in Stellung. Ein Spähtrupp, der schon seit dem Hubschrauberabsturz vor Ort ist, meldet: „Feind in Gruppenstärke im Ort, gesuchte Person hat vermutlich Versteck bezogen.“
Der Zugführer erklärt die Taktik: „Die 3. Gruppe ist Deckungsgruppe, die 1. Gruppe nimmt das Gebäude und der eigene Spähtrupp überwacht uns.“ Dann kommt energisch über Funk: „Hammer, Hammer, Hammer!“ Der Angriff beginnt. Während die eine Gruppe mit unermüdlichen Feuersalven den Gegner niederhält, stürmen andere in Richtung Gebäude. „Wir müssen den Einbruch in das Gebäude schaffen, weil wir dort den versprengten Piloten vermuten“, erklärt der Zugführer. Der Einbruch gelingt, im Gebäude fallen Schüsse. „Tür links, großer Raum, ein Feind bekämpft!“, schallt es nach draußen. Der Zugführer meldet: „Pilot gefunden! Benötigen Sanitätstrupp an markiertem Haus.“ Jetzt beginnt die Evakuierung des Piloten.
Nach über fünf Stunden kommt der Befehl: Übungsende. Das fordernde Schießvorhaben, das sich über zwei Schießbahnen erstreckte, ist für die niederländischen und deutschen Reservisten geschafft. Der stellvertretende Kommandeur des Unterstützungsbataillons Einsatz 1 übt konstruktive Kritik und lobt das Vorgehen seiner Soldaten. Sein Fazit: „Auftrag erfüllt!“
Am Ende der einwöchigen Ausbildung haben die deutschen und niederländischen Reservistendienstleistenden neben ihrem Auftrag als Rear Area Task Force weitere intensive Trainingseinheiten wie den Orts- und Häuserkampf, Waldkampf und Einsatz als Spähtrupp absolviert. Der niederländische Reservist Willem resümiert: „Ich habe unheimlich viel gelernt und das Training hat mich richtig gefordert.“ Im Zivilleben arbeitet er als Sales Manager: „Die Tage haben uns mit den deutschen Kameraden zusammengeschweißt und wir waren schnell integriert, trotz Sprachbarriere. Unser Hauptauftrag in den Niederlanden ist der Schutz kritischer Infrastruktur. Im Fall von Terrorwarnungen können wir auch zur Unterstützung der Polizei eingesetzt werden. Das, was wir hier mit den deutschen Kameraden zusammen geübt haben, machen wir sonst extrem selten. Und das Niveau der Ausbildung war sehr hoch.“
Der deutsche Soldat Jens sagt: „Ich bin 25 Jahre raus gewesen, und der Aufenthalt in Hammelburg ist mein Wiedereinstig als Reservist.“ Der Hauptfeldwebel und ehemalige Panzergrenadier arbeitet bei einem zivilen Sicherheitsdienst: „Gefechtsschießen auf Zug-Ebene habe ich in meiner aktiven Dienstzeit selten erlebt, deshalb bin ich begeistert von der Ausbildung hier.“