Heer
Modernisierung

Klein, aber oho

Klein, aber oho

Datum:
Ort:
Wildflecken
Lesedauer:
4 MIN

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Wir sind auf dem verschneiten Truppenübungsplatz Wildflecken. Ein Waffenträger Wiesel rollt auf der Schießbahn 9 langsam in Stellung. Doch etwas ist anders als gewohnt. 

Ein Kettenfahrzeug steht im verschneiten Wald und schießt eine Panzerabwehrrakete ab.

Während der Schussabgabe mit dem Waffensystem MELLSMehrrollenfähiges Leichtes Lenkflugkörpersystem blitzt das helle Feuer des Raketenantriebs auf und schiebt den Lenkflugkörper aus der Abschussvorrichtung

Bundeswehr/Andrea Rippstein

Die Waffenanlage auf dem kleinen Kettenfahrzeug wirkt moderner als die seiner Vorgänger. Es ist der Waffenträger Wiesel mit dem neuen Panzerabwehrsystem MELLSMehrrollenfähiges Leichtes Lenkflugkörpersystem (mehrrollenfähiges, leichtes Lenkflugkörpersystem). Dieses System löst schrittweise die Panzerabwehrlenkwaffe MILAN (französische Abkürzung, zu Deutsch: leichte Infanterie-Panzerabwehrrakete) ab. Das Waffensystem MELLSMehrrollenfähiges Leichtes Lenkflugkörpersystem wird schrittweise zur Standardausstattung in der Truppe. Nun wird auch der wendige Wiesel damit ausgestattet.

Oberstabsfeldwebel Jörg P., Hörsaalleiter der II. Inspektion an der Infanterieschule, ist der Leitende des heutigen Schießens. Er kennt sich im scharfen Schuss mit dem System MELLSMehrrollenfähiges Leichtes Lenkflugkörpersystem aus wie kein Zweiter. Allerdings ist die Verbindung von MELLSMehrrollenfähiges Leichtes Lenkflugkörpersystem und Wiesel auch für ihn neu. Kein Wunder, denn heute findet das erste Erprobungsschießen des sogenannten Systemverbunds statt. Die letzten Tage musste sich der Wiesel mit der neuartigen Waffenanlage bereits im Gefechtsdienst auf dem Truppenübungsplatz Hammelburg beweisen.

Man merkt, die Abläufe sitzen, auch wenn der Waffenträger am heutigen Tag mit einer anderen Waffenanlage als gewohnt ausgestattet ist. Doch etwas mehr Spannung als sonst liegt in der Luft. „Polle“, wie der erfahrene Oberstabsfeldwebel von seinem Hörsaalteam genannt wird, ist derjenige, der die Truppe am System ausbildet und wissen muss, welche Inhalte er wie vermittelt. „Der Oberstabsfeldwebel macht das wirklich ausgezeichnet, ein absolutes Lob an ihn“, wirft einer der Trainingsteilnehmer ein. 

Das System MELLSMehrrollenfähiges Leichtes Lenkflugkörpersystem: Die wichtigsten Fakten

Ein kleines Kettenfahrzeug fährt schnell auf einem verschneiten Waldweg.

Trotz seiner überschaubaren Pferdestärken kommt das kompakte Kettenfahrzeug auf 80 Kilometer pro Stunde. Seine Stärken zeigt der Wiesel unter anderem im Wald.

Bundeswehr/FMZ Hammelburg

Gegenüber dem Vorgängersystem MILAN hat MELLSMehrrollenfähiges Leichtes Lenkflugkörpersystem einige Vorteile. Insgesamt sind drei Feuermodi möglich. „Fire & Forget“, also der Abschuss ohne Nachsteuerung, „Fire & Observe“, wobei der Lenkflugkörper bis zum Treffer beobachtet und gegebenenfalls nachgesteuert wird, und schließlich die sogenannte manuelle Steuerung. Bei Letzterem wird der Lenkflugkörper mittels eines Lichtwellenleiters vom Schützen manuell mit einem Steuerelement ins Ziel gebracht. 

Ein weiterer Vorteil ist die variable Flugbahn des Lenkflugkörpers. Neben der niedrigen Flugbahn, wie sie auch das System MILAN beherrscht, besteht die Möglichkeit, den Lenkflugkörper mittels top attack, sprich von oben, in das Ziel zu bringen. „Das, in Verbindung mit der höheren Reichweite von 4.000 Metern, sind die herausstechenden Vorteile des Systems gegenüber dem Vorgänger“, wie der Oberstabsfeldwebel bekräftigt. So können auch weit entfernte Ziele, die sich hinter Deckungen befinden, bekämpft werden. Auch das Wärmebildgerät ist wesentlich leiser als das des Vorgängers. Ein weiterer Vorteil: Das System kann bei Tag, Nacht und eingeschränkter Sicht eingesetzt werden. Insgesamt bringt es gut 25 Kilogramm auf die Waage, wovon allein fast 14 Kilo auf den Lenkflugkörper entfallen. Bedient wird es grundsätzlich vom Richtschützen allein. Doch taktisch eingesetzt wird es im Trupp mehrerer Soldaten, da zusätzliche Munition mitgeführt wird und der Eigenschutz stets gewährleistet sein muss. 

Wendig und extrem flexibel

Der Waffenträger, der mit dem System MELLSMehrrollenfähiges Leichtes Lenkflugkörpersystem eingesetzt wird, ist der Wiesel 1. Er verfügt über einen ausreichenden Dieselmotor mit 87 PS und kann eine Spitzengeschwindigkeit von 80 km/h erreichen bei einer maximalen Reichweite von 550 Kilometern. Durch die Kampfwertsteigerung wurde das frisch überholte Fahrzeug außerdem mit Überrollbügeln, einem Minenschutz, Gurtsitzen und einigen weiteren nützlichen Extras ausgestattet.

Eingesetzt wird der 3,3 Tonnen-Wiesel mit seinen sieben MELLSMehrrollenfähiges Leichtes Lenkflugkörpersystem-Flugkörpern in Zukunft in der Infanterie, also bei den Fallschirm- und Gebirgsjägern sowie in der Jägertruppe. Er dient zum Schutz der eigenen Truppe und zur Bekämpfung von Panzern, gepanzerten und geschützten Fahrzeugen wie auch zur Zerstörung von Hochwertzielen, wie beispielsweise Radarstellungen oder Bunkeranlagen. Ein Blick in das Fahrzeug zeigt: Viel Platz gibt es auf dem Waffenträger nicht. Die Besatzung besteht aus Kraftfahrer, Richtschütze und Kommandant. 

Feuerstrahl wie bei einem Kampfjet

Ein kleines Kettenfahrzeug steht im verschneiten Wald in einer weißen Rauchwolke.

Wie bei den ganz Großen: Egal, ob Panzerhaubitze oder Wiesel, nach der Schussabgabe muss die Stellung rasch gewechselt werden, denn jetzt ist das Fahrzeug für den Feind eindeutig aufzuklären

Bundeswehr/Andrea Rippstein

Der Wiesel steht in der vorgesehenen Stellung, die Waffenanlage ist auf das gepanzerte Ziel gerichtet. Jetzt ist es endlich so weit. Nach Monaten der Vorbereitung steht der entscheidende Moment bevor, der scharfe Schuss.
„Feuer!“, ruft der Kommandant energisch, aber fokussiert. Ein ohrenbetäubendes Zischen hallt durch die winterliche Rhön. Ein Feuerstrahl wie bei einem Kampfjet entfaltet sich hinter dem Wiesel und der Flugkörper geht auf Kurs. Dann folgt ein Moment absoluter Stille. Alle Blicke sind fest auf das Ziel gerichtet. Einige Sekunden später ertönt die Meldung: „Ein feindlicher Kampfpanzer vernichtet“, begleitet vom dumpfen Knall des Einschlags – gefährliche, massive Kampfpanzer sind für die Waffenanlage kein Problem. Man bemerkt sofort die Erleichterung. Alles hat geklappt und niemandem ist etwas passiert: „Jawoll!“, hört man den Leitenden aus dem Hintergrund rufen. Leitungs- und Funktionspersonal wie auch die Besatzung des Wiesels sind zufrieden. Insgesamt zehn Lenkflugkörper wurden an diesem Tag verschossen. Ein erfolgreiches Schießvorhaben, frisch ausgebildete Schießlehrer und ein neues Waffensystem für die Truppe sind das Ergebnis des Tages.

Waffenträger Wiesel im scharfen Schuss

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Oberstabsfeldwebel Jörg Michael P. ist Fachmann für den scharfen Schuss mit dem Waffensystem MELLSMehrrollenfähiges Leichtes Lenkflugkörpersystem. Auf dem Übungsplatz in Wildflecken begleiten wir ihn und seine Kameraden beim ersten Schuss mit dem Waffenträger Wiesel 1.


von Thomas Heinl

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