,,Nachgefragt''

„Wir wollen lernen, wir wollen aber auch abschrecken“

„Wir wollen lernen, wir wollen aber auch abschrecken“

Datum:
Ort:
Berlin
Lesedauer:
4 MIN

Große Teile des Heeres sind im ersten Halbjahr 2024 in Bewegung: Mit der Übungsreihe Quadriga beteiligt sich die Bundeswehr an Steadfast Defender, dem größten NATO-Manöver in Europa seit dem Ende des Kalten Krieges. Warum die Streitkräfte das machen und wie es künftig weitergeht, erklärt Oberst i. G. Dirk Hamann vom Kommando des Heeres.

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Oberst im Generalstabsdienst Dirk Hamann leitet das Referat für Übungen im Heereskommando. Mit der „Nachgefragt“-Moderatorin, Frau Hauptmann Maria Schönemann, spricht er über die Übungsserie Quadriga 2024 mit 12.000 beteiligten Bundeswehrangehörigen.

Mehr als zehntausend Bundeswehrangehörige sind an den vier Teilübungen von Quadriga beteiligt. Von Deutschland aus verlegen sie quer durch Europa an die östlichen Grenzen des NATO-Territoriums, um dort mit alliierten Truppen zu trainieren. „Es geht hier unter anderem auch um die Überprüfung logistischer Konzepte: Ob wir in der Lage sind, Truppen schnell im ganzen Bündnisgebiet zu verlegen“, sagt Oberst i. G. Dirk Hamann, der Leiter des Übungsreferates im Kommando des Heeres. „Das fängt an in Nordnorwegen, geht dann über Zentraleuropa mit Polen und Litauen und schließlich über Ungarn und Rumänien.“

Üben für den Ernstfall

Die Vorbereitungen für die Übungsserie hätten schon 2021 begonnen, berichtet Hamann der „Nachgefragt“-Moderatorin, Frau Hauptmann Maria Schönemann. „Übungen sind die Währung der Abschreckung. Und wir wollen abschrecken“, erklärt er. Spätestens seit dem russischen Überfall auf die Ukraine stehe das Thema wieder weit oben auf der Agenda der Streitkräfte, so der Oberst. „Und das erreichen wir dadurch, dass wir sichtbar auch für einen möglichen Aggressor zeigen: Wir üben den Ernstfall.“

Gleichzeitig wolle man aber auch lernen, so Hamann. „Durch das internationale Krisenmanagement, was jahrzehntelang unsere Aufgaben beherrscht hat, haben wir gewisse Dinge nicht in der Intensität geübt, wie es vielleicht notwendig wäre, um im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung zu bestehen“, räumt der Heeresoffizier ein. „Wir wollen lernen, wir wollen aber auch abschrecken.“

Ein Zeichen an Russland – und die Verbündeten

Man wolle mit den Übungen zeigen, wozu die Bundeswehr in der Lage sei. „Damit senden wir ein Zeichen an die russische Seite, wir senden aber auch ein Zeichen an unsere Alliierten“, so der Oberst. Diese könnten sich darauf verlassen, dass die deutschen Streitkräfte ihnen bei einem russischen Angriff beistehen würden.

Außerdem werde auch eine Botschaft an die eigene Bevölkerung gesendet, so Hamann weiter. Die Bundeswehr sei mit ihren Fähigkeiten in der Lage, einen möglichen Aggressor glaubhaft abzuschrecken. „Wir benennen Russland nicht als klaren Gegner. Wir üben aber genau dort, wo wir im Ernstfall Europa auch verteidigen würden“, sagt Hamann dazu. „Dass die russischen Medien diese Informationen aufnehmen und auch wiedergeben, ist für mich ein klares Zeichen dafür, dass Russland uns schon sehr ernst nimmt mit unseren Anstrengungen.“

Quadriga-Übungen künftig jedes Jahr

Künftig werde es weitere Quadriga-Übungen geben, kündigt Hamann an. „Quadriga ist wie ein Label. Das wird es jetzt jedes Jahr geben.“ Allerdings würden jeweils andere Schwerpunkte gesetzt, so der Oberst. So stünden im kommenden Jahr der baltische Raum und die Ostsee im Zentrum des Übungsgeschehens. „Hier ist die Marine besonders gefordert.“

Im Jahr darauf werde das Territoriale Führungskommando der Bundeswehr die „Drehscheibe Deutschland“ beüben, führt Hamann weiter aus. „Das heißt, wie nehmen wir in Deutschland Kräfte auf, die dann von deutschem Boden aus weiter in andere Einsatzgebiete verlegen müssen – in den Osten, in den Norden oder in den Süden.“ 

2027 werde dann wieder mit Steadfast Defender die Gesamtverteidigung Europas geübt, so Hamann. Dann würden auch die Landstreitkräfte wieder eine wichtige Rolle spielen, so der Referatsleiter für Übungen im Kommando des Heeres der Bundeswehr.

von Timo Kather

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