Ergebnispräsentation

Verteidigungsfähigkeit beginnt in der Mitte der Gesellschaft

Verteidigungsfähigkeit beginnt in der Mitte der Gesellschaft

Datum:
Ort:
Hamburg
Lesedauer:
5 MIN

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Russland stationiert Truppen an der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Ostflanke und greift an. Daraufhin entsendet die NATONorth Atlantic Treaty Organization Truppen zu den Bündnispartnern. Eine fiktive Nachrichtensendung zeigt die Folgen: Staus, Versorgungsengpässe und Demonstrationen. Der Lehrgang Generalstabs-/Admiralstabsdienst National (LGANLehrgang für den Generalstabs-/Admiralstabsdienst National) verdeutlicht, wie der Ernstfall aussehen kann, aber nicht muss.

Die Lehrgangsteilnehmenden stehen mit dem Generalinspekteur auf der Bühne für ein Gruppenfoto.

Der Lehrgang Generalstabs-/Admiralstabsdienst National präsentiert dem Generalinspekteur, General Carsten Breuer, die Ergebnisse zur Studienphase „Gesamtverteidigung in Deutschland – Folgerungen für die Bundeswehr in Krise und Krieg“

Bundeswehr/Pieter-Pan Rupprecht

Die angehenden Spitzenführungskräfte haben sich im Rahmen ihrer zweijährigen Studienphase mit dem Thema „Gesamtverteidigung – Folgerungen für die Bundeswehr in Krise und Krieg“ beschäftigt. Das Konzept Gesamtverteidigung schließt neben dem Militär auch zivile Akteure wie Polizei, Feuerwehr, Kommunen und Unternehmen ein – und am Ende jeden Einzelnen und jede Einzelne. 

Neben der Gefahr eines klassischen militärischen Angriffs, wie ihn die Ukraine erlebt, gibt es heute zahlreiche hybride Bedrohungen. Dazu zählen Cyberattacken auf Krankenhäuser oder Unternehmen, Sabotage von Pipelines, Bahntrassen oder Stromleitungen, aber auch Desinformationskampagnen in sozialen Medien oder die bewusste Steuerung von Migrationsströmen. Das Ziel solcher Angriffe ist es, Unsicherheit zu verbreiten, die Gesellschaft zu spalten und die staatliche Handlungsfähigkeit zu schwächen.  Die dazu erforderliche Widerstandsfähigkeit oder Resilienz des Gemeinwesens muss gestärkt werden.

Generalinspekteur Carsten Breuer
General Carsten Breuer Bundeswehr/Steve Eibe
„Querschnittsprobleme erfordern Querschnittslösungen. Resilienz braucht ein Miteinander. Das geht nur gesamtstaatlich oder besser: gesamtgesellschaftlich.“

Die zivile Verteidigung wird vor allem durch das Innenministerium koordiniert, liegt aber in der Verantwortung von Bund, Ländern und Kommunen. Im Krisenfall muss Deutschland nicht nur eigene Verteidigungskräfte stellen, sondern auch als „Drehscheibe“ für Truppen und Material der Bündnispartner dienen – und damit nicht nur die eigene Bevölkerung und die Bundeswehr, sondern auch NATONorth Atlantic Treaty Organization-Truppen versorgen und schützen. Dafür braucht es neue Strukturen. Wie sie aussehen könnten, zeigt der LGANLehrgang für den Generalstabs-/Admiralstabsdienst National mit Konzepten für für die Bereiche Führung und Koordinierung, Kommunikation, Wehrersatz sowie Übungen.

Führung und Koordinierung in der Gesamtverteidigung

Im Notfall muss klar sein, wer das Sagen hat und wie alle zusammenarbeiten: Wer schützt militärische und zivile Infrastruktur, wenn das Militär an die NATONorth Atlantic Treaty Organization-Ostflanke verlegt wird? Wer koordiniert die Antwort auf hybride Bedrohungen? Sowohl die Bundeswehr als auch die zuständigen zivilen Stellen müssen in die Lagebearbeitung eingebunden werden und über ein gemeinsames Lagebild verfügen. 

Seit Oktober 2024 kümmert sich das Operative Führungskommando um den militärischen Part der Gesamtverteidigung. Doch noch fehlt die sichere Anbindung der zivilen Akteure. Daher schlägt der Lehrgang vor, eine „Operationszentrale Deutschland“ im Operativen Führungskommando der Bundeswehr und einen „Ständigen Stab für Nationale Resilienz, Sicherheit und Verteidigung“ (SNRSVStändigen Stab für Nationale Resilienz, Sicherheit und Verteidigung) im Bundeskanzleramt zu etablieren. Als starke Schnittstelle zwischen den Akteuren soll er Personal effizient steuern helfen, für einheitliche Kommunikation sorgen und verbindliche Meldewege festlegen. „Der Stab ist der Arbeitsmuskel der politischen Leitung“, sagt Korvettenkapitän Johanna S.

Die Operationszentrale Deutschland liefert ein gesamtstaatliches Lagebild. Deshalb könnte die digitale Plattform „Territorial Hub“ die „Operationszentrale Deutschland“ und alle beteiligten Akteure verbinden, Informationen schnell zugänglich halten und die Koordinierung vereinfachen. Voraussetzung dafür ist ein starkes Lagebild – in Echtzeit und ressortübergreifend. 

Ein Lehrgangsteilnehmer steht auf der Bühne und spricht.

Die Arbeitsgruppen „Führung und Koordinierung in der Gesamtverteidigung“, „Kommunikation“, „Personeller Wehrersatz“ und „Übungen in der Gesamtverteidigung“ stellen ihre Ergebnisse vor

Bundeswehr/Pieter-Pan Rupprecht

Kommunikation

In Krisen ist es wichtig, dass alle Menschen wissen, was los ist und wie sie sich verhalten sollen. Offene Kommunikation gilt hierbei als das stärkste Werkzeug. „Resilienz beginnt im Kopf“, sagt Oberstleutnant Antje M. „Nur, wer Desinformation erkennt, kann die richtigen Schlüsse ziehen.“  Die Bevölkerung muss besser zum Thema Fake News aufgeklärt werden. Die Arbeitsgruppe empfiehlt, robuste und krisenfeste Informationskanäle aufzubauen, die auch bei Stromausfall funktionieren – zum Beispiel über Warn-Apps, Radio oder Lautsprecherwagen. 

Das erfordert eine einheitliche und ressortübergreifende Kommunikationsstrategie – ein Dokument, das die gesamtstaatliche Kommunikation zusammenfasst und grundlegende Narrative enthält sowie kurz- und langfristige Kommunikationsziele festlegt. 

Die Bevölkerung soll resilienter werden und sich somit nicht durch gegnerische Akteure manipulieren lassen. Die Federführung könnte dafür beim Bundespresseamt liegen, das sich eng mit dem neu einzurichtenden ständigen Stab für Nationale Resilienz, Sicherheit und Verteidigung (SNRSVStändigen Stab für Nationale Resilienz, Sicherheit und Verteidigung) im Bundeskanzleramt abstimmt. Ein Kommunikationsnetzwerk, bestehend aus Bund und Kommunen, würde das Vertrauen in die staatliche Handlungsfähigkeit stärken. Zu diesem Netzwerk sollen die Kommunikationsstellen der Bundes- und Landesministerien, der Sicherheitsbehörden, vom Deutschen Städte- und Gemeindebund sowie relevante Interessen- und Wirtschaftsverbände gehören. Wenn dieses Netzwerk etabliert und bis in die Kommunen verankert ist, sorgen abgestimmte Botschaften für Widerstandsfähigkeit gegen Desinformation. Die Anlaufstelle für dieses Netzwerk soll beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBKBundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe) liegen. 

Personeller Wehrersatz

Im Ernstfall braucht Deutschland nicht nur Soldatinnen und Soldaten, sondern auch viele Helfer – zum Beispiel Sanitäter, Techniker oder Freiwillige. Was passiert, wenn jemand bei der Freiwilligen Feuerwehr, dem Deutschen Roten Kreuz sowie in einem relevanten Betrieb tätig ist – wer kann ihn oder sie im Krisenfall einplanen? Um solche Fragen zu beantworten, müssen Menschen mit ihren Fähigkeiten und Zugehörigkeiten erfasst werden. 

Die militärische Reserve benötigt nicht nur mehr Menschen; sie braucht auch Flexibilität, Echtzeitdaten und gesellschaftliche Einbettung. Voraussetzung dafür ist eine digitale Führungsorganisation. Die Arbeitsgruppe schlägt ein digitales Werkzeug vor, das mithilfe von künstlicher Intelligenz und gestützt auf Simulationen solch komplexe Strukturen entflechtet. Die Simulation könnte Schwachstellen in der Koordinierung aufzeigen und helfen, an den richtigen Stellen nachzusteuern – sei es mit mehr Personal, Datenaustausch oder Trinkwasser. Die Struktur der Reserve muss agil, skalierbar und digital steuerbar sein. Dazu schlägt die Arbeitsgruppe einen zügigen Aufbau eines zentralen, digitalen Personendatenbestands für Musterung und Verfügbarkeitsprüfung vor. 

Der Generalinspekteur steht vor den Lehrgangsteilnehmenden auf der Bühne und bedankt sich

Der Generalinspekteur bedankt sich nach der Präsentation bei den Lehrgangsteilnehmenden mit einem Coin

Bundeswehr/Pieter-Pan Rupprecht

Übungen in der Gesamtverteidigung

Was passiert, wenn das Mobilfunknetz ausfällt? Wenn eine Brücke fehlt oder die Trinkwasserversorgung angegriffen wird? Übungen und Trainings sind das Rückgrat einer funktionierenden Gesamtverteidigung, damit im Ernstfall jeder Handgriff sitzt. Dabei geht es nicht allein um militärische Manöver, sondern um das reibungslose Zusammenspiel aller relevanten Akteure: Bundeswehr, Polizei, Rettungsdienste, Energieversorger, ITInformationstechnik-Spezialisten, Logistikunternehmen und Supermärkte müssen gemeinsam Krisenszenarien durchspielen. Den Bedarf dafür sieht die LGANLehrgang für den Generalstabs-/Admiralstabsdienst National-Arbeitsgruppe auf verschiedenen Ebenen: vom Dorf über Klinikketten und Feuerwehren bis zur Bundesregierung.

Damit das Richtige richtig geübt wird, empfehlen die Lehrgangsteilnehmenden unter anderem, eine nationale Übungsstrategie „Gesamtverteidigung“ zu entwickeln, ein „Bundeszentrum für Übung und Ausbildung Gesamtverteidigung und Krisenreaktion“ (BZÜA) aufzubauen und eine cloudbasierte, KIkünstliche Intelligenz-gestützte Bundesdatenbank für gesamtstaatliches Lernen einzuführen. „Übungsmosaik“ nennt der Lehrgang eine Strategie, die Deutschland als Mosaik von Landkreisen und kreisfreien Städten begreift. Die einzelnen Teile können grenzübergreifend miteinander üben – und mit zivilen Landes- und Bundesbehörden sowie der Bundeswehr kooperieren. Das soll für krisenfeste Strukturen sorgen. Mosaiksteine mit ähnlichen Gegebenheiten könnten voneinander lernen und so Ressourcen sparen. 

Gesamtverteidigung ist ein gesamtgesellschaftlicher Auftrag. Damit zivile, militärische und gesellschaftliche Akteure Hand in Hand arbeiten können, ist Übung erforderlich. Resilienz entsteht nicht durch Reden, sondern durch Handeln. 

Gesamtverteidigung ist kein Konzept von gestern – sie ist ein gemeinsamer Auftrag von heute. 

Broschüre Ergebnispräsentation

Hier können Sie sich die Broschüre zur Ergebnispräsentation herunterladen

Broschüre Ergebnispräsentation Broschüre Ergebnispräsentation PDF, nicht barrierefrei, 4,2 MB
Ein Soldat überreicht einem Gast die Broschüre zum Thema Gesamtverteidigung
von Jutta von Campenhausen  E-Mail schreiben

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