Nachgefragt

„Militärische Kooperationen müssen auch vor Ort gepflegt werden“

„Militärische Kooperationen müssen auch vor Ort gepflegt werden“

Datum:
Ort:
Berlin
Lesedauer:
4 MIN

Der Indo-Pazifik ist die dynamischste Wirtschaftsregion der Welt – und gewinnt damit auch an geostrategischer Bedeutung. China und die USA konkurrieren um Einfluss, wobei China auch militärische Drohmittel einsetzt. Die Deutsche Marine entsendet nun zum zweiten Mal Kriegsschiffe in den Indo-Pazifik. Flottillenadmiral Axel Schulz nennt die Gründe. 

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Flottillenadmiral Axel Schulz ist Chef der Einsatzflottille 2 der Bundeswehr. Mit Frau Hauptmann Beate Schöne von „Nachgefragt“ spricht er über das Engagement der Marine im Indo-Pazifik und dessen geostrategische Bedeutung.

Der Marineoffizier ist Kommandeur der Einsatzflottille 2 der Bundeswehr aus Wilhelmshaven. „Ich habe in meinem Fuhrpark die Fregatten, die Einsatzgruppenversorger beziehungsweise großen Flottentanker sowie Hochseeschlepper als auch Hafenschlepper“, sagt Schulz. „Insgesamt leisten bei mir 4.500 hoch motivierte Frauen und Männer Dienst.“

Ein Teil dieser Soldatinnen und Soldaten wird ab Mai zu großer Fahrt aufbrechen: Im Rahmen des Indo-Pacific Deployment werden eine Fregatte und ein Einsatzgruppenversorger für sieben Monate in den Indo-Pazifik entsandt. Deutschland will damit sein Interesse an den Entwicklungen in der Region unterstreichen und seine Solidarität mit Wertepartnern wie zum Beispiel Japan oder Singapur zeigen.

Die Marine war 2021 schon einmal in gleicher Mission im Indo-Pazifik unterwegs gewesen. „Die Fregatte ,Bayern' hat damals Hervorragendes geleistet“, sagt Flottillenadmiral Schulz zur „Nachgefragt“-Moderatorin, Frau Hauptmann Beate Schöne. Man habe mit den Partnern in der Region zusammengearbeitet und Hafenbesuche durchgeführt. „Militärische Kooperationen sind wie Freundschaften: Sie müssen von Zeit zu Zeit auch direkt vor Ort gepflegt werden“, sagt Schulz.

Für freien Seehandel

Die Marine wolle sich zudem für eine freie Handelsschifffahrt und die friedliche Beilegung von Konflikten nach den internationalen Regeln des Seerechtes einsetzen, so der Flottillenadmiral. „Der Indo-Pazifik ist eine hochdynamische Wirtschaftsregion und erstreckt sich von der Westküste Nordamerikas über die Ostküste von Asien bis hin zur Ostküste Afrikas“, sagt Schulz.

Smartphones kämen aus Südkorea, Fernseher aus Japan und Mikrochips aus Südostasien, so der Marineoffizier. „Wenn dort Handelswege gestört werden, dann wird sich das letzten Endes auch auf Europa und Deutschland auswirken.“ Die Havarie des Frachters „Ever Given“ im Suezkanal 2021 und die Corona-Pandemie hätten gezeigt, wie empfindlich die Seehandelswege seien.

Über den Nordatlantik gehe es für den Verband zunächst an die Ostküste Nordamerikas, wo mit den USA und Kanada geübt werde, so Schulz. „Wir werden dann sicherlich ein einmaliges Erlebnis für die Besatzungsmitglieder schaffen, weil wir durch den Panamakanal in den Ostpazifik verlegen und an einer großen USUnited States-amerikanischen Übung im Inselgebiet um Hawaii teilnehmen werden.“

Großes Manöver vor Hawaii

Diese Übung namens RIMPAC (Rim of the Pacific, Randzone des Pazifiks) sei eines der größten Marinemanöver weltweit, so der Flottillenadmiral. „Wir werden ungefähr sechs Wochen mit unseren beiden Einheiten in diese Übung integriert, wobei sowohl die Fregatte als auch der Einsatzgruppenversorger unterschiedliche Aufgaben haben.“ Es werde die Überwasser-Seekriegsführung, die U-Boot-Jagd per Helikopter und die Bekämpfung von Landzielen geübt, so Schulz. „Und gleichfalls – und das ist ein Novum und kommt auch nicht immer so häufig vor – werden wir an einem Flugkörperschießen im Seegebiet um Hawaii teilnehmen.“

Anschließend gehe es weiter in den Westpazifik, so der Flottillenadmiral. „Wir werden nach Hafenbesuchen in Japan und Singapur Richtung Indischer Ozean verlegen, um mit unseren strategischen Partner Indien gemeinsam zu üben.“ Erst dann kehre der Verband über den Nordatlantik nach Deutschland zurück.

„Zur Abschreckung und zur Verhinderung von künftigen Konflikten ist die Marine ein wesentlicher Akteur und eine nicht wegzudenkende Teilstreitkraft“, fasst Schulz zusammen. Die Bandbreite der Fähigkeiten reiche von der Militärdiplomatie bis hin zur hochintensiven Seekriegsführung. „Marinestreitkräfte sind de facto ein verlässliches, flexibles und weltweit einsetzbares Instrument der Politik“, sagt der Flottillenadmiral. Das will die Deutsche Marine mit ihrem Indo-Pacific Deployment erneut unter Beweis stellen.

von Timo Kather

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