Herr Oberstleutnant, worum geht es bei diesem Austauschprogramm mit Australien genau?
Das Programm ist ein wichtiger Baustein in unserer Pilotenausbildung, denn es schafft weitere Ausbildungskapazitäten. Ziel ist es, vor allem erfahrene Waffensystemoffiziere zu Jetpiloten auszubilden. Wir beginnen mit vier Lehrgangsteilnehmern, die bereits viele Flugstunden auf dem Tornado im „hinteren Cockpit“ absolviert haben und nun den Schritt nach vorne ins Piloten-Cockpit machen. Meine Aufgabe ist es, sie als deutscher Fluglehrer und Kontingentführer auf diesem Weg zu begleiten. Australien hat dieser Ausbildung zugestimmt mit der Bitte, einen erfahrenen Piloten vorab zu entsenden, der die Ausbildung von australischen und deutschen Flugschülern unterstützt.
Was werden Sie und die Waffensystemoffiziere da lernen?
Für mich beginnt das Programm noch im Juli mit einer mehrmonatigen, intensiven Umschulung auf das Trainingsflugzeug Pilatus PC-21 und dem Erwerb der australischen Fluglehrberechtigung. Die vier Lehrgangsteilnehmer kommen gegen Ende des Jahres dazu und beginnen ihre Ausbildung im Januar 2026. Obwohl sie bereits erfahrene Flieger sind, durchlaufen sie hier ein sehr anspruchsvolles, etwa 15-monatiges Programm. Nach einer umfangreichen Grundausbildung und einem Simulatortraining lernen die Flugschüler auf der PC-21 unter anderem Sicht- und Instrumentenflug, Navigations- und Formationsflug.
Wo findet die Ausbildung statt?
Meine Heimatbasis wird die RAAF Base Pearce in Bullsbrook sein. Das liegt etwa 35 Kilometer nordöstlich von Perth, in Westaustralien.
Wie sind sie auf der Base aufgenommen worden?
Von Australien hatte ich bisher nur Positives gehört und das kann ich bis jetzt nur bestätigen. Ich wurde sehr warmherzig empfangen, toll unterstützt und sofort in die Gemeinschaft der 2. Flying Training Squadron eingegliedert. Ich hatte sofort das Gefühl dazuzugehören. Besser kann ein Start nicht sein.
Welchen Mehrwert hat dieses Austauschprogramm für Sie persönlich und welchen für die Luftwaffen beider Länder?
Der größte Mehrwert für mich ist, dass ich auch nach 24 Jahren Fliegerei ohne nennenswerte Unterbrechung weiterhin das machen darf was ich liebe: Fliegen und jungen Kameraden das Fliegen beibringen. Auch die Umschulung auf ein neues Flugzeugmuster sowie die Unterschiede in der australischen Ausbildung und Fliegerei bereichern meine Kenntnisse und Erfahrungen. Für unsere beiden Luftwaffen ist der Mehrwert strategisch. Wir stärken durch diese enge Zusammenarbeit unsere Verbindung. Wenn unsere Offiziere gemeinsam trainieren, fördert das die Interoperabilität. Wir lernen voneinander und verbessern so beide unsere Ausbildungsprozesse.
Gibt es ähnliche Kooperationen mit anderen Nationen?
Ja, die Ausbildung unserer Piloten ist seit vielen Jahren international ausgerichtet. In der Eurofighter-Ausbildung gibt es ähnliche Kooperationen mit Spanien und Großbritannien. Auch in der Schweiz und Griechenland werden seit Kurzem deutsche Flugschüler ausgebildet, allerdings ohne einen „Austausch-Fluglehrer“. Diese Kooperation mit Australien im Indo-Pazifik ist nun ein weiterer, sehr wichtiger Baustein in diesem Netzwerk.
Ist der Austausch mit Australien zeitlich befristet?
Zunächst einmal wollen wir dieses erste, anspruchsvolle Programm zu einem vollen Erfolg machen. Wir müssen beweisen, dass das Modell funktioniert und für beide Seiten vorteilhaft ist. Wir hoffen natürlich, dass sich diese Kooperation bewährt und eine Grundlage für künftige Gespräche über eine mögliche Fortsetzung schafft. Aber der Fokus liegt ganz klar auf dem Erfolg des aktuellen Vorhabens.
Werden umgekehrt auch australische Piloten nach Deutschland kommen?
Der Austausch von Personal ist natürlich keine Einbahnstraße, ganz im Gegenteil. Es gibt schon lange Programme für den Austausch von Fluglehrern oder Stabsoffizieren und ein australischer Pilot wäre in Deutschland immer herzlich willkommen. Aber ein identisches Ausbildungsprogramm im Bereich der fliegerischen Grundausbildung für australische Flugschüler in Deutschland ist nicht möglich. Das liegt an den unterschiedlichen Strukturen unserer Ausbildungssysteme. In Deutschland führen wir die abschließende, waffensystem-spezifische Ausbildung, zum Beispiel auf dem Eurofighter, durch. Die vorherige Grund- und Fortgeschrittenenausbildung machen unsere Pilotenschüler bei internationalen Partnern. Ein australischer Pilot könnte aber durchaus nach Deutschland kommen, um zum Beispiel Eurofighter zu fliegen.
Wie lange werden Sie in Down Under bleiben?
Nach Ende meiner Umschulung bleibe ich noch drei Jahre als Fluglehrer hier in Pearce, also bis etwa Anfang 2029. Das gibt uns die nötige Zeit, den ersten Lehrgang komplett zu begleiten und eine solide, professionelle Beziehung zu unseren australischen Partnern aufzubauen.
Herr Oberstleutnant, vielen Dank für das Gespräch.