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NATO Air Policing: „Wir sind vorbereitet, wir können es“

NATO Air Policing: „Wir sind vorbereitet, wir können es“

Datum:
Ort:
Berlin
Lesedauer:
3 MIN

Seit Ausbruch des Ukrainekrieges wurden die Patrouillen zur Luftraumüberwachung an der NATO-Ostflanke intensiviert. Die Bundeswehr beteiligt sich mit Kampfjets des Taktischen Luftwaffengeschwaders 71 Richthofen aus Wittmund. Dessen stellvertretender Kommodore, Oberstleutnant Jürgen Schumann, erklärt, was die Jets und ihre Besatzungen machen. 

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Oberstleutnant Jürgen Schumann ist Eurofighter-Pilot und stellvertretender Kommodore im Taktischen Luftwaffengeschwader 71. „Nachgefragt“-Moderator Hauptmann Janet Watson spricht mit ihm über die Luftraumüberwachung an der NATO-Ostflanke im Baltikum.

„Wir haben innerhalb von vier Tagen den kompletten Verband ausgestattet und auf hundert Prozent hochgefahren“, beschreibt Schumann, der selbst auch Eurofighter-Pilot ist, die Situation in seinem Verband unmittelbar nach Beginn des Krieges in der Ukraine. „Am Tag fünf waren mit allen unseren Eurofightern einsatzbereit und haben auch gleich die ersten Aufträge bekommen.“ 

Konkret hieß das: Luftpatrouille (Combat Air Patrol) über Polen im Auftrag der NATO, eine sogenannte „Show of Force“, also eine Demonstration militärischer Stärke. Dabei kreisen die Kampfjets bereits mehrere Stunden in einem festgelegten Radius über einem bestimmten Gebiet und steigen nicht erst, wie eigentlich üblich, nach einer Alarmierung auf. Luftpatrouillen dienen der Abschreckung, der Aufklärung und dem Abfangen gegnerischer Luftfahrzeuge - und zwar lange bevor diese in die Nähe ihrer Ziele gelangen können. 

Ziel: Abschreckung

„Wir sind bereit“, bringt Schumann diese Botschaft der NATO auf den Punkt. Deswegen sei es auch wichtig gewesen, dass die Jets bewaffnet waren, um eindeutig zeigen zu können: „Ihr seht, welche Waffen wir haben. Versucht nicht, in unsere Nähe zu kommen“, macht der Oberstleutnant deutlich.

Er betont in diesem Zusammenhang allerdings auch, dass Deeskalation bei Begegnungen in der Luft immer oberstes Ziel sei. „Wir wollen nicht diejenigen sein, die eine Ausweitung des Krieges durch irgendwelche Maßnahmen herbeiführen“, sagt Schumann. 

NATO Air Policing 

Aktuell ist die Luftwaffe im Rahmen des NATO Air Policing für Luftraumüberwachung unter anderem über dem Baltikum eingesetzt. Fünf Kampfflugzeuge vom Typ Eurofighter sind an der Mission beteiligt. Die Besonderheit bei der aktuellen Mission ist, dass verstärkt mit anderen NATO-Staaten zusammengearbeitet wird, die ebenfalls den Eurofighter fliegen. Im vergangenen Jahr flogen deutsche Piloten zusammen mit spanischen Kameraden, im Jahr 2023 werden es Piloten der britischen Royal Air Force sein. Ziel hierbei ist, die nationalen Verfahren anzugleichen, damit am Ende gemischte Eurofighter-Einsatzverbände einsatzfähig sind.

Die NATO schützt bereits seit 2004, als Estland, Lettland und Litauen dem Bündnis beitraten, den Luftraum an ihrer nordöstlichen Flanke, da diese Nationen über keine eigenen Kampfjets verfügen. Die Bundeswehr beteiligte sich erstmals 2005 am Air Policing, zunächst mit Kampfflugzeugen vom Typ Phantom, später mit dem Eurofighter. Inzwischen hat Deutschland insgesamt zwölf Mal den Auftrag der Luftraumüberwachung im Baltikum erfüllt.

Begegnungen in der Luft 

Immer wieder kommt es laut Schumann im Rahmen des Air Policings im Baltikum zu Begegnungen zwischen deutschen und russischen Kampfflugzeugen. In der Regel handele es sich dabei um russische Maschinen, die ohne bekannten Flugplan im internationalen Luftraum unterwegs seien und dabei häufig den Transponder zu ihrer Identifizierung ausgeschaltet hätten. Bei jedem nicht identifizierbaren Luftfahrzeug werde geprüft, worum es sich handele und welcher Nationalität es angehöre. 

In der Regel würden die Flugzeuge dann begleitet. um zu zeigen: „Wir sind da, kommt nicht in unsere Nähe“, so Schumann. Um russische Kampfflugzeuge genauer in Augenschein zu nehmen, näherten sich die Eurofighter teilweise bis auf zehn Meter. „Manchmal zeigen wir auch durch eine Kurvenbewegung des eigenen Flugzeugs die Waffen“, so Schumann weiter. Auch diese Geste diene der Abschreckung. Sobald die Identifizierung abgeschlossen sei und feststehe, dass von den russischen Jets keine Gefahr ausgehe, drehten die Eurofighter wieder ab. 

von Robert Annetzberger, Janet Watson 

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