Bundesministerin eröffnet Traditionsworkshop

Bundesministerin eröffnet Traditionsworkshop

Datum:
Ort:
Hamburg
Lesedauer:
4 MIN

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Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyen hat an der Führungsakademie der Bundeswehr (FüAkBw) den ersten Workshop zur Überarbeitung des Traditionserlasses von 1982 eröffnet. Unter Einbindung von deutschen Soldaten und Soldaten befreundeter Nationen sowie Vertretern aus Politik, Kirche und Gesellschaft wird in insgesamt vier Veranstaltungen ein neuer Tradtionserlass entworfen.

Auf Hamburg folgen Koblenz, Potsdam und Berlin. Das Auftaktthema lautet „Die Tradition der Bundeswehr im Kontext von europäischer Verteidigungsidentität und transatlantischer Sicherheitspartnerschaft“.

Kann mir keinen besseren Ort vorstellen.

Aus zweierlei Gründen ist die Führungsakademie der passende Ort für diese Eröffnung, wie Frau von der Leyen betonte. Zum einen steht die FüAkBw für höchste Ansprüche in der Ausbildung des militärischen Führungsnachwuchses und dazu gehört die intensive Auseinandersetzung mit dem Traditionsverständnis. Zum anderen ist auch das uniformierte Publikum bunt. Dieses zeigt der Blick in die Zuhörerschaft. Gut ein Viertel der knapp 300 Zuhörer sind Soldaten aus anderen Nationen, die Lehrgänge an der Akademie besuchen und hier ihre Expertise beitragen. Der Kommandeur der FüAkBw, Konteradmiral Carsten Stawitzki, empfindet es als Ehre, dass die Akademie die Auftaktveranstaltung ausrichten darf. Er wünscht sich in seinen Begrüßungsworten Unterstützung bei der Beantwortung der Zukunftsfragen durch die geistige Auseinandersetzung mit der Vergangenheit.

Vier wesentliche Änderungen seit 1982

Mit dem kurzen Hinweis darauf, dass die Bundeswehr 2017 bereits doppelt so alt ist wie sie 1982 war und damit doppelt so viel Erfahrungen aufweisen kann, kommt von der Leyen auf die Faktoren zu sprechen, die sich für die deutschen Streitkräfte seit Erstellung des Traditionserlasses geändert haben: Von der Abschreckung im Kalten Krieg gelang der Wandel zur Einsatzarmee, die sowohl Bündnisverteidigung als auch internationales Krisenmanagement kann. Damit einher geht ein Wandel im Selbstverständnis der Soldaten, denn der Preis des eigenen Lebens ist nicht mehr Theorie, sondern Teil der Einsatzrealität geworden. Gleichzeitig ist die Bundeswehr durch die Aussetzung der Wehrpflicht und den Zuwachs an Menschen mit unterschiedlichen Geschichten und Geschlechtern vielfältiger geworden. Weiterhin hebt die Ministerin die Multinationalität der Bundeswehr hervor. Die Verantwortung gegenüber Partnern, NATONorth Atlantic Treaty Organization und EUEuropäische Union ist inzwischen eine Selbstverständlichkeit. Ihr letzter Punkt bezieht sich auf die Gesellschaft, die offener, aber gleichzeitig auch kritischer geworden ist. All diese Entwicklungen erfordern eine Neubetrachtung von Tradition.

Akzeptanz in der Gesellschaft

Tradition in unserer Bundeswehr soll als Kompass dienen, der unseren Soldatinnen und Soldaten Orientierung, Halt und Maßstäbe für das eigene Handeln geben kann. Im Dienstalltag ebenso wie im Einsatz. Und besonders auch in existenziellen Extremsituationen, die der Einsatz erfordern kann.

Mit diesem hohen Anspruch verträgt die Überarbeitung des Traditionserlasses keine Eile, so von der Leyen. Besonders wichtig ist ihr die „Anschlussfähigkeit“ des Traditionsverständnisses der Bundeswehr an die Gesellschaft, an die Geschichte und an die Gegenwart. Gerade deshalb sitzen so viele zivile Vertreter in den Workshops. Nur wenn die Gesellschaft versteht, worauf die Soldaten der Bundeswehr stolz sind, kann sie im Gegenzug stolz auf ihre Armee sein.

Die Wehrmacht kann nicht traditionsstiftend sein.

Die Identität der Bundeswehr muss sich im Traditionsverständnis widerspiegeln. Dazu gehören die freiheitlichen Werte, die der Soldat mit seinem Leben zu verteidigen schwört, aber auch die soldatischen Tugenden Tapferkeit, Kameradschaft, Wahrhaftigkeit und Fürsorge. Bei der Identifikation von Vorbildern warnt von der Leyen davor, klare Antworten zu erwarten. Gerade die Betrachtung von Persönlichkeiten aus vergangenen deutschen Streitkräften zeigt Brüche, Unstimmigkeiten und Diskussionspotential. Tat, Sinn und Ziel sind immer im historischen Kontext zu betrachten. Die Wehrmacht kann nicht traditionsstiftend für die Bundeswehr sein, betont die Ministerin und führt aus, dass es einzelne Persönlichkeiten in Wehrmachtsuniform wie Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg durchaus sein können. Eine genaue Betrachtung ist gefragt und führt zu einem gesunden Traditionsverständnis. Durch diese Trennung von Geschichte und Tradition können auch Ereignisse aus der Bundeswehr nach 1982 zu einer stolzen Tradition beitragen. Doch sie führt auch aus, dass die Bundeswehr eine Geschichte hat, die es wert ist erzählt zu werden.

(Inter)nationale militärische Erinnerungskultur

Bevor die Teilnehmer der vier Panels in die Detailarbeit einsteigen, spricht Professor Dr. Loretana de Libero von der FüAkBw über nationale militärische Erinnerungskultur und Ton van Loon, Generalleutnant a.D. des niederländischen Heeres, über internationale militärische Erinnerungskultur. De Libero spricht von „Unbehagen“ in der Bundeswehr, wenn es um die Wertschätzung der eigenen Leistungen geht. Durch die Nennung zahlreicher begründeter Beispiele zeigt sie, dass es jedoch genug Ereignisse und Persönlichkeiten der jüngsten Geschichte gibt, die traditionsstiftend sind. Die in Einsätzen gefallenen Soldaten werden im „Wald der Erinnerung“ in Potsdam geehrt. So sind Ansätze einer Traditionsbildung, die aus den Einsätzen der Bundeswehr heraus resultieren, zu erkennen. Sie resümiert, dass der Bundeswehr als „Best-Ager“ nur noch nicht bewusst ist, welches beeindruckende Repertoire sie zu bieten hat. Van Loon knüpft an die Worte der Ministerin an, als er sagt, dass Tradition ein Teil des Esprit de Corps ist, um kämpfen zu können und Sinnstiftendes mit in den Einsatz nehmen zu können. Tradition gibt auch ein Gemeinschaftsgefühl, egal ob zwischen Kompanien oder multinationalen Verbänden. Tradition ist auch lebendig, führt er mit dem Verweis auf die Einführung der Wehrpflicht für Frauen in den Niederlanden 2017 aus. Er schließt den Kreis zum Ziel der Überarbeitung des Traditionserlasses:

Der Fortschritt ist kein Vorwand, nichts zu ändern, sondern er ist Mut zur Veränderung.

Die vollständige Rede der Bundesministerin der Verteidigung, Dr. Ursula von der Leyen, lesen Sie hier

von Inka von Puttkamer

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