Luftwaffe

“Neue Normalität“ am TAWZ

“Neue Normalität“ am TAWZ

Datum:
Ort:
El Paso
Lesedauer:
7 MIN

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Die „Neue Normalität“ und ein Hygienekonzept sorgt auch bei den deutschen Soldaten in den USA für veränderte Bedingungen bei der Ausbildung.

Soldaten stehen vor Containern

Proof to the plan!“ – Das TAWZ hat die Ausbildung den aktuellen Corona-Bedingungen angepasst. Der erste Lehrgang seit der Ausbildungsunterbrechung ist in El Paso eingetroffen. Nach einer 14-tägigen Absonderung startet die Ausbildung unter deutlich …

Bundeswehr/Peter Breuer

143 Tage lang wurde die Ausbildung am Taktischen Aus- und Weiterbildungszentrum für Flugabwehrraketen der Luftwaffe USA (TAWZ) in El Paso aufgrund der Coronakrise unterbrochen. Diese Zeit wurde am TAWZ genutzt, um das Konzept der Ausbildung an die aktuellen Gegebenheiten anzupassen. Ein strenges Hygienekonzept zum Schutz aller Angehörigen des TAWZ und der Lehrgangsteilnehmer wurde zur Gewährleistung einer sicheren Ausbildung an den Standorten in Fort Bliss und Fort Sill. Neue taktische Verfahren wurden in die Ausbildung integriert und inhaltlich bereits auf die kommenden Hard- und Softwareanpassungen am Waffensystem angepasst. Vor wenigen Tagen landeten die ersten Lehrgangsteilnehmer*innen wieder in der texanischen Wüste in El Paso.

Vorgeschriebene Quarantäne

Doch bevor die Ausbildung beginnen konnte, mussten sich die Soldaten aus Deutschland kurz nach der Einreise in die USA in die von den USUnited States-Behörden angeordnete 14-tägige Absonderung begeben. So soll verhindert werden, dass das Coronavirus aus Deutschland oder auf dem Weg in die USA und somit auch in das TAWZ eingeschleppt wird. Zwei Wochen werden die Lehrgangsteilnehmer weitestgehend von der Außenwelt abgeschottet sein. Das Frühstück wird vom Hotel zubereitet und vor den Zimmern abgestellt. Die Zimmer sind mit einer kleinen Küche und dem nötigsten Geschirr ausgestattet – deshalb bereiteten sich die Soldaten ihre weiteren Mahlzeiten selbst zu. Dank der Online-Liefermöglichkeiten der ansässigen großen Lebensmittelgeschäfte, kann eine kontaktfreie Versorgung sichergestellt werden. Frei bewegen dürfen sich die Soldaten in der Hotelanlage nicht. Ein paar Minuten vor die Zimmertür zum „frische Luft schnappen“ sind erlaubt. Kontakt gibt es via E-Mail, WhatsApp, Skype etc. mit der Familie in Deutschland und den Angehörigen des TAWZ. Im Vergleich zu den großen Quarantäneunterkünften der USUnited States-Army für ihre Soldatinnen und Soldaten in der Wüste im McGregor Base Camp, sind die zukünftigen TAWZ-Lehrgangsteilnehmer vergleichsweise komfortabel in ihrer Absonderung untergebracht. Sogar Ausgang gibt es: Für ein paar Minuten dürfen die „Gäste“ vor die Zimmertür zum „frische Luft schnappen.

Ein stehender Soldat spricht mit mehreren sitzenden Soldaten

Der Kommandeur des TAWZ, Oberstleutnant Ingo Scharschmidt, begrüßt die Lehrgangsteilnehmer. Die 14-tägige Absonderung verbringen sie im Hotel

Bundeswehr/Peter Breuer

COVID-19Coronavirus Disease 2019 in El Paso und Fort Bliss

Die Zeit bis zur Wiederaufnahme am Taktischen Aus- und Weiterbildungszentrum für Flugabwehrraketen der Luftwaffe USA war, wie überall, geprägt von Nervosität, Anspannung und Ungewissheit. Im Januar 2020 wurden nahezu zeitgleich die ersten Infektionen mit dem Coronavirus in Deutschland und den USA vermeldet. Es sollte noch etwa zwei Monate dauern, genau bis zum 13. März 2020, bis die Gesundheitsbehörden in El Paso den ersten „Corona-Fall“ bekanntgaben. Am gleichen Tag erklärte der USUnited States-Präsident Donald Trump den nationalen Notstand, der Gouverneur von Texas den Katastrophenfall für Texas und der Bürgermeister den Katastrophenfall für El Paso. Zwei Tage nachdem die Weltgesundheitsorganisation (WHOWorld Health Organization) eine Pandemie ausgerufen hatte. Elf Tage später, am 24. März 2020, erließen die Stadt El Paso und der Landkreis El Paso die sogenannte „Stay Home, Work Safe Order“, die weitreichende Einschränkungen für die Einwohner El Paso verordnete. Vergleichbar mit einem „Lockdown“, wurden nahezu alle Geschäfte geschlossen, die öffentliche Verwaltung kam zum Stillstand, Bars und Restaurants wurden geschlossen und die Einwohner wurden angehalten, nur für die notwendigsten Besorgungen das Haus zu verlassen.

Betreten der Basis nur für einsatzwichtiges Personal

Einen Tag nachdem die „Stay Home, Work Safe Order“ der Stadt El Paso in Kraft trat, entschied auch die militärische Führung von Fort Bliss, Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus zu ergreifen. Zum Schutz der Soldaten und der Zivilangestellten der USUnited States-Army und zur Sicherstellung der Einsatzfähigkeit wurde festgelegt, dass nur noch das sogenannte „Mission Essential Personnel“ (einsatzwichtiges Personal) Zutritt zu Fort Bliss erhielt. Ein Großteil der Zufahrten wurde gesperrt. Der Besucherverkehr wurde eingestellt. Es wurden besondere Ausweise ausgegeben, um sicherzustellen, dass wirklich nur einsatzwichtiges Personal die Kleinstadt Fort Bliss in der Stadt El Paso (über 35.000 stationierte Militärangehörige) betreten.

Ein Soldat kontrolliert Autos

Die Nationalgarde in Texas unter-stützt bei der Einrichtung von Test-stationen in El Paso

Bundeswehr/Peter Breuer

Lageverschärfung – Ausgangssperre

Am 8. April 2020 trat die „Fort Bliss Stay Home, Work Safe Order”, mit der die Maßnahmen in Fort Bliss weiter verschärft wurden. Es wurde eine Ausgangssperre von 22 Uhr bis 5:30 Uhr verhängt. Sportstätten und Spielplätze wurden geschlossen. Gruppenaktivitäten wurden untersagt. Der Coronavirus hat nun endgültig El Paso, Fort Bliss und das TAWZ erreicht.

Erste Maßnahmen des TAWZ

Das TAWZ hat sehr frühzeitig auf die Entwicklung der Ausbreitung des Coronavirus in El Paso reagiert. Anfang März wurden bis auf weiteres alle Veranstaltungen des TAWZ abgesagt. In einem Tagesbefehl vom 20. März 2020 erläuterte der Kommandeur des TAWZ, Oberstleutnant Ingo Scharschmidt, wie er die Einsatzbereitschaft des TAWZ sicherstellen will, aber auch vorrangig das Personal bestmöglich schützen möchte. Die laufende Ausbildung am TAWZ wurde gestrafft und Lage bezogen gekürzt. Priorität dabei hatten die Laufbahn-relevanten Lehrgänge. Scharschmidt ordnete an, dass die Vor-Ort-Präsenz des Personals auf das dienstlich erforderliche Minimum reduziert wird. Wenn möglich sollten die Angehörigen des TAWZ ihren Dienst in Blöcken und/oder schichtweise durchführen. Wo möglich wurden Telearbeitsplätze eingerichtet. Durch den Coronavirus besonders gefährdetes Personal wurde identifiziert und sofort vom Dienst freigestellt. Bis zum 10. April wurden alle Lehrgänge - trotz der besonderen Situation - erfolgreich abgeschlossen und die Lehrgangsteilnehmer konnten gemeinsam mit ihren Angehörigen gesund nach Deutschland zurückkehren.

Computer, Tische und Stühle in einem Raum

Die Vorbereitungen sind abgeschlossen. Plexiglaswände werden die Lehrgangsteilnehmer trennen

Bundeswehr/Peter Breuer

Hygienekonzept bedeutet Schutz

Die Angehörigen des TAWZ haben sich in sehr kurzer Zeit flexibel auf die neue Lage eingestellt. Insbesondere die Ausbilder des Bereiches der Ausbildungsdurchführung haben mit einem deutlichen Mehraufwand alle Ausbildungsgänge erfolgreich durchgeführt und dadurch Enormes geleistet. In wenigen Tagen, fast schon Stunden wurden Unterrichtsstunden neugestaltet, praktische Ausbildungen wurden neu geplant. Doch viel Zeit zum Verschnaufen blieb nicht, denn die Ausbildung des TAWZ in Fort Bliss sollte nur ruhen und nicht eingestellt werden. Dies bedeutete, dass ein Hygienekonzept entwickelt werden musste, dass einerseits den größtmöglichen Schutz aller Beteiligten sicherstellt, aber auch gewährleistet, dass die geforderten Ausbildungsinhalte vermittelt werden können. Aber auch die Anpassungen der Ausbildungen mit Blick auf die zukünftig zu nutzende neue Waffensystemsoftware und die anstehenden Umrüstmaßnahmen wurde forciert. Die verschiedenen Bereiche des TAWZ nutzten die Lehrgangsunterbrechung um entweder im Home-Office oder in einer Minimalpräsenz im Dienst die verschiedenen theoretischen und praktischen Ausbildungsabschnitte anzupassen und zu aktualisieren. Im Fokus stand dabei stets die ausgegebene Parole des Kommandeurs TAWZ: Wenn es die allgemeine Lage erlaubt soll die Ausbildung am TAWZ ab August 2020 in einem RESTART wiederbeginnen können.

Im Juni wurde das Hygienekonzept fertiggestellt und anschließend geprüft und „durchgespielt“, um Schwachstellen zu erkennen und diese zeitnah zu beseitigen. Mit dem Hygienekonzept wurden bestimmte Ablaufverfahren, Hygienemaßnahmen und Verhaltensregeln für die Angehörigen des TAWZ und den zukünftigen Lehrgangsteilnehmer eingeführt, um das Risiko einer Ansteckung und Verbreitung des COVID-19Coronavirus Disease 2019 Virus innerhalb des TAWZ auf ein absolutes Minimum zu reduzieren.

Leben in der Lage - und Ausbilden in der neuen Normalität

Die einzelnen Maßnahmen des Hygienekonzeptes des TAWZ gehen weit über die allgemeinen Maßnahmen wie Abstand halten, Hände waschen, Mund-Nasen-Schutz hinaus. Eine der wichtigsten Maßnahmen ist die Trennung der verschiedenen Bereiche des TAWZ. Die persönlichen Kontakte zwischen den Angehörigen des TAWZ werden auf das nötigste reduziert. Fremdpersonal darf die einzelnen Bereiche des TAWZ nur nach Anmeldung betreten. Sport wird auf die Sportarten reduziert, bei denen der Abstand von 1,5 Meter gewährleistet ist.

Ein Soldat sitz vor einem Computer, die anderen Plätze sind leer

Zusätzlich zu den Trennwänden werden, wo möglich Räume zwischen den Soldaten gelassen, um so einen noch größeren Schutz zu gewährleisten

Bundeswehr/Peter Breuer

Vermeidung persönlicher Kontakte außerhalb der Gruppe

Die einzelnen Lehrgänge werden als geschlossene Gruppe betrachtet (Kohorte) und als solche behandelt. Persönliche Kontakte zu anderen Lehrgängen werden vermieden. Dies beginnt schon direkt nach Ankunft, denn auch während der Absonderung dürfen Lehrgangsteilnehmer*innen nur innerhalb ihres Lehrgangs Kontakte pflegen. Zu den anderen Lehrgängen ist der Kontakt nicht gestattet. Dieses Prinzip wird auch während der Ausbildung fortgesetzt. Jedem Lehrgang sind feste Unterrichtsräume und Pausenräume zugewiesen. Die Laufwege zu den einzelnen Bereichen sind ebenfalls festgelegt. Alle Räume werden regelmäßig desinfiziert. Eine besondere Herausforderung war die Ausgestaltung der Simulationsanlagen, wo die Arbeitsplätze nicht auseinandergezogen werden können, da die Bedienerplätze fest eingebaut sind. Hier wurden Plexiglasscheiben als Schutzwände zwischen den einzelnen Bedienerplätzen installiert, um so den größtmöglichen Schutz für Ausbilder und Lehrgangsteilnehmer zu gewährleisten.

Überprüfung und Weiterentwicklung Hygienekonzept

Nach Ankunft, Absonderung und Inprocessing der ersten Lehrgänge werden die erarbeiteten Schutzkonzepte in der Praxis der Ausbildung getestet werden und dabei ständig überprüft. Anpassungen werden – wenn nötig – vorgenommen. Dafür arbeiten alle Beteiligten – Stammpersonal und Lehrgangsteilnehmer – sinnbildlich so, wie es Corona eigentlich nicht mehr zulässt … eng zusammen und Hand in Hand!

von Christian Rack & Peter Breuer

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