Heer
Erweiterte Grundbefähigung

Auf dem Weg zum EGBErweiterte Grundbefähigung-Soldaten – Teil 2

Auf dem Weg zum EGBErweiterte Grundbefähigung-Soldaten – Teil 2

Datum:
Ort:
Wildflecken
Lesedauer:
4 MIN

Die Fallschirmjäger streifen durch den Wald und nähern sich dem Zielobjekt. Jede Bewegung gleicht einem Schritt auf dem Minenfeld. Beinahe geräuschlos bewegen sie sich durch das Dickicht. Bei der Annäherung ist absolute Geräuschdisziplin zu wahren, denn schon durch einen brechenden Ast könnte der Feind sie entdecken.

Bewaffnete Soldaten hocken kniend im Wald und blicken in eine Richtung.

Während der Operation müssen die Fallschirmjäger mit Erweiterter Grundbefähigung die Waldkampftaktiken anwenden und später punktuell nach den EGBErweiterte Grundbefähigung-Einsatzverfahren agieren

Bundeswehr/Carl Schulze

Auf dem Lehrgang Urbane Angriffstaktiken in Wildflecken koordiniert Leutnant Tom K. als Zugführer nicht nur den Kampf im Zielobjekt, sondern auch die Phase der Annäherung, zu Beginn der Operation. Er muss den Trupp, der für den Angriff und die Deckung zuständig ist, an das Objekt bringen und dabei eine feindliche Aufklärung vermeiden. „Ich war gezwungen die Trupps öfter auszubremsen, da sie während der Annäherung eine gewisse Dynamik aufgebaut haben, die zu viel Geschwindigkeit brachte, erklärt Tom K. Eine daraus entstehende feindliche Aufklärung, könnte die gesamte Operation gefährden.

Schnelles Umdenken gefragt

Soldaten mit Schutzmasken eilen in zwei Reihen hintereinander mit der Waffe im Anschlag aus dem Wald.

Die ersten zwei Teams des Angriffselementes nähern sich zügig dem Zielobjekt, um schnellstmöglich die Sprengladung an der Tür anzubringen

Bundeswehr/Carl Schulze

 „Die Soldaten müssen während der Annäherungsphase die klassischen Waldkampftaktiken der Infanterie anwenden. Der anschließende Kampf im urbanen Gelände verlangt dann ein Umdenken. Hier gilt es, auf der Grundlage der EGBErweiterte Grundbefähigung-Einsatzverfahren zu kämpfen und den Schulterschluss zu klassischen Infanterietaktiken herzustellen“, macht der Hörsaalleiter des Lehrgangs Urbane Angriffstaktiken, Hauptmann Alex B., deutlich.

Nachdem sich der Fallschirmjägerzug in unmittelbarer Nähe zum Zielobjekt in Stellung gebracht hat, gibt Leutnant K. den Befehl zum Angriff. Zügig und leise erreichen die ersten zwei Teams das Haus und befestigen den Sprengstoff an der Tür. Dazu klebt ein Soldat eine Sprengladung an die Tür. Der Breacher, der Zugangsmitteltechniker, schafft mit der Sprengung den Zugang zum Objekt.

Die Lehrgangteilnehmer wurden im Vorfeld in der Anwendung der verschiedenen Öffnungsverfahren zum gewaltsamen Schaffen von Zugängen ausgebildet. Beim urbanen Kampf entscheiden wir zwischen sprengtechnischen, ballistischen und mechanischen Verfahren“, erklärt Hauptmann B. In der Praxis beschreibt dies die Nutzung von Sprengstoff, den Einsatz von Flinten, einer Ramme oder/und von Werkzeugen, zum Öffnen von Türen, Fenstern und Wänden.

Sprengtechnisches Öffnungsverfahren

Soldaten ducken sich hinter einer Hauswand, während die Tür gesprengt wird. Feuer und Rauch entstehen.

Nachdem der Breacher die Sprengladung an der Tür befestigt hat, drückt er auf Kommando den Zünder, um für den Fallschirmjägerzug eine Einbruchstelle zu schaffen

Bundeswehr/Markus Mutschler

In diesem Szenar nutzen die angreifenden EGBErweiterte Grundbefähigung-Soldaten das sprengtechnische Öffnungsverfahren. Dabei wird der Einsatz von ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Schutzmasken notwendig, da durch die Sprengung Nitratgase freigesetzt werden, die für die Soldaten gefährlich werden können. Das die Maske nicht nur schützt, sondern auch Einschränkungen mit sich bringt, erklärt Oberfeldwebel Hannes R, Lehrgangsteilnehmer und Gruppenführer: „Die ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Schutzmaske erschwert die Kommunikation untereinander und über Funk erheblich. Eine große Herausforderung ist ebenfalls die schlechtere Sicht, wenn die Gläser beschlagen und die verminderte Luftzufuhr durch den ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Filter.“ Im dynamischen Kampf verlangt dies den Fallschirmjägern viel ab, da der Angriffsschwung kurz nach dem Sturm und Einbruch so lange wie möglich aufrechterhalten werden muss. „Die Lehrgangsteilnehmer müssen unter besonderen Schwierigkeiten mit einer bestimmten Komplexität die Raumkampftaktiken anwenden. Dabei müssen sie in kurzer Zeit den operativen Erfolg herbeiführen und die Gefährdung von Unbeteiligten und eigener Kräfte ausschließen. Dies unterscheidet EGBErweiterte Grundbefähigung-Soldaten letztlich von der klassischen Infanterie“, sagt Alex B.

Die Fünf-Grad-Befähigung

Soldaten mit ABC-Schutzmasken stehen in einem Gebäude und zielen auf Schützenscheiben.

Während der umfangreichen EGBErweiterte Grundbefähigung-Ausbildung werden die Fallschirmjäger befähigt, im Fünf-Grad-Winkel aneinander vorbeizuschießen, um so optimal im urbanen Gelände wirken zu können

Bundeswehr/Carl Schulze

Das Ziel des Trainings Urbane Angriffstaktiken ist, dass die Fallschirmjäger die EGBErweiterte Grundbefähigung-Einsatzverfahren im urbanen Kampf unter erschwerten Bedingungen anwenden. Die Raumkampftaktiken setzen dabei besondere Schießfähig- und -fertigkeiten voraus. Dies beschreibt die sogenannte Fünf-Grad-Befähigung. Das bedeutet, dass die Fallschirmjäger im Fünf-Grad-Winkel aneinander vorbeischießen. Diese besonderen Schießfähigkeiten erhalten die Soldaten während eines Schießtechniklehrgangs, weit vor dem Training Urbane Angriffstaktiken. Diese Fähigkeit wird in Wildflecken in die EGBErweiterte Grundbefähigung-Einsatzverfahren eingefügt. Es kommt auf die sichere und stressresistente Schussabgabe durch den Schützen an, da es sich bei diesen Taktiken um hochdynamische und sensible Verfahren handelt. Für die reguläre Kampftruppe gilt ein Winkel von 30 Grad.

Ab dem Zeitpunkt der Sprengung dauert es knapp 15 Minuten, dann hat der Angriffstrupp das Zielobjekt genommen und feindfrei gekämpft. Der Zugführer erhält die Meldung „Letzter Raum!“ und gibt anschließend den Befehl zur Sicherung und dem Re-Clear. Re-Clear bedeutet, dass die Trupps nochmal durch die Räume gehen, bekämpfte Zielpersonen durchsuchen, Zivilisten befragen und wichtige Unterlagen sicherstellen, erklärt Leutnant Tom K. Mit dem Befehl „Re-Clear!“ beendet Hauptmann Alex B. den Übungsdurchgang und gleichzeitig die Abschlussübung des Trainings Urbane Angriffstaktiken. „Wir haben in den letzten Wochen einen sehr guten Einsatzwert erreicht. Die Soldaten wissen, wo sie die EGBErweiterte Grundbefähigung-Einsatzverfahren punktuell anwenden müssen und wo es drauf ankommt, den klassischen Infanteriekampf zu beherrschen“.

Acht Monate Ausbildung

Ein Soldat trägt die ABC-Schutzmaske und steht bewaffnet in einem Gebäude.

Nach der über achtmonatigen intensiven Ausbildungszeit erhalten die Lehrgangsteilnehmer den Status Combat Ready, sie sind dann kampf- und einsatzbereit

Bundeswehr/Carl Schulze

Das Training Urbane Angriffstaktiken schafft nach erfolgreichem Abschluss die Voraussetzung für den Folgelehrgang Besondere Einsatzverfahren. Erst nach Bestehen dieses Lehrgangs erhalten die Fallschirmjäger den Status Combat Ready (kampf- und einsatzbereit). Die EGBErweiterte Grundbefähigung-Soldaten sind ab diesem Zeitpunkt befähigt, bei offensiven Operationen in sensiblem Umfeld, isolierten Lagen und unter höchsten Bedrohungen eingesetzt zu werden. Sie interagieren in besonderen Einsatzbereichen der Luftlandebrigade und unterstützen die Spezialkräfte des Heeres (KSKKommando Spezialkräfte) und der Marine (KSMKommando Spezialkräfte der Marine) bei Spezialoperationen.

Hinter den Fallschirmjägern liegen dann über acht Monate intensive Ausbildungszeit, in denen sie besonderen physische und psychische Belastungen und Strapazen ausgesetzt waren. Der lange Weg zum EGBErweiterte Grundbefähigung-Soldaten hat sie geprägt und auf ihre künftigen Einsätze vorbereitet. Sie gehören nun zu einer besonderen Soldatenfamilie, die neben Mut und Tapferkeit, durch absoluten Leistungswillen und höchste Professionalität gekennzeichnet ist.


*Namen redaktionell geändert

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von Elisabeth Rabe

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