Friesischer Löwe: Die Objektschützer im Training
Ausbildung- Datum:
- Ort:
- Schortens
- Lesedauer:
- 3 MIN
Das Objektschutzregiment der Luftwaffe „Friesland“ ist ein Einsatzverband. Ist es nicht im Einsatz, so trainiert es dafür – wie aktuell in Niedersachsen und Bremen.
Der Teil der Übungsreihe „Friesischer Löwe“ legt das Hauptaugenmerk auf die Verlegung einer Kolonne durch potenziell feindliches Gebiet
Bundeswehr/Sandra SüßmuthWährend die Sonne über der Weser gerade aufgegangen ist, tönt das monotone Rattern von Rotorblättern durch die morgendliche Stille am Bremer Ufer. Ein olivgrüner NH90 des Deutschen Heeres fliegt tiefe Kreise über einem freien Feld, bevor er landet und vier bewaffnete Soldaten absetzt. Sofort verschwinden sie im Dickicht und sichern die Umgebung. Keine fünf Sekunden später ist der Hubschrauber wieder in der Luft und verschwindet. Doch was ist da los?
Der NH90 landet nur für wenige Sekunden, um die Infanteristen abzusetzen, die die Weserüberfahrt der Objektschutz-Kolonne sichern sollen
Bundeswehr/Phurin ChaphaIn Niedersachsen und Bremen wurde es wieder laut. Der Grund: Das Objektschutzregiment der Luftwaffe „Friesland“ steckt mitten in seiner Langzeitübung „Friesischer Löwe 2021“. Diese Übung unterscheidet sich maßgeblich von vorherigen, denn die einzelnen Fähigkeiten des Verbandes üben miteinander, nicht wie sonst oft üblich, separat und für sich: Angefangen von den Pionieren über die Infanteristen, bis hin zu den Spezialisten des EODExplosive Ordnance Disposal, also der Kampfmittelabwehr. Im September dieses Jahres wird der „Friesische Löwe 2021“ abschließend in der größten seiner Teilübungen gipfeln. Dann stehen für zwei Wochen alle Zeichen auf „Aufbau, Schutz und Betrieb eines Einsatzflugplatzes“ – das Kerngeschäft des Objektschutzregimentes der Luftwaffe.
Den Einsatzflugplatz gilt es stets zu sichern: dafür wurde die Luftwaffeninfanterie ausgebildet
Bundeswehr/Sandra SüßmuthDer Kommandeur der Objektschützer propagiert seinen Verband als „Schweizer Taschenmesser“ – und das mit Recht. An der Übung im Norden Deutschlands nehmen über 160 Soldatinnen und Soldaten teil. Sie machen sich in den frühen Morgenstunden des 17.Mai mit über 55 Fahrzeugen auf den Weg. Dieser Teil des Friesischen Löwen ist eine Verlegeübung. Hierbei wird, wie es der Name verrät, die Verlegung trainiert.
null
Doch es ist kein schlichtes Fahren von A nach B. Die Übungsteilnehmerinnen und -teilnehmer leben für fünf Tage in einer fiktiven Lage. Sie verlassen sicheres Gebiet mit dem Grenzübertritt nach Frieslanien – potenzielles Feindesland. Ab diesem Moment wird sich dementsprechend verhalten – eben taktisch. Es wird eng gefahren, versteckt geparkt und stets gesichert. Die Infanteristen des Luftwaffenverbandes haben den Auftrag ihre „weichen“ Ziele zu schützen. Weiche Ziele sind hier beispielsweise die Logistiker, der ITInformationstechnik-Bereich oder die Sanitäter; eben die Kräfte in ungeschützten Fahrzeugen.
Nachdem die Kolonne täglich etwa hundert Kilometer zurückgelegt hat, ziehen die 165 Soldatinnen und Soldaten auf verschiedenen Standortübungsplätzen unter. Da sie sich im Szenario in einem potenziell feindlichen Gebiet befinden, ist die eigene …
Bundeswehr/Sandra SüßmuthDie Verlegung einer Kolonne über freie bundesdeutsche Straßen ist eine Herausforderung. Kommunen und Gemeinden müssen informiert werden, Polizeidienststellen vorgewarnt, die Bevölkerung beruhigt. Denn auch wenn die Bundeswehr mit ihren Verbänden in Friesland tief verwurzelt ist, ist das Bild was sich bietet, nicht alltäglich.
Von Schortens, über Schwanewede und Bümmerstede nach Brockzetel und am Ende zurück nach Schortens. Etwa 400 Kilometer legen die Objektschützer zurück. Und dabei fahren sie nicht nur wendige Fahrzeuge. Vom Tieflader bis hin zum gepanzerten Bergekran haben sie alles dabei. Entsprechend gespannt blickten alle dem Highlight der Fahrt entgegen: Ihre Route führte die Objektschützer über die Weser. Deshalb wurde das öffentliche Verkehrsmittel „Fähre“ in die Planung der Übung einbezogen. So setzen über 55 Fahrzeuge an das andere Ufer der Weser über.
Auch die Überfahrt wird durch den infanteristischen Teil des Regimentes gesichert. Mit an Bord: das schwere Maschinengewehr.
Bundeswehr/Sandra SüßmuthZahlreiche Schaulustige zu beiden Ufern beobachteten dieses Spektakel und auch für den Kapitän der Fähre war der Tag besonders. Schiffsführer Henryck Tinius ist aber dennoch gelassen: „Ich habe es zwar noch nicht erlebt, aber es kann natürlich immer etwas passieren. Aber die Fähre kann in Summe mehr als 200 Tonnen Gewicht aufnehmen. Neben den Kran passen also auch noch ein paar zivile Autos.“
Doch manche Dinge lassen sich nicht so einfach planen und berechnen. Oberstleutnant Zielinski, stellvertretender Kommandeur des Verbandes, sagt es treffend: „Wir haben schon viel gelernt. Zum Beispiel, dass alle Pläne eine Halbwertszeit von einer halben Stunde haben. Verkehr lässt sich nicht berechnen.“ Gegen neun Uhr rollen dann aber die ersten gepanzerten Fahrzeuge an Deck.
Mit etwas Verzögerung durch die Rush-Hour auf den Bremer Straßen rollen die 55, zum Teil gepanzerten Fahrzeuge auf die Fähre in Farge
Bundeswehr/Sandra SüßmuthAm Ende der Route treffen dennoch alle Soldatinnen und Soldaten pünktlich mit ihren Fahrzeugen in Schortens ein. Nun folgt das eigentliche Ziel der Übung: Einen Einsatzflugplatz aufbauen, schützen und betreiben, denn am Folgetag landet eine Transall C-160. Bis dahin gibt es einiges zu tun. Alle Fähigkeiten sind erneut gefragt. Infanteristen sichern den Übungsraum auf dem stillgelegten Flugplatz Jever; Kameraden vom Kampfmittelräumdienst orten Blindgänger und Raketen und entschärfen sie; die Luftwaffenpioniere und Logistiker schaffen Fahr- und Flugzeugwracks von der Start- und Landebahn. Und alle folgen dem einen Grundsatz: Semper communis – immer gemeinsam.
Die Logistikschule in Garlstedt ist im Übungsszenario die letzte sichere Stadt, vor Frieslanien – dem potenziell feindlichen Gebiet, dass der Konvoi in den nächsten vier Tagen durchqueren muss
Bundeswehr/Birthe Brechters
Die Zufahrt zum Standortübungsplatz Schwanewede simuliert die Grenze nach Frieslanien. Hier rollt der Konvoi mit über 50 Fahrzeugen ins feindliche Land.
Bundeswehr/Phurin Chapha
Die Infanteristen in ihren geschützten Dingos und Eagles sichern die „Weichziele“ des Verbandes; also die Teile, die über ungepanzerte Fahrzeuge verfügen
Bundeswehr/Sandra Süßmuth
Der mittelschwere Transporthubschrauber NH90 gehört zum Heer und unterstützt die Luftwaffensoldaten auf ihrer Übung. Er liefert Lebensmittel und Wasser für die autark lebenden Truppenteile.
Bundeswehr/Sandra Süßmuth
Auch der 44 Tonnen schwere Bergekran der Objektschützer ist Teil des Konvois und muss mit der Fähre über die Weser setzen
Bundeswehr/Sandra Süßmuth
Semper communis – immer gemeinsam. Unter dem Motto des Verbandes gehen die unterschiedlichen Fähigkeiten dieser Tage gemeinsam auf eine Übung.
Bundeswehr/Birthe Brechters
Die Luftwaffeninfanterie sichert die Weichziele des Konvois, unter anderem die Sanitäter und die ITInformationstechnik-Spezialisten
Bundeswehr/Birthe Brechters
Zieht der Konvoi für die Nacht unter, wird nach Anweisung geparkt. Jedes Fahrzeug bekommt dabei seinen eigenen, taktisch sinnvollen Stellplatz zugewiesen.
Bundeswehr/Sandra Süßmuth