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Heer
Fahrerausbildung

Zehn Tonnen Kampfmunition in vereister Schräglage

Ausbildung
Datum:
Ort:
Baumholder
Lesedauer:
4 MIN

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Die Feuerkraft der in Stellung liegenden Fallschirmjägerkompanie ist enorm – aber mit jeder weiteren Stunde Gefecht schwindet der Munitionsbestand der Infanteristen. Das Gefecht der Kompanie funktioniert nur so lange, wie der Nachschub an Gefechtsmunition nicht abreißt. „Gerade bei diesem Wetter kommt es dann auf die Kraftfahrer an. Die Munition muss pünktlich an den Verteilerpunkten zur Verfügung stehen“, erklärt André B. Er ist Kraftfahrfeldwebel und Ausbilder.

Ein Lkw durchfährt im Sonnenschein ein angefrorenes Schlammloch.

Übungsplatz Baumholder: Bei der Übung Flammenträger trainieren Soldatinnen und Soldaten des Fallschirmjägerregiments 26 aus Zweibrücken mit ihren Fahrzeugen auf der Geländelehrbahn

Bundeswehr/Marco Dorow

Die Übung Flammenträger hat enorme Dimensionen, fast 250 Fahrzeuge sind dabei auf dem Truppenübungsplatz Baumholder unterwegs. Mitten im Gefecht, aber auch in der gesamten Organisation drumherum werden Fahrzeuge ständig bewegt. „Im Gefecht oder auch besser gesagt am Rande des Gefechtes spielt Logistik eine wesentliche Rolle. Die Gefechtsfahrzeuge und die Transportfahrzeuge sind dabei immer nur so gut wie die Kraftfahrer, die auf den Fahrerplätzen sitzen“, beschreibt Stabsfeldwebel André B. aus der 8. Kompanie des Fallschirmjägerregiments 26. Der erfahrene Kraftfahrfeldwebel erklärt weiter, wenn man vom Kämpfen spreche, habe man natürlich sofort den Infanteristen mit seiner präzisen Waffenwirkung im Kopf. „Das ist auch richtig, aber nur wenn der Infanterist mit allem versorgt wird, was er dazu benötigt, ist sein Einsatzwert entsprechend hoch.“

Und um genau das zu erreichen, bildet der Kraftfahrfeldwebel in rotierenden Durchgängen rund 50 Soldatinnen und Soldaten an drei Stationen mit rund 20 Fahrzeugen aus. Sein Ausbildungsplatz ist die Geländelehrbahn auf dem Truppenübungsplatz Baumholder.

Angst aus – Motor an

Für die Kraftfahrer bedeutet die Ausbildung, sich selbst zu überwinden und der Technik zu vertrauen

„Ja, wir sind hier in einer künstlichen Umgebung, alle Hindernisse und Passagen, die unsere Kraftfahrer durchfahren, sind speziell für die Ausbildung mit Kraftfahrzeugen hergestellt. Das ist immer noch etwas anderes als freies Gelände in einem Gefechtsstreifen, aber hier können wir uns gezielt an Grenzen herantasten“, beschreibt André B. Grenzen in der Fahrausbildung gebe es immer mindestens zweimal, einmal die physikalisch-technischen, also beispielsweise der Punkt, an dem das Fahrzeug tatsächlich kippen würden. Das andere sei der Kraftfahrer, also die Komponente Mensch, und genau das sei der Punkt, warum man hier auf der Geländelehrbahn ausbilde.

„Es geht darum, die riesigen, tonnenschweren Fahrzeuge sicher und gezielt in schwerem Gelände zu bewegen. Bei sonnigen 14 Grad und trockener Asphaltstraße sicherlich keine Herausforderung. Aber mit knapp zehn Tonnen Gefechtsmunition auf der Ladefläche sich haarscharf an der Kippgrenze des Lkws durch schweres, teils gefrorenes Gelände zu manövrieren, ist etwas anderes.“ Die Ausbildung hat dabei viele Facetten. Eine davon ist Angst: Für die Kraftfahrer geht es dabei nicht darum, die Angst völlig auszuschalten, sondern durch gemachte Erfahrungen, das eigene Spektrum zu erweitern und gemeinsam mit der Technik die Aufgabe zu meistern. Und vielleicht doch die Munition durch die schwierige Passage zu transportieren und nicht stecken zu bleiben.

Kann ein Lkw kippen?

Ein Lkw durchfährt mit deutlicher Querneigung einen Schräghang.

In der Kurve am Schräghang wird es mulmig in der Magengrube. Tipp vom Ausbilder: Wenn der Wagen kippt, in die Kipprichtung lenken.

Bundeswehr/Marco Dorow

Oberstabsgefreiter Sebastian T. bezeichnet sich selbst als erfahrenen Kraftfahrer. Seit zwölf Jahren hat er schon den Dienstführerschein und ist auf gleich mehreren großen Transportfahrzeugen unterwegs. In der 8. Kompanie bewegt er alles, was irgendwie auf die Ladeflächen der Fahrzeuge verladen werden kann. „In meinem Fahrtennachweisheft oder auch Fahrtenbuch stehen bereits mehr als 70.000 Lkw-Kilometer.“ Der Fallschirmjäger vertraut auf seine Technik und Ausrüstung, sein neuer Lkw hat nur rund 20.000 Kilometer auf der Uhr. Querneigung und Kurvenfahrt sind eine Mischung, die auch er noch immer in seiner Magengrube spürt. „Das Gefühl ist unbeschreiblich, so weit oben in dem federnd gelagerten Fahrerhaus denkst du, die Kiste kippt jeden Moment um. Selbst das Sitzenbleiben auf den Sitzen wird dabei schwierig und rein technisch geht dabei immer noch mehr. Wirklich kippen, tut der Lkw noch lange nicht.“

Die Soldaten durchfahren die Hindernisse in immer wiederkehrenden Zyklen, aber verändern dabei die fahrtechnischen Parameter ihrer Fahrzeuge: mal etwas schneller, mit mehr Lenkeinschlag, die Kurve weiter oben angesetzt oder den Bremspunkt verlegt und das Fahrzeug weiter ausrollen lassen. Mit immer neuen Impulsen treibt der Kraftfahrfeldwebel die Ausbildung voran. Erfahrungen sammeln und merken, was geht – das ist die Methodik der Ausbildung. Genau auf diese Erkenntnis hat es der Ausbilder und Kraftfahrfeldwebel André B. abgesehen. „Erfahrung ist das höchste Gut, was wir hier heute auf der Geländelehrbahn sammeln.“

„90 Prozent des täglichen Dienstgeschäftes fahren unsere Kraftfahrer auf befestigten Straßen. Um im Gefecht zu bestehen, muss es auch im Gelände klappen. In unseren schwer beladenen Lkws brauchen wir keine Angsthasen, aber auch keine Rambos, die mit Vollgas die Technik an die Wand fahren“, fasst der Stabsfeldwebel den Ausbildungstag zusammen. Die Ausbildung halte er für erfüllt, wenn die Kraftfahrer das Unmögliche möglich machen und ihre Ladung dort hinbringen, wo die Infanteristen sie für das Gefecht brauchen.

Die Kraftfahrer testen sich aus

von René Hinz

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