Bei der Übung Casualty Movement 2023 im estnischen Tartu trainieren Sanitätsdienste der NATONorth Atlantic Treaty Organization und EUEuropäische Union die sanitätsdienstliche Versorgung im Bündnisfall. Mehr als 200 Teilnehmende aus 18 Nationen und diversen NATONorth Atlantic Treaty Organization-Hauptquartieren erproben dabei Prozesse zur Patientensteuerung im Bündnisgebiet. Seit mehr als 20 Jahren wurde ein solches Szenario nicht mehr so detailliert geübt.
Kurzvorstellung der Übung Casualty Movement 2023 im estnischen Tartu
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Bundeswehr/Timo Nobis
Das Simulationszentrum der estnischen Militärakademie gleicht einem Ameisenhaufen – über Landkarten oder Monitore gebeugt, diskutieren Soldatinnen und Soldaten in unterschiedlichsten Uniformen. Gemeinsam entwickeln sie ein fortlaufendes Lagebild und Entscheidungsvorschläge. Das Ziel: Eine große Anzahl von Verwundeten aus dem Kampfgebiet in die jeweiligen Heimatländer transportieren. Allerdings bewegt sich bei der Übung kein einziges Fahrzeug, kleine Kärtchen auf Landkarten symbolisieren Rettungswagen, Blutkonserven oder Sauerstoff. “Wir können mit so einem Planspiel, international Wargaming genannt, Szenarien simulieren, die wir in echt nur sehr schwer darstellen können”, erklärt der Leiter des Planungsteams im Multinational Medical Coordination Centre/European Medical Command (MMCCMultinational Medical Coordination Centre/EMCEuropean Medical Command), Oberstleutnant Andreas G., die Idee der Übung. “Dabei erreichen wir mit dieser Art der Übung nahezu den gleichen praktischen Übungseffekt, als wenn wir wirklich Krankenwagen mit Personal fahren lassen würden und erreichen zugleich eine deutlich bessere Möglichkeit, Prozesse und Abläufe zu üben und zu überprüfen.”
Insgesamt vier Tage lang dauert das Planspiel, das die sanitätsdienstliche Versorgung bei der militärischen Verteidigung von NATONorth Atlantic Treaty Organization-Gebiet nach einem Angriff abbildet. Besonders den Transport einer großen Anzahl von Verwundeten über Land, Luft und See mit anderen militärischen Truppenbewegungen zu synchronisieren, ist eine hochkomplexe Aufgabe, die regelmäßig trainiert werden muss. Das Multinational Medical Coordination Centre/European Medical Command (MMCCMultinational Medical Coordination Centre/EMCEuropean Medical Command) aus Koblenz und die Estnische Militärakademie stellen mit der Übung Casualty Move 2023 die dafür notwendigen Rahmenbedingungen.
Realitätsnahe Planung
An der Übung, die in diesem Jahr zum dritten Mal stattfindet, nehmen Vertreterinnen und Vertreter unterschiedlichster militärischer Hierarchieebenen teil – von der Division bis zu strategischen Ebenen der NATONorth Atlantic Treaty Organization. Aus Deutschland sind zudem Soldatinnen und Soldaten unter anderem von der Logistikschule der Bundeswehr, dem Kommando Sanitätsdienst und dem Marinekommando vor Ort. Ein Jahr lang haben Oberstleutnant G. mit seinem Team und dem MMCCMultinational Medical Coordination Centre/EMCEuropean Medical Command die Übung vorbereitet. Keine leichte Aufgabe, wie der Stabsoffizier oft feststellen musste: “Der russische Angriffskrieg hat ein neues Problembewusstsein innerhalb der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Staaten geschaffen und viel in Bewegung gesetzt. Wir waren also gefordert, aktuelle Entwicklungen in unser Übungsdesign zu integrieren.” Gleichzeitig stieg das Interesse der einzelnen Nationen, mit Soldatinnen und Soldaten ihrer Sanitätsdienste an der Übung teilzunehmen.
Im Auftrag von SHAPESupreme Headquarters Allied Powers Europe, dem strategisch-operativen Hauptquartier der NATONorth Atlantic Treaty Organization, sollten mit der Übung zudem die Leitlinien für die Steuerung von Patienten im Rahmen der Bündnisverteidigung, die sogenannten Initial Patient Flow Management Guidelines, zum ersten Mal trainiert werden. Dabei galt es, die einzelnen Prozesse detailliert zu analysieren und zu synchronisieren. “Für uns hieß das, während der gesamten Planungszeit flexibel und ständig im Gespräch mit den Hauptquartieren der NATONorth Atlantic Treaty Organization zu bleiben, um Entwicklungen zu antizipieren und in die Übung einzubringen”, ergänzt der 56-jährige Stabsoffizier. Mit den Erfahrungen aus der Übung sollen die Leitlinien dann in den kommenden Monaten finalisiert werden.
von Claas Gaertner
Eindrücke von der Übung
Morgens und Abends setzt sich die Übungsleitung kurz zusammen, um auf Probleme bei der Übung oder Wünsche der Teilnehmenden schnell reagieren zu können
Bundeswehr/Claas Gaertner
Für die Teilnehmenden beginnt jeder Tag mit einer kurzen Besprechung innerhalb der Teams
Bundeswehr/Claas Gaertner
Parallel zu digitalen Listen führen die Teams eine analoge Lagekarte, um auch bei Computerausfällen weiterhin ein Lagebild zu haben
Bundeswehr/Claas Gaertner
Die einzelnen Übungslagen erfordern intensive Absprachen zwischen den Teilnehmenden
Bundeswehr/Claas Gaertner
Während der Übung Casualty Move 2023 wird die Patientensteuerung in einem NATONorth Atlantic Treaty Organization-Bündnisfall trainiert
Bundeswehr/Claas Gaertner
Der stellvertretende Inspekteur des Sanitätsdienstes, Generalstabsarzt Dr.Norbert Weller nutzte seinen Besuch in in Tartu für einen intensiven Austausch mit den Übungsteilnehmenden
Bundeswehr/Claas Gärtner
In der Übungsleitung ließen sich die Besucherinnen und Besucher den Ablauf der Übung Casualty Move 2023 erläutern
Bundeswehr/Claas Gärtner
Die Besucher erhielten neben der Übung auch Einblicke in die estnischen Sanitätseinrichtungen
Das Multinational Medical Coordination Centre/European Medical Command unterstützt die Koordination der Sanitätsdienste der NATONorth Atlantic Treaty Organization und der EUEuropäische Union