Pandemiebekämpfung: Sechs Wochen lang sieben Tage pro Woche
Pandemiebekämpfung: Sechs Wochen lang sieben Tage pro Woche
- Datum:
- Ort:
- Nörvenich
- Lesedauer:
- 4 MIN
Die Bundeswehr leistet im Münch-Stift Erftstadt unterstützend Amtshilfe. Einer, der sich freiwillig gemeldet hat, ist Oberfeldwebel Schuh. Der gelernte Fluggerätemechaniker schraubt normalerweise am Eurofighter. Für den Einsatz im Pflegeheim legt er das Werkzeug beiseite, um zu helfen. Beheimatet im Taktischen Luftwaffengeschwader 31 „Boelcke“ in Nörvenich, leistet Oberfeldwebel Schuh seit knapp fünf Jahren seinen Dienst in der Luftwaffe, doch er war nicht immer Fluggerätmechaniker. Im Interview teilt Oberfeldwebel Schuh seine Erfahrungen, positive wie negative, die er in der Amtshilfe gesammelt hat.
Herr Oberfeldwebel, wie sind Sie Fluggerätmechaniker geworden?
Mein Weg führte mich nach meinem Realschulabschluss zu VW und Audi. Dort absolvierte ich eine Ausbildung zum KfzKraftfahrzeug-Mechatroniker. 2011 trat ich meinen freiwilligen Wehrdienst bei der Bundeswehr an, weil mich das Militär interessiert hat und ich mir ein Bild von der Truppe machen wollte. Ich habe fünf Jahre als Mannschafter im Heer an den Standorten Augustdorf und Unna gedient und für mich entschieden eine höhere Laufbahn anzustreben. Ich bewarb mich über das Karrierecenter auf eine Stelle als Fluggerätfeldwebel für den Eurofighter. Heute bin ich froh, diesen Schritt gemacht zu haben und stolz, ein Teil dieses Traditionsgeschwaders zu sein.
Was ist normalerweise Ihre Aufgabe im täglichen Dienst?
Ich bin als Fluggerätmechanikerfeldwebel Eurofighter im Bereich Rettungssystem tätig. Meine Aufgaben sind die Wartung, Instandhaltung und Reparatur des Rettungssystems, welches den Schleudersitz, die Kabinen-Abwurfanlage und die Fliegersonderbekleidung der Piloten umfasst.
Haben Sie sich aktiv um einen Platz im Amtshilfekontingent bemüht?
Als bei uns die Bereitschaftsabfrage für die Amtshilfe kam, war für mich sehr schnell klar, einen Beitrag leisten zu wollen.
Warum haben Sie sich dafür gemeldet?
Ich habe ein Gelöbnis abgelegt. Ich finde es gut, dass der Fokus der Bundeswehr nicht allein auf der Bündnis- oder Landesverteidigung liegt, sondern eben auch auf Amts- und Katastrophenhilfe. Ich fand es auch sehr gut, dass es ein lokaler Einsatz war, der das Gebiet um Nörvenich herum betraf. Es war eine einzigartige Möglichkeit, den Menschen ein anderes Gesicht der Bundeswehr zu zeigen und deren Meinung vielleicht positiv zu verändern. Da ich einen großen Teil meiner Kindheit bei meinen Großeltern aufgewachsen bin, war es für mich auch ein sehr persönliches Anliegen, den Dienst im Pflegeheim zu leisten, da dort unsere alten und hilfsbedürftigen Menschen leben. Außerdem sind die Menschen in Pflegeberufen schon unter normalen Umständen genug belastet.
Wo waren Sie eingesetzt?
Meinen Amtshilfe-Einsatz habe ich vom 25. Januar bis 7. März 2021 im Münch-Stift in Erftstadt absolviert.
Wie läuft ein Tag in der Amtshilfe ab?
Der Tag bestand daraus, dass wir in voller Schutzmontur – FFP2-Maske, Gesichtsschutz, Kittel und Handschuhe – täglich Mitarbeiter und Besucher auf das Virus getestet haben. Anfangs, muss ich sagen, waren die Hemmungen sehr groß. Dies beruhte auf Gegenseitigkeit. Wir hatten es dort mit vielen Krankheitsbildern zu tun. Demenz, Schizophrenie, Wachkoma und viele weitere Krankheiten, mit denen viele von uns vorher nie in Berührung gekommen sind. Auch Todesfälle gab es immer wieder.
Konnten Sie die anfänglichen Berührungsängste abbauen?
Diese Hemmungen verschwanden im Laufe der ersten Woche immer mehr. Wir wurden mit offenen Armen empfangen und auch die Akzeptanz der Menschen war schnell sehr hoch. Wir lernten die Leute besser kennen und bauten zu den Bewohnern des Pflegeheims eine Beziehung auf. Wir erfuhren sehr viel über ihr Leben und nahmen uns auch Zeit für Gespräche. Der Umgang wurde immer liebevoller und vertrauter und die Dankbarkeit war in fast jeder Sekunde unserer Arbeit zu spüren. Das war am Ende des Tages das, was ich positiv mit nach Hause genommen habe und das, was mich dazu angetrieben hat, sechs Wochen lang sieben Tage pro Woche zu arbeiten und das Privatleben hintanzustellen.
Glauben Sie, dass der Einsatz in der Amtshilfe wertvoll war?
Da bin ich mir sicher, da die Pflegekräfte sowieso schon durch ihre tägliche Arbeit stark belastet sind. Durch unsere Hilfe konnten sie sich mit einem ruhigem Gewissen auf ihren Job konzentrieren. Für mich und meine Kameraden war das eine völlig neue Aufgabe und eine neue Erfahrung, an der ich persönlich gewachsen bin und Einblicke für mein Leben gewinnen konnte.
Gibt es etwas, das Sie nach Ihrem Einsatz vermissen werden?
Ich werde die Gespräche mit den Menschen dort und ihre Dankbarkeit vermissen, da ich zu diesen auch eine gewisse Beziehung aufgebaut habe. Trotz der auch psychisch hohen Belastung werde ich diesen Einsatz zu 100 Prozent in guter Erinnerung behalten und bin sehr dankbar, dort meinen Beitrag geleistet zu haben. Ich kann jedem empfehlen, diese Erfahrung zu machen, einen Beitrag zu leisten und einen eigenen Eindruck zu gewinnen.