Luftwaffe

Eurofighter wird flugtauglich gemacht

Eurofighter wird flugtauglich gemacht

Datum:
Ort:
Manching
Lesedauer:
3 MIN

Nach elfjährigem Dasein als Ausbildungsobjekt soll ein Eurofighter wieder fliegen. Dafür muss er bei Airbus aber erst einmal gründlich durchgecheckt werden.

Um Platz für den überbreiten Transport zu machen, werden Ampeln und Verkehrsschilder vom städtischen Bauhof demontiert.

Kritische Stellen auf der 300 Kilometer langen Route nach Manching warten schon gleich beim Start in Kaufbeuren: Zahlreiche Ampeln und Wegweiser müssen dem 11,30 Meter breiten Eurofighter weichen.

Bundeswehr/Max-Joseph Kronenbitter

Der vorerst letzte Flug für den 31+15 ist gar kein richtiger. Vom Lkw-Tieflader schwebt der Eurofighter am Schwerlastkran hängend quer durch die Halle über viele andere Artgenossen aus verschiedenen deutschen Geschwadern hinweg bis zum Dock 8. Dort wird der seiner Triebwerke und des Seitenleitwerks beraubte, zehn Tonnen schwere Kampfjet behutsam abgesetzt und auf Stützen aufgebockt. Nach Tausenden von angehenden Luftfahrzeugtechnikern schrauben jetzt eine Handvoll Profis an dem grauen Vogel in der großen Airbus-Halle. Ihr Auftrag: Wiederherstellung der Flugtauglichkeit.

Straßentransport vor Tausenden Schaulustigen

Zwei Tage zuvor begann der überbreite Sondertransport seine holprige Reise beim Technischen Ausbildungszentrum der Luftwaffe, Abteilung Süd, in Kaufbeuren. Als Ausbildungsluftfahrzeug hatte der Eurofighter seine Flugzulassung längst verloren. Deswegen blieb nur der Straßentransport zur Industrie nach Manching bei Ingolstadt. Autobahn statt Luftlinie, Schrittgeschwindigkeit statt Schallgeschwindigkeit, zwölf Stunden Fahrtzeit statt zwölf Minuten Flugzeit: Der Eurofighter 31+15 entdeckte gezwungenermaßen die Langsamkeit.

Auf einem Autobahnparkplatz muss der Sondertransport die nächste Nacht abwarten, dann darf er wieder auf die Straße.

Hier bitte Parken: Wegen unpassierbarer Autobahnbaustellen muss der 11,30 Meter breite Sondertransport einen Umweg über Ulm nehmen und auf einem Parkplatz die nächste Nacht für die Weiterfahrt abwarten.

Bundeswehr/Max-Joseph Kronenbitter
Der Schwertransport steht auf einem Autobahnparkplatz.

Irgendwo auf einem für den normalen Verkehr gesperrten Autobahnparkplatz zwischen Ulm und Augsburg. Der Sondertransport darf nur in der verkehrsarmen Nachtzeit fahren.

Bundeswehr/Max-Joseph Kronenbitter

Im Stadtgebiet von Kaufbeuren herrscht immer Volksfeststimmung, wenn mal wieder eines von vier Flugzeugen ausgetauscht wird (das nächste Mal Ende September): Picknick auf Decken, Campingstühle und Top-Gun-Songs. Sogar Thorsten, den präzisen Fahrer der kostbaren Fracht, kennen die Kaufbeurer schon und applaudieren ihm. Der 11,30 Meter breite Transport darf nur nachts in der verkehrsarmen Zeit fahren. Die durch Umwege über 300 Kilometer lange Strecke war in einer Nacht aber nicht zu schaffen.

Technikerausbildung immer an der jüngsten Entwicklungsstufe

Deswegen stand der Eurofighter, von Feldjägern bewacht, einen Tag lang auf einem komplett gesperrten Autobahnrastplatz. „Zweck des Austausches ist es, die angehenden Luftfahrzeugtechniker aller Fachbereiche an den jeweils aktuellen Flugzeug-Modifikationen ausbilden zu können“, erklärt Stabsfeldwebel Marcus Wirsen, der für die Kaufbeurer Eurofighter technisch Verantwortliche. Denn auf dem Fliegerhorst am Rande der Allgäuer Alpen werden Tornado- und Eurofighter-Techniker aus der gesamten Luftwaffe ausgebildet.

Zurück zur Eurofighter-Halle in Manching: Soldaten und Angestellte von Airbus, die dort im Rahmen der Eurofighter Kooperation Zelle (EKZ) Hand in Hand arbeiten, beginnen mit der weitgehenden Zerlegung des Flugzeugs. Nur die Tragflächen bleiben dran. Die Befundung der ausgebauten Teile wie der Zelle schließt sich an. „Wir haben im Vorfeld mit der Luftwaffe die notwendigen Arbeiten und den Aufwand hierfür abgestimmt“, berichtet Patrick Wittstadt, Bereichsleiter für den Herstell- und Instandhaltungsbetrieb von Kampfflugzeugen bei Airbus. Weil der 31+15 schon so lange nicht mehr in der Luft war und so viele Leute daran geschraubt haben, einigen sich die Experten darauf, etwas genauer hinzuschauen und die große, 800-Flugstunden-Inspektion vorzuziehen – obwohl die Kaufbeurer Sondermaschine erst 115 Stunden „auf der Uhr“ hat.

Eingepfercht von Leitern, Stützen und Gerüsten wird der Ausbildungs-Eurofighter bei Airbus wieder flugfähig gemacht.

Voll eingerüstet im Dock 8: In der Airbus-Flugbetriebshalle erhält der 31+15 eine 800-Flugstunden-Inspektion und neue Modifikationen.

Bundeswehr/Max-Joseph Kronenbitter

Generalüberholung dauert Monate

Ein knappes Jahr haben Techniker aus allen möglichen Fachgruppen wie Avionik, (Struktur-)Mechanik, Elektrik, Kraftstoff, Triebwerk, Hochfrequenztechnik und zerstörungsfreie Werkstoffprüfung Zeit, den Eurofighter auf Herz und Nieren zu prüfen und gegebenenfalls Teile von rund 2.000 Airbus-Zulieferern auszutauschen. „Das Einrüsten aller notwendigen Modifikationen für die Wiederinbetriebnahme nimmt einen großen Teil der Zeit während der Instandsetzung ein“, sagt Patrick Wittstadt. Dazu verlässt der Eurofighter mit der Seriennummer AS0008 (Austrian Singleseater), wie der ursprünglich für die österreichische Luftwaffe vorgesehene Tranche 2-Flieger bei Airbus heißt, seinen Dockplatz nicht.

Nach dem Rollout folgen umfangreiche Tests

Auch die meisten der sich anschließenden Tests finden in dieser pieksauberen Airbus-Halle statt, in der gleichzeitig bis zu 15 Eurofighter gewartet werden können. „Nur das Kraftstoffsystem, die Selbstverteidigungsmaßnahmen und die Triebwerke testen wir außerhalb, in speziell dafür vorgesehenen Hallen“, berichtet Wittstadt weiter.

Nachdem die letzten Klappen geschlossen wurden, soll ein Airbus-Pilot mit dem generalüberholten Jet zu einem Nachprüfflug in den oberbayerischen Himmel starten. Welcher Verband dann den kampfwertgesteigerten Flieger abholen und sein Geschwaderwappen an das Seitenleitwerk kleben darf, hat das Eurofighter-Flottenmanagement noch nicht entschieden.

Der Aufkleber der Eurofighter Kooperation Zelle. Bei dieser arbeiten Soldaten und Airbus-Angestellte gemeinsam an den Kampfjets.

Luftwaffensoldaten und Airbus-Angestellte arbeiten im Rahmen der Eurofighter Kooperation Zelle (EKZ) gemeinsam an den Kampfjets

Bundeswehr/Max-Joseph Kronenbitter
von Max-Joseph Kronenbitter