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Heer
Große Ausbildungsbandbreite

Seit 15 Jahren eine starke Reserve

Reserve
Datum:
Ort:
Münster
Lesedauer:
6 MIN

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Es ist warm an diesem Herbsttag 2023. Die Luft über dem Asphalt des Exerzierplatzes in Münster flimmert. Dicht an dicht, Schulter an Schulter, in Reihe und Glied stehen die angetretenen Formationen. Etwas Feierliches liegt in der Luft: 15 Jahre Panzergrenadierbataillon 908 der 1. Panzerdivision. Die Reservistinnen und Reservisten lauschen den Worten ihres Kommandeurs. Oberstleutnant Torsten Held blickt voller Stolz zurück.

Mehrere Soldaten stehen als Fahnenabordnung mit zwei Fahnen nebeneinander in der Sonne.

Das Panzergrenadierbataillon 908 gibt es seit 15 Jahren. Um dieses Jubiläum zu würdigen, sind die Reservistinnen und Reservisten mit ihrer Bataillonsfahne zu einem feierlichen Appell in Münster angetreten.

Bundeswehr/Christopher Loose

Alles begann am 1. Juli 2008 in der Greifenkaserne in Drögeheide. Mit drei anderen hoch motivierten Kameraden übernahm der erste Kommandeur, Oberstleutnant Michael Roblick, die Truppenfahne und sogleich machte man sich an die große Herausforderung der Aufstellung eines Ergänzungstruppenteils des Deutschen Heeres, des Panzergrenadierbataillons 908. Wichtig war damals wie heute, dass möglichst schnell möglichst viele Reservisten für das Bataillon bereitstehen. Ebenso geht es auch immer noch darum, die ehemaligen aktiven Soldaten in Übung zu halten, sie weiterzubilden und willige Kameradinnen und Kameraden anderer Truppengattungen zu Panzergrenadieren auszubilden. Anfangs noch stark geprägt durch eigene Erfahrungen stellte sich bald heraus, dass nur eine fundierte, vorschriftsgerechte und vor allem zeitlich angepasste Ausbildung das einzig probate Mittel sein könne. Und so wurde spätestens den Teilnehmern der ersten Übung des Bataillons schnell gegenwärtig, dass in diesem ambitionierten Verband der Reserve ein anderer Wind weht. Dass dessen Selbstverständnis von militärischen Werten, überdurchschnittlichem Leistungswillen, Ideenreichtum und Loyalität geprägt ist. Eigenschaften, die das Bataillon bis heute auszeichnen.

Neue Ausbildungsreihe entwickelt

Ein Panzer steht im Gelände in Stellung, der Kommandant schaut mit einem Fernglas aus der Luke.

Seit 2013 bildet das Panzergrenadierbataillon 908 selbstständig Richtschützen an der Bordmaschinenkanone des Schützenpanzers Marder aus

Bundeswehr/Marco Linke

Die folgenden drei Jahre, in denen auch der heutige Kommandeur als junger Leutnant seinen Weg ins Bataillon fand, wuchs das Bataillon allmählich. Die Aus- und Weiterbildungen konzentrierten sich 2012 auf den vorderen Kampfraum des Schützenpanzers Marder – das Hauptwaffensystem der Panzergrenadiertruppe. In Zusammenarbeit mit dem Ausbildungszentrum Munster entwickelte man eine Übungsreihe, die aufeinander aufbauende Elemente für Kommandant, Richtschütze, Kraftfahrer und den Truppführer vorsah: die Geburtsstunde der modularen Ausbildung und das Erfolgsrezept der kommenden Jahre. 2013 wurde es an drei Wochenend- und einer zweiwöchigen Abschlussübung erfolgreich umgesetzt. Am Ende gab es im Bataillon erstmals ausgebildete Richtschützen an der Bordmaschinenkanone 20 mm des Schützenpanzers. Noch im selben Jahr wurde als Höhepunkt im Orts- und Häuserkampf ausgebildet und das Bataillon nahm erstmals an einem Übungsplatzaufenthalt der Panzergrenadierbrigade 41 teil. Immer deutlicher zeichnete sich die heute viel gelobte, große Ausbildungsbandbreite des Verbandes ab. Oberstleutnant Christian Dubitzky übernahm zu diesem Zeitpunkt die Führung des Panzergrenadierbataillons 908.

Als Panzergrenadiere Teilnehmer an Übungen

Soldaten stehen vor, zwei auf einem Panzer, dessen Motorhaube geöffnet ist.

Die Reservistinnen und Reservisten des Panzergrenadierbataillons 908 gelten als hoch motiviert. Wer hier übt, seine Freizeit des zivilen Lebens opfert mit allen An- und Unannehmlichkeiten als aktiver Reservist, der will.

Bundeswehr/Marco Linke

Im Jahr 2014 wurde erstmals das Modul Ausbildung von Richtschützen an der leichten Panzerabwehrwaffe MILAN umgesetzt. So konnte eindrucksvoll bewiesen werden, dass das erarbeitete Konzept keine Abstriche gegenüber der aktiven Truppe macht. Mit dieser Gewissheit begann man 2015 mit der Ausbildung „Panzergrenadiersoldat”, worauf in diesem und dem folgenden Jahr frisch ausgebildete Panzergrenadiere nach „modularer Bauart” auf die Dienstposten beordert werden konnten. Das auf diese Weise stetig wachsende Bataillon und die Erfahrungswerte der vorangegangenen Jahre erlaubte es dem Führerkorps an den Übungswochenenden mehrere Ausbildungen parallel laufen zu lassen. Ab 2017 wurden auf den Bataillonsübungen nun drei Züge mit unterschiedlichen Inhalten aus- und weitergebildet. Zusätzlich nahm das Bataillon in Zugstärke an der Brigadeübung Haffschild teil und sammelte erste multinationale Erfahrungen mit ebenfalls eingebundenen, amerikanischen Kräften.
2018 erhielt das Bataillon einen Zusatzauftrag: ASSAAllgemeine Streitkräftegemeinsame Soldatische Ausbildung, die Allgemeine Streitkräftegemeinsame Soldatische Ausbildung. Hier konnten ungediente Freiwillige innerhalb von zwei jeweils zwölftägigen Modulen erfolgreich zu Uniformträgern ausgebildet werden. Gemeinsam mit dem Unterstützungsbataillon Einsatz 1 stellte man im Herbst desselben Jahres obendrein eine Übung mit mehr als 200 Teilnehmern auf die Beine. 2019 nahm das Panzergrenadierbataillon 908 mit einem eigenen Zug und acht Schützenpanzern Marder an der Übung Heideschwert teil. Im Jahr darauf kooperierte man erneut mit den Oldenburger Jägern von Einsatz 1. Kommandeur Dubitzky übergab den Verband an seinen Stellvertreter – an Oberstleutnant Torsten Held. Nicht als Kommandeur, sondern als Führer des Bataillons lagen die Geschicke ab dann in seinen Händen. Sie wurden bald auf eine harte Probe gestellt.

Auf den Kommandeurswechsel folgt eine jähe Zäsur

Zwei Soldaten üben mit der Pistole P8 auf einer Schießbahn, im Hintergrund weitere Soldaten.

Schießen lernt man nur durch Schießen: Der Umgang mit Waffen trainieren die Reservisten des Panzergrenadierbataillons 908 auf der Schießbahn immer wieder.

Bundeswehr/Marco Linke

Denn im März 2020 erfuhren sämtliche Ausbildungs- und Übungsvorhaben eine jähe Zäsur: Die Corona-Pandemie bestimmte ab nun für zwei Jahre den Alltag aller. Das übergeordnete Panzergrenadierbrigade 41 fragte bei Held nach möglichen Unterstützungskräften für die Corona-Amtshilfe. Er meldete drei Züge, also mehr als 100 Reservisten, für einen sofortigen Einsatz. Eine enorme Zahl – führt man sich vor Augen, dass diese Männer und Frauen eigentlich ein ziviles Leben führen und durch Familie und Beruf oft gebunden sind. Die Hilfsbereitschaft seiner Soldaten war für den Bataillonsführer überwältigend. Es wurde am Ende der bislang längste, geschlossene Einsatz des Verbandes. Mit mehr als 20 Teilnehmern im Schichtbetrieb leistete das Bataillon über Monate einen großen Beitrag zur Entlastung der aktiven Truppe und zur Bekämpfung der Pandemie in Gesundheitsämtern, in Alten- und Pflegeheimen, in Impfzentren und nicht zuletzt im Bundeskanzleramt. Die Kräfte von 908 waren die letzten der 1. Panzerdivision, die bis spät in das Jahr 2021 noch in Amtshilfeeinsätzen gebunden waren.
Im Laufe desselben Jahres kehrte man nach und nach zum gewohnten Übungsbetrieb zurück. Begonnene Ausbildungen, wie zum Beispiel zum ITInformationstechnik-Soldat oder Aufklärungssoldat bei den Panzergrenadieren, konnten erfolgreich abgeschlossen werden. Auch der bereits seit dem Vorjahr tätige Planungsstab 908, eine dauerhaft eingesetzte Zelle aus Reservistendienstleistenden, hatte sich bewährt. Sie erleichtert seitdem den mittlerweile immensen, bürokratischen Vorlauf der Übungsvorhaben deutlich. Erstmals nahmen Reservistinnen und Reservisten des Verbandes an der anerkannten Mission enhanced Forward Presence teil und halfen dem Panzergrenadierbataillon 411 beim Einsatz in Litauen. Obendrein unterstützte eine Abordnung des Bataillons das Panzergrenadierbataillon 401 im Bataillonsgefechtsstand bei der Brigadeübung Haffexpress in Wildflecken. Gegen Ende des Jahres übernahm Oberstleutnant Held schließlich offiziell das Kommando über das Panzergrenadierbataillon 908.
Seit 2022 ist man zurück im Übungsrhythmus aus mehreren Ausbildungswochenenden jährlich, die jeweils in einer zweiwöchigen Abschlussübung gipfeln, und konnte weitere Akzente in der Aus- und Weiterbildung setzen. So betrieb das Bataillon im Herbst 2023 auf der Übung Haffsprung erstmals einen eigenen Gefechtsstand; tatkräftig unterstützt durch aktive Kameraden der Abteilung Militärische Ausbildung der Panzergrenadierbrigade 41 und andere Verbände aktiver Soldaten, genannt Coleurverbände.

Den stolzen Blick auf das Erreichte nach vorn gerichtet

Ein Soldat mit grünem Barett steht im Freien an einem Rednerpult und spricht.

Oberstleutnant Torsten Held wirft einen stolzen Blick zurück, auf 15 Jahre Panzergrenadierbataillon 908. Das Selbstverständnis des nicht-aktiven Bataillons ist geprägt von militärischen Werten, überdurchschnittlichem Leistungswillen und Loyalität.

Bundeswehr/Marco Linke

Kommandeur Held stellt am Ende seiner Rede in Münster deutlich klar, dass kein Übungsvorhaben der Reservisten in all den Jahren ohne die große Unterstützung aktiver Kräfte möglich gewesen wäre. Die Reserve braucht die aktive Truppe. Doch hat das Panzergrenadierbataillon 908 seit seiner Aufstellung 2008 immer wieder eindrucksvoll bewiesen, dass es auch zurückgeben kann. Mit seinen Kompanien ist das Bataillon heute in Viereck und Hagenow in Mecklenburg-Vorpommern sowie in Augustdorf in Nordrhein-Westfalen stationiert. Die Reservisten des Bataillons unterstützen durch gute Ausbildung und ausgeprägtes Pflichtbewusstsein die aktive Truppe tatkräftig. Sie opfern hierfür, neben ihren zivilen Verpflichtungen, eine Menge Freizeit, mit allen An- und Unannehmlichkeiten als aktiver Reservist. Für ein starkes Heer und eine starke Reserve.
Es war der Enthusiasmus von wenigen, das große Engagement von vielen, der Wille aller, ihr allgegenwärtiges Pflichtgefühl und ihre überdurchschnittliche Motivation, die das Panzergrenadierbataillon 908 zu dem gemacht haben, was es heute ist: ein erstklassiger Verband der deutschen Reserve und ein verlässlicher Partner in der Panzergrenadierbrigade 41.

Wer seinen Beitrag leisten will, ist hier richtig

von Torsten Held und Marco Linke

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