Heer
Weiterbildung für Kompaniechefs

Zur Not leitet die Kampftruppe das Mörserfeuer selbst

Zur Not leitet die Kampftruppe das Mörserfeuer selbst

Datum:
Ort:
Wildflecken
Lesedauer:
3 MIN

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Normalerweise leiten Spezialisten die Feuerunterstützung durch Mörser und Artillerie im Kampf. Aber kann die Kampftruppe die Feuerunterstützung im Ernstfall auch selbst leiten? Wie das geht, zeigt das Jägerbataillon 1 aus Schwarzenborn mit einer mehrtägigen Weiterbildung für das Führungspersonal auf dem Truppenübungsplatz Wildflecken.

Ein Feuerball steigt aus dem senkrecht stehenden Mörser, an dem sich zwei Soldaten ducken.

Mit dem 120-Millimeter-Mörser können die Trupps Ziele in Entfernungen über 6.000 Meter wirksam bekämpfen

Bundeswehr/Thorben Schreiber

Kampftruppenbataillone des Heeres werden im Gefecht durch weitreichendes und enorm wirksames Artillerie- oder Mörserfeuer unterstützt. Normalerweise übernehmen Feuerunterstützungsteams, international auch Joint Fire Support Teams genannt, die Zielaufklärung und Anforderung des sogenannten Steilfeuers. Sie sind mit den Kampfkompanien an vorderster Front eingesetzt. Doch was passiert, wenn diese Spezialisten nicht zur Verfügung stehen oder wenn Funksysteme und technische Aufklärungsmittel nicht mehr einsatzbereit sind? In dieser Situation greift das Heer auf ein bewährtes Notverfahren zurück. Im sogenannten Sehstreifenverfahren kann das Artillerie- oder Mörserfeuer durch die Kampftruppe selbstständig ins Ziel gelenkt werden – eine Fähigkeit, die geübt und beherrscht werden muss. In einer mehrtägigen Weiterbildung hat das Jägerbataillon 1 aus Schwarzenborn dem Führerkorps der Panzerbrigade 21 „Lipperland“ dieses bewährte Verfahren wieder nähergebracht. Höhepunkt der Ausbildung: der scharfe Schuss auf dem Truppenübungsplatz Wildflecken.

Am Ende des Trainings der scharfe Schuss

Zahlreiche Soldaten stehen um ein Geländemodell im Wald. Zwei Soldaten erklären daran das Gelände.

Am Geländesandkasten, einem Geländemodell, wird dem Führungspersonal der „Lipperland“-Brigade die taktische Lage der Übung und der Ablauf des bevorstehenden Mörserschießens erläutert

Bundeswehr/Nicolai Ulbrich

Ende September stand zunächst der Grundlagenunterricht in Augustdorf auf dem Programm, bevor Mitte Oktober das erste Mal im Simulator in Schwarzenborn das Verfahren im virtuellen Gefecht praktisch angewendet werden konnte. Das Simulatortraining bringt üblicherweise die nötige Sicherheit bei den Verfahren, bevor tatsächlich mit scharfer Munition geschossen wird. Mit dem scharfen Mörserschießen in der bayerischen Rhön fand die Brigadeweiterbildung einen eindrucksvollen Abschluss. Die Soldatinnen und Soldaten der 5. Kompanie des Jägerbataillons 1 zeigten mit ihren 120-Millimeter-Mörsern, wie Feuerunterstützung für die Kampftruppe im Gefecht aussehen kann. Ausgewählte Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhielten in Wildflecken die Gelegenheit, das Standardverfahren live auszuprobieren. Die Zielmeldung, die über Funk an die Feuerleitstelle gegeben wird, enthält neben den Koordinaten und der Beschreibung der Feindkräfte eilig ermittelte Angaben zur Beobachtungslinie zum jeweiligen Ziel. Diese wird als vierstellige Marschkompasszahl angegeben. Die Ausdehnung des Zielraumes im Gelände wird nach demselben Verfahren übermittelt. Auf dieser Zielachse wird das Steilfeuer verteilt, um den gesamten Raum abzudecken.

Nach der Meldung der Feuerbereitschaft eröffnen die Steilfeuer-Profis den Feuerkampf auf die gemeldeten Feindkräfte. Durch genaue Schussbeobachtung durch die Kampftruppe kann das Steilfeuer dann so verlagert werden, dass alle Treffer im Zielraum liegen. „Diese Brigadeweiterbildung richtet sich vornehmlich an Kompaniechefs und Zugführer der Kampftruppe, die dieses Verfahren im Gefecht zwingend beherrschen müssen“, erklärt Oberstleutnant Michael S. vom Stab der Panzerbrigade 21. Der ausgebildete Artilleriestabsoffizier kennt die Grundsätze der taktischen Feuerunterstützung im Detail.

Noch lange kein altes Eisen

Vier Soldaten schießen auf einer Waldlichtung mit einem Mörser, ein gelber Feuerball entsteht.

Mörsertrupps sind ein eingespieltes Team. Mit dem Geländewagen Wolf (im Hintergrund) transportieren sie Munition, Waffen und Personal in den befohlenen Feuerstellungsraum und sind binnen kürzester Zeit einsatzbereit.

Bundeswehr/Thorben Schreiber

Für Hauptmann Felix E. bot die Weiterbildung der Augustdorfer Kampftruppenbrigade eine besondere Möglichkeit, die Leistungsfähigkeit des Mörserzuges der 5. Kompanie seinen Kameradinnen und Kameraden aus den Schwesterbataillonen näherzubringen: „Ich freue mich, dass wir im scharfen Schuss unter Beweis stellen konnten, dass der 120-Millimeter-Mörser keinesfalls zum alten Eisen gehört“, betont der Zugführeroffizier. Mörserschießen sei eben noch echtes Handwerk und körperlich enorm fordernd. Tatsächlich wird der M120-Tampella-Mörser seit den frühen Neunzigerjahren in der Bundeswehr eingesetzt. Das Schießen mit dem Mörser selbst hat sogar eine deutlich längere Geschichte. Der erste Einsatz von Mörsern, die sich technisch noch stark von den heutigen Modellen unterschieden, erfolgte bereits im späten Mittelalter während der Eroberung von Konstantinopel (1453). Er war von Anfang an als eine Vorderlader-Steilfeuerwaffe konzipiert und unterstützt hauptsächlich den Kampf der Infanterie gegen Flächenziele.

Heutzutage werden mit ihm neben Sprengpatronen auch Leuchtpatronen für die Gefechtsfeldbeleuchtung und Nebelpatronen verschossen, die dem Feind die Sicht erschweren. Mit einem Gesamtgewicht von 160 Kilogramm ist der Tampella-Mörser keinesfalls ein Leichtgewicht. Allein eine einzige Patrone wiegt fast 14 Kilogramm. Der ständige Wechsel der Feuerstellungsräume sowie der Feuerkampf mit dem Vorderlader-Mörser, einschließlich der Ladetätigkeiten, verlangen den Männern des Mörserzuges aus Schwarzenborn einiges ab. So sind die Soldaten um ihren Zugführer, Hauptmann Felix E., stolz auf ihre Fähigkeiten. Mit einer Reichweite von über sechs Kilometern unterstützen sie die Kampftruppen der Brigade feuerstark, mit Mörserfeuer bei Tag und Nacht.


von Martin  Waltemathe

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