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Bundeswehr und Gesellschaft

„Botschafterin der Marine“: Kristina Herbst im Interview

„Botschafterin der Marine“: Kristina Herbst im Interview

Datum:
Ort:
Kiel
Lesedauer:
5 MIN

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Regelmäßig veranstaltet der Inspekteur der Marine eine Veranstaltung zur Information für zivile Führungskräfte, um die Aufgaben und Fähigkeiten der Marine zu präsentieren. Schleswig-Holsteins Landtagspräsidentin Kristina Herbst war im August 2022 dabei. Welche Eindrücke sie in der Woche sammeln konnte, schildert sie im Interview.

Eine weibliche Soldatin lächelt in die Kamera

Oberleutnant zur See Kristina Herbst

Bundeswehr/Marcel Kröncke

Was ist eigentlich eine dienstliche Veranstaltung zur Information, kurz InfoDVag?

Kurz gesagt: Die InfoDVag ist ein einwöchiger Schnellkurs der Marine mit extrem viel Input für Interessierte und Multiplikatoren. Was ist die Marine? Was kann die Marine? Was sind aktuelle Herausforderungen und wo soll es hingehen? Ziel dieser Veranstaltung ist, dass wir Teilnehmende anschließend als Botschafterinnen und Botschafter nach außen agieren. Das ist eine Rolle, die ich für mich nach der Woche definitiv angenommen habe und die ich auch mit meinem Amt wunderbar verbinden kann.

Wie sind Sie auf diese Möglichkeit aufmerksam geworden, an einer solchen Informationsveranstaltung der Bundeswehr teilnehmen zu können?

Tatsächlich durch einen Bekannten. Er ist Reservist bei der Marine und hat mir wegen meines Interesses daran die InfoDVag empfohlen. Ich bin dann aktiv geworden und habe mich einfach beworben. Bewusst bei der Marine, weil Schleswig-Holstein mit den zwei Meeren, den Stützpunkten, der Marineschule Mürwik und der „Gorch Fock“ einen besonderen Bezug zu ihr hat. Außerdem wohne ich in Kiel. Die Marine ist das, was ich jeden Tag unmittelbar sehe und erlebe. Fliegerei ist immer spannend und auch Panzer interessieren sicher viele, aber ich persönlich glaube, besser bei der Marine aufgehoben zu sein.

Ihre erste Teilnahme sollte ursprünglich vor zwei Jahren stattfinden, wurde wegen der Pandemie aber verschoben. Mittlerweile sind Sie Landtagspräsidentin. Haben sich Ihre Erwartungen dadurch verändert?

Vorher stand für mich eher die zivil-militärische Zusammenarbeit im Fokus. Nun, als Präsidentin des Schleswig-Holsteinischen Landtages und damit als Patin der „Gorch Fock“, hat das für mich nochmal eine ganz andere Qualität bekommen. Hinzu kommt aber, dass in der Zwischenzeit natürlich außenpolitisch viel passiert ist. Vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse lag der neue Schwerpunkt ganz klar auf der Landes- und Bündnisverteidigung – und was unsere Männer und Frauen der Bundeswehr, speziell bei der Marine, dafür leisten müssen.

Was haben Sie sich durch die Teilnahme erhofft?

2020 war ich noch Innenstaatssekretärin und blickte wie gesagt eher auf zivil-militärische Zusammenarbeit. Auch, weil der Katastrophenschutz zu meiner Verantwortung gehörte. Darüber hinaus hatte ich schon viele Berührungspunkte mit der Marine. Ob als Ratsfrau in Kiel oder bei internationalen Treffen wie der Kieler Woche. Das war teilweise sehr imposant, aber nicht immer ganz greifbar. Ich habe mir schon lange gewünscht, die Welt der Marine kennen- und verstehen zu lernen und die Dinge besser nachvollziehen zu können. Aber so viele Ausbildungen, wie dafür nötig wären …

So eine kompakte Woche, in der alles wirklich toll aufbereitet ist, schien mir eine gute Gelegenheit, um wenigstens einen kleinen Einblick in diese Welt zu bekommen. Ich würde nicht behaupten, dass ich die Marine jetzt kenne, das wäre etwas vermessen. Aber ich glaube schon, dass ich nach der InfoDVag ein anderes, besseres Verständnis habe.

Die Bundeswehr wird keine Nine-to-Five-Arbeitgeberin werden“

Wie waren die Gespräche mit den anderen Teilnehmenden und den Soldatinnen und Soldaten?

Wir Teilnehmenden wurden für die Woche Oberleutnant zur See und von dem Moment an waren wir alle gleich. Für die Soldatinnen und Soldaten in der Woche gehörten wir einfach dazu und wurden sehr offen aufgenommen. Und auch unser beruflicher Hintergrund spielte keine Rolle. Politische Ansichten sind dadurch in den Diskussionen außen vor geblieben, stattdessen ging es in der Sache um die Marine.

Zum Beispiel um die Frage, wie sie sich als Arbeitgeberin weiterentwickeln muss und wie es um die Vereinbarkeit von Marine und Familie steht. Wie motiviert man junge Menschen, den Streitkräften beizutreten? Welche Rolle spielen Arbeitszeiten gemäß EUEuropäische Union-Richtlinien? Da hat niemand ein Blatt vor den Mund genommen, es wurde sehr offen diskutiert, auch von Seiten der Soldatinnen und Soldaten.

Spannend fand ich, dass es unterschiedliche Meinungen und Sichtweisen auch innerhalb der Marine gibt. Die Probleme und Herausforderungen sind bekannt, aber es fehlt die eine Lösung. Für manche Punkte wird es auch absehbar keine Lösung geben.

Beispielsweise kann die Bundeswehr keine Nine-to-Five-Arbeitgeberin werden. Entweder man hat das Verständnis, sich als Soldatin oder Soldat für sein oder ihr Land einzusetzen und dann durchaus auch zeitweise von Familie und Kindern getrennt zu sein, oder man hat es nicht. Teilweise kann Rücksicht auf so etwas genommen werden, so dass jemand nicht drei Einsätze hintereinander mitmachen muss. Aber die generelle Bereitschaft muss da sein. Da war die Diskussion mit Teilnehmenden sehr spannend, für die die Work-Life-Balance sehr wichtig war. Am Ende stand für alle fest: Soldat oder Soldatin sein ist kein Job, sondern eine Lebenseinstellung.

Was waren Ihre persönlichen Highlights?

Natürlich fand ich es super, meinen Geburtstag auf der Fregatte „Schleswig-Holstein“ zu beginnen. Plötzlich werde ich mit einer Torte überrascht und dann überreicht mir der Kommandant seinen Coin. Da war ich schon extrem stolz. Dann der ganze Tag auf dem Minenjagdboot „Bad Rappenau“, mit dem Vorbeiflug einer P-3C Orion – wir durften sogar in einem Speedboot mitfahren … das war natürlich die beste Geburtstagsüberraschung überhaupt! Aber neben diesen Highlights war die große Offenheit, die wir in der Woche in der Marine erlebt haben, beeindruckend und sehr wertschätzend.

Zu welcher Gelegenheit könnte Ihnen dieses neue, vertiefte Verständnis von der Marine helfen?

Ich werde Ende September beim Feierlichen Gelöbnis an der Marineschule Mürwik sprechen und kann den Soldatinnen und Soldaten dann sagen: Genau vor einem Monat stand ich hier auch und habe selber das Gelöbnis abgelegt. Ich glaube, das ist dann schon etwas Besonderes – für mich auf jeden Fall. Außerdem werde ich die Besatzung der „Gorch Fock“ in Kiel begrüßen, wenn sie von ihrer Auslands-Ausbildungsreise zurückkommt. Da hilft mir das neue Verständnis in der Tat. Unser Kontakt wird bestehen bleiben. Ich bin jedenfalls sehr gerne bereit dafür. Übrigens auch für noch mehr Anfragen zur Zusammenarbeit mit der Marine!

Interview: Sven Kusau | E-Mail schreiben

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