Luftwaffe

Frauen in Sigonella

Frauen in Sigonella

Datum:
Ort:
Italien
Lesedauer:
8 MIN

Am 8. März 2021 wird der Weltfrauentag gefeiert. Ein Tag, an dem auf Gleichberechtigung und Frauenrechte aufmerksam gemacht werden soll. Der deutsche Anteil der NATO AGSAlliance Ground Surveillance Force in Sigonella stellt zu diesem besonderen Tag einige Frauen vor, die in Sizilien als Soldatin, Zivilangestellte, Soldatenfrau und/oder Mutter ihren Dienst leisten und den Alltag bewältigen.

Eine Soldatin und ein Soldaten stehen vor einer riesigen, grauen Drohne in Sigonella.

Bei Allen beliebt: Ein foto mit dem "Phoenix"

Bundeswehr/Oswald Fahrner

Personalfeldwebel Jessica Strehlke

Ich bin Jessica Strehlke, 36 Jahre alt, Berufssoldatin im Dienstgrad Hauptfeldwebel und seit 2009 bei der Bundeswehr. Den Weg zur Bundeswehr fand ich durch Inspiration meines Bruders, der damals als Zeitsoldat bei der Marine war. Als Feldwebel bin ich nunmehr seit zwölf Jahren in verschiedenen Verwendungen im Bereich des Personalmanagements eingesetzt. Zuletzt hatte ich die Gelegenheit mich als Personalführerin im Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr in Köln zu beweisen. Dabei war ich mit meiner Kameradin für die Personalentwicklung und -bearbeitung von etwa 1.500 Offizieranwärterinnen und - anwärtern zuständig.

Seit Oktober 2020 bin ich als Personalfeldwebel im deutschen Anteil der NATO Air Ground Surveillance (AGSAlliance Ground Surveillance) Force in Sigonella, Italien eingesetzt. Das Angebot, in einer integrierten Verwendung verwendet zu werden, bekam ich durch die Personalführung relativ kurzfristig. Doch die Möglichkeit, mich im internationalen Umfeld beweisen zu dürfen, konnte ich nicht ausschließen, auch wenn ich wusste, dass es bedeuten würde, mich aus meiner ‚Komfortzone‘ im bewährten Umfeld zu begeben.

Das Leben in einer multinationalen Dienststelle am südlichsten Zipfel Italiens ist gänzlich anders als das Leben, das ich aus meinem bisherigen Berufsalltag in Deutschland kenne. Und auch wenn ich zu Beginn einige Zeit benötigte, um mich an Land, Leute und auch das vielschichtige Arbeitsumfeld zu gewöhnen, so genieße ich mittlerweile insbesondere den unkomplizierten dienstlichen Umgang mit nationalen und internationalen Kameradinnen und Kameraden. Das herrliche, sizilianische Wetter und das vorzügliche mediterrane Essen ebenso. Nur an die Art und Weise wie die Menschen hier Auto fahren, werde ich mich wohl niemals ganz gewöhnen können – hier gilt das Motto ‚expect the unexpected‘.

Aufgrund von Herausforderungen in meinem persönlichen Umfeld wurde ich vor Kurzem gezwungen, zurück nach Deutschland zu fliegen. Insbesondere die Corona-Pandemie mit notwendigen Quarantäne-Maßnahmen macht dabei aus einer eigentlich kurzen Reise einen längeren Aufenthalt. Mit den heutigen, modernen Möglichkeiten der Digitalisierung ist es mir jedoch ebenso möglich, die große Masse meiner Aufgaben ortsungebunden von Deutschland aus fortzuführen, sodass mich nach meiner Rückkehr kein allzu großer Berg Arbeit erwarten wird. 

Jessica Strehlke steht an einem Tisch und arbeitet an einem Laptop.

Selbst in der Quarantäne wird gearbeitet. Corona hat im vergangenen Jahr auch keinen Halt vor Insel Sizilien gemacht.

Bundeswehr/Jessica Strehlke

Feldjägerin Silke Klare

Ich bin Anfang 2019 zur NATO AGSAlliance Ground Surveillance Force Sigonella versetzt worden und als eine der wenigen Heeresuniformträgerinnen und einziger weiblicher Feldjäger schon eine kleine Rarität hier in der Einheit. Als Angehörige der multinational aufgestellten Security Forces bin ich im Schwerpunkt für die Einhaltung der Zugangsberechtigungen und der Flight Security verantwortlich. 2020 wurde ich zur Gleichstellungsvertrauensfrau der NSE bestellt und unterstütze alle deutschen Soldatinnen und Soldaten in diesem Aufgabenbereich, wenn erforderlich. Die NATO AGSAlliance Ground Surveillance Forces ist schon besonders und einmalig, denn diese Einheit befindet sich auf Sizilien. An welchem Dienstort in Europa kann man das Meer, einen aktiven Vulkan, fantastisches Essen und interessante Leute auf einer Insel treffen?!

HFw_Klare_MG_0099

Hauptfeldwebel Klare ist als Teil der Security Force für die Bewachung der fünf Drohnen in Sigonella zuständig

Bundeswehr/Oswald Fahrner

Allerdings wurde auch Sizilien nicht von der Corona-Pandemie verschont, sodass immer mal wieder ein sehr harter Lockdown für mehrere Tage oder Wochen verhängt wurde. Die Zeit war für mich nicht ganz so leicht, da man nur für Arztbesuche, zum Einkaufen von Lebensmitteln oder zum Arbeiten die Wohnung verlassen durfte. Da ich ohne Familie hier bin, war ich doch schon sehr einsam während dieser Zeit. Nun geht es langsam wieder voran und ich hoffe sehr, dass das Reisen bald wieder einfacher wird, da es hier auf der Insel und in ganz Italien noch viel zu entdecken gibt und das am liebsten gemeinsam mit Freunden, Familie oder Kameradinnen und Kameraden.

Hauptfeldwebel Klare macht eine Personenkontrolle bei einem Soldaten.

Bevor es in den Sicherheitsbereich geht, wird jeder kontrolliert

NATO/Dion Houston

Fliegerarzthelferin Maria Stillittano 

Die gelernte Kinderkrankenschwester ist seit drei Jahren die gute Seele bei der Fliegerarztgruppe im Nationalen Unterstützungselement der NATO AGSAlliance Ground Surveillance Force Sigonella. Nach ihrer Ausbildung arbeitete die Italienerin für drei Jahre in Deutschland und konnte nicht nur ihre Berufserfahrung, sondern auch ihre Deutschkenntnisse optimieren. Da der Fliegerarzt auch die truppenärztliche Versorgung der Soldatinnen und Soldaten und deren Angehörigen  wahrnimmt, ist Maria auch eine große Hilfe, wenn die Deutschen beispielsweise einen italienischen Facharzt aufsuchen müssen oder wenn es um die Übersetzung von medizinischen Fachbegriffen geht.

Eine Frau und ein Soldat verwalten gemeinsam die Medikamente im Bereich des Fliegerarztes.

Zusammen mit dem Flugmedizinschen Assistenten werden die Medikamente verwaltet

NATO/Pressestelle Sigonella

Soldatenfrau Stefanie Ebel

Sich auf eine integrierte Verwendung einzulassen bedarf einiger Vorbereitung. Die Entscheidung allein, für ein paar Jahre ins Ausland zu ziehen, reichte da nicht aus. Ein gründliches Abwägen gab uns die Sicherheit, das Richtige zu tun. Viele Fragen, die dann plötzlich im Raum standen, konnten wir durch Informationen der Bundeswehr abklären. Andere wiederum durch Kontakte zu anderen Soldatenfamilien, die darin schon Erfahrung sammeln konnten. Aber einige lassen sich nur klären, wenn man den Schritt geht.

Und so sind wir im Sommer 2018, mit 3 von 4 Kindern, nach Sizilien gezogen. Unsere älteste Tochter steckte zu dieser Zeit schon in ihrer Ausbildung und in den Anfängen sich ihren eigenen Hausstand aufzubauen. Ein Moment, der beiden Seiten nicht leicht fiel, den man aber auch ohne integrierte Verwendung irgendwann hat.
In einem fremden Land anzukommen, ist erstmal verwirrend. Und damit meine ich die Zeit nach dem Urlaubs-Feeling.

Die Familie Ebel mit ihren drei Kindern steht vor der Schule, die in der Liegenschaft untergebracht ist.

Familie Ebel traute sich den Schritt und ist gemeinsam nach Sizilien gezogen. In der amerikanischen Liegenschaft ist auch die Schule untergebracht.

Bundeswehr/Oswald Fahrner

Als Frau des Soldaten eröffnen sich plötzlich neue Herausforderungen, auf die man sich nur einlassen muss. Klingt ganz einfach, dachte ich, aber tatsächlich bedarf es durchaus auch etwas Mut. Und somit fing ich zögerlich an, meine offenen, noch ungeklärten Fragen anzugehen. Mein erster Schritt war das Autofahren, vor dem ich hier gehörigen Respekt hatte. Aber mittlerweile fahre ich hier sehr gerne Auto. Dazu kamen, Schritt für Schritt, viele neue Gesichter mit den unterschiedlichsten Charakteren, Sprachen und Sitten. Eine wundervolle Vielfalt. Alleine unter uns Deutschen ist das anzutreffen und tatsächlich war mir vorher nicht bewusst, wie verschieden es auch zwischen den Bundesländern sein kann. Wie behütet ich doch in unserem Niedersachsen gelebt habe. Diese Erkenntnis und Erfahrung möchte ich nicht mehr missen und schätze diesen positiven Aspekt. Dadurch weiß ich auch, welche Leistung unsere Kinder gebracht haben, die wir ja doch irgendwie ins kalte Wasser geworfen haben. Denn so wirklich erklären, was denn genau Neues auf sie zukommt, kann man nicht.

Und das fand ich im ersten Jahr die wichtigste Aufgabe, die es zu meistern galt. Wie schaffe ich es, meine Familie zusammenzuhalten damit es leichter wird? Dadurch, dass wir unsere Kinder hier auf eine gemeinsame Schule schicken konnten, die uns in der Integrierung sehr gut unterstützt hat, klappte es noch besser als gedacht. Und die Kinder selbst, haben sich trotz anfänglicher Schwierigkeiten, mit der Veränderung hervorragend arrangiert.

Unsere Kleinste, die zu diesem Zeitpunkt fünf Jahre alt war und als einziges deutsches Kind in einen amerikanischen Kindergarten kam. Die Mittlere, mit ihren sechs Jahren, die zum ersten Mal die Schule besuchen durfte, da wir sie hier haben einschulen lassen. Und unser großer Sohn, der eigentlich die Schule in Deutschland schon beendet hatte, aber zu jung war, um schon zurückzubleiben und hier die Möglichkeit bekam, seinen Schulabschluss noch zu verbessern, auf einer amerikanischen High-School. Und für alle drei mit gar keinen Englisch-Kenntnissen oder nur schulischen. Das lief so gut, dass sie mittlerweile zweisprachig aufwachsen und mich korrigieren, wenn ich mein Schul-Englisch raushole. Auch unser Ältester weiß diese Erfahrung zu schätzen und ist Neuem gegenüber wesentlich offener als vorher.

Mein Fazit für das Auswandern „Light“: Es mag nicht für jeden das Richtige sein. Für uns wurde es und ist es mehr Zusammenhalt mit mehr Offenheit für andere Länder und Kulturen und die Erkenntnis, dass man andere Lebensweisen mehr zu schätzen lernt.

Staff Administration Susanne Banaschko

Seit knapp sechs Monaten bin ich als 26-Jährige die jüngste Soldatin des deutschen Anteils auf Sizilien. Schon die Einreise mit dem Auto war ein Erlebnis, denn es waren rund 2.800 Kilometer aus Nordrhein-Westfalen bis zum Standort Sigonella alleine zu bewältigen. Ich habe nicht wirklich gewusst, was mich dort erwartet. Für mich ist es die erste internationale Verwendung und daher hatte ich keine Erfahrungen was die NATO betrifft. Quasi der berühmte Sprung ins kalte Wasser.

Stabsunteroffizier Banaschko reicht dem spanischen Oberst eine Unterschriftenmappe.

In der NATO ist englisch die Hauptsprache. Gerade im gemeinsamen Dienst mit internationalen Soldatinnen und Soldaten ist dies unerlässlich.

NATO/Falk Plankenhorn

Als Staff Assistant des Support Wing Commanders (spanischer Oberst) und seinem Adjutanten (norwegischer Hauptmann) war von Beginn an die englische Sprache gefordert. In meinem Tätigkeitsbereich innerhalb der Command Group war es am Anfang befremdlich, da hier die komplette Führung der NATO AGSAlliance Ground Surveillance Force sitzt. Ein amerikanischer General, drei Obristen und jede Menge Stabsoffiziere aus unterschiedlichen Nationen. Ich hatte jede Menge Respekt, da ich in Deutschland nie so viel Kontakt zu so hohen Dienstgraden hatte. Daher war ich umso positiver überrascht, wie kameradschaftlich und freundlich ich von meinen Vorgesetzten aufgenommen wurde. Ich fühle mich wertgeschätzt und bekomme Tag für Tag mehr verantwortungsvolle Aufgaben. Natürlich war das Jahr 2020 Corona bedingt nicht der beste Zeitpunkt für einen Neustart im Ausland. Jeder Einzelne ist willens auch in dieser schwierigen Zeit das Beste daraus zu machen.

Zivilangestellte Laura Lupo

Ich bin seit 2017 beim Nationalen Unterstützungselement der NATO AGSAlliance Ground Surveillance Force Sigonella als zivile Angestellte beschäftigt. Da ich die doppelte Staatsbürgerschaft habe (Schweiz und Italien) spreche ich fließend deutsch und italienisch, sowie auch andere Sprachen. Dies ist für meine Aufgaben im Geschäftszimmer sowie als Vorzimmer DDODienstältester Deutscher Offizier zwingend notwendig.

Eine Frau arbeitet in einem Vorzimmer und redet mit einem Soldaten. Sie sind getrennt durch eine Plexiglastrennscheibe.

Die Plexiglastrennscheibe ist als Coronaschutzmaßnahme im Geschäftszimmer angebracht. Dort leistet Laura Lupo täglich ihren Dienst.

Bundeswehr/Oswald Fahrner

Der kameradschaftliche Umgang und das faire Miteinander innerhalb der Truppe, die überwiegend aus männlichen Soldaten besteht, sorgen für ein harmonisches Arbeitsklima. Aufgrund der deutschen Sprache und der deutschen Mentalität fühle ich mich hier wie „zuhause“.

von Oswald Fahrner