Technik

Innovation am Himmel – die Abnahme des neuen Airbus A321LR für die Luftwaffe

Innovation am Himmel – die Abnahme des neuen Airbus A321LR für die Luftwaffe

Datum:
Ort:
Hamburg
Lesedauer:
3 MIN

Wenn bei der Bundeswehr neuem Gerät die Erlaubnis erteilt werden soll, geht es vor allem um Sicherheit. Das gilt auch insbesondere für Fahrzeuge und Flugzeuge. Am Ende des Erprobungsprozesses vor der Übergabe an die Truppe steht die Abnahme. Der finale Abnahmeflug des neuen Airbus A321LR fand in Hamburg statt.

Zwei Piloten der Bundeswehr und ein Mann sitzen im Cockpit eines Airbus A321LR

Auch im Cockpit arbeiten Kommandant Oberstleutnant Achim H., der Testpilot der WTDWehrtechnische Dienststelle 61 und der Ingenieur von Lufthansa Technik auf dem rund fünfstündigen Abnahmeflug lange Checklisten ab

Bundeswehr/Moritz Dicks

Die Flugbereitschaft des Bundesministeriums der Verteidigung soll in diesem Jahr um zwei weitere Truppentransporter wachsen. Die beiden Airbus A321LR werden bei Lufthansa Technik in Hamburg für die militärischen Bedürfnisse umgebaut. Vor der Übergabe an die Bundeswehr steht ein wochenlanger Abnahmeprozess – schließlich soll das Flugzeug fehlerfrei sein. „Der A321LR ist in der Grundkonfiguration ein normales Verkehrsflugzeug“, erklärt der Technische Oberregierungsrat Christopher S. Der 29-jährige Ingenieur für Luft- und Raumfahrttechnik ist Projektmanager für die beiden A321LR beim Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBwBundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr) in Koblenz.

Vier Monate Umbau

Auf den ersten Blick unterscheidet sich das Flugzeug mit dem Kennzeichen „15+10“ im Inneren nicht von einem Linienflieger: Insgesamt gibt es 136 Sitze in drei verschiedenen Bereichen. „Die Sitzabstände sind bei uns vielleicht etwas angenehmer“, schmunzelt S. Der Airbus kann auch als fliegende Intensivstation – bei der Bundeswehr MEDEVAC genannt – eingesetzt werden. Dafür werden bis zu sechs Patiententransporteinheiten (PTEs) eingerüstet. Das sind spezielle Intensivbetten, in denen Schwerverletzte transportiert werden können. Die PTEs brauchen Stromanschlüsse und – noch wichtiger – Sauerstoff. „Das gibt es in einem normalen Flugzeug natürlich nicht“, erklärt S. Seit Anfang 2022 wurde die Maschine deshalb bei Lufthansa Technik aus- und umgebaut.

Ein Techniker der Bundeswehr steht im Gang eines Airbus A321LR und macht Notizen auf einem Klemmbrett

Der Testflug-Ingenieur hat alles im Blick. Akribisch werden Auffälligkeiten notiert.

Bundeswehr/Tom Twardy
Ein Soldat und ein Techniker der Bundeswehr kontrollieren die Sitze und Gurte in einem Airbus A321LR

Oberstabsfeldwebel Matthias L. (r.), der Kabinenchef, kontrolliert mit einem Techniker der WTDWehrtechnische Dienststelle 61 die Verarbeitung der Sitze und Gurte

Bundeswehr/Tom Twardy

Einmal quer durch Deutschland

Ob alles so funktioniert wie bestellt, prüfen S. und sein Team in einem mehrwöchigen Abnahmeprozess. Ganz am Ende steht dann der finale Abnahmeflug, der Customer Acceptance Flight. Die Testreihe besteht aus fünf Segmenten: Nach den Pre-Flight-Checks am Boden werden nach dem Start in der Steigphase auf 39.000 Fuß (knapp 12.000 Meter) die Systeme überprüft, nach Erreichen der Reiseflughöhe folgen die ersten Kabinen-Checks, bevor dann in unterschiedlichen Flughöhen die Manöver-Checks folgen. Tiefer Überflug, Landungen mit direktem Durchstarten, G-Kräfte-Belastungen bei steilem Kurvenflug und abrupten Höhenwechseln – all das wird durchgeführt. Nach der Landung in Hamburg erfolgen noch die Post-Flight-Checks. Bewaffnet mit einer gut 20-seitigen Checkliste nimmt das Abnahmeteam Platz in der A321LR, Kommandant Oberstleutnant Achim H. lässt die Triebwerke starten. Die Flugroute führt von Hamburg zunächst zur Wehrtechnischen Dienststelle 61 (WTDWehrtechnische Dienststelle 61) nach Manching, dann weiter nach Dresden, anschließend im Tiefflug über Köln, bevor es über Bremen zurück nach Hamburg geht. Die WTDWehrtechnische Dienststelle 61 ist mit der Erprobung, also von Boden- und Flugversuchen der Maschine, beauftragt. Sie ist dafür verantwortlich, dass nur sicheres und leistungsfähiges Fluggerät in die Bundeswehr eingeführt wird.

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Fokus auf der Kabine

„Insbesondere aus Sicherheitsgründen ist es wichtig, dass auch bei extremen Flugmanövern in der Kabine alles an seinem Platz bleibt und voll funktioniert“, erklärt Kommandant H.. Deswegen stehen auch Parabelflug und Steilkurven auf der Checkliste. Kurven mit bis zu 67 Grad sind hierbei das Maximum und ungefähr das Doppelte von dem, was ein normales Verkehrsflugzeug fliegt. Hat sich in der Kabine etwas gelöst? Gibt es Fehlermeldungen im System? Haben sich Verschlüsse oder Gepäckfächer geöffnet? Nach der Landung sind alle Checklisten ausgefüllt und die Notizbücher mit vielen Häkchen versehen. Es sind insgesamt keine gravierenden Mängel aufgefallen, aber Punkte, die vor der Übergabe an die Bundeswehr noch abzustellen sind. Und so zieht auch Christopher S. als Projektleiter ein positives Fazit: „Ich bin ziemlich happy!“

Der Beitrag erschien in einer Langversion zuerst in Y – Das Magazin der Bundeswehr 04/2022.

von Björn Lenz und Sebastian Bangert