Luftwaffe
Rapid Viking 2023

Der Kommandoführer im Interview

Der Kommandoführer im Interview

Datum:
Ort:
Island
Lesedauer:
4 MIN

Jedes Kommando braucht einen Kommandoführer. Bei Rapid Viking 2023 ist das Oberstleutnant Marco Brunhofer. Seit über 20 Jahren ist er Pilot. Beheimatet ist er in Laage beim Taktischen Luftwaffengeschwader 73 „Steinhoff“. Dort ist er auch Fluglehrer. Im Interview verrät er uns mehr.

Pilot beim Einsteigen in einen Eurofighter.

Seit über 20 Jahren Pilot: Oberstleutnant Marco Brunhofer lebt seinen Kindheitstraum

Bundeswehr/Emilia B.

Was ist Ihr Auftrag bei Rapid Viking 2023?

Ich bin hier der Kommandoführer. Mir ist vom Kommodore meines Heimatverbandes die Verantwortung übertragen worden, auf Island dieses Kommando von 30 Mann zu führen. Ich bin dafür verantwortlich, dass das Kommando sicher und zur Zufriedenheit aller durchgeführt wird. Dass die Sorties auch so geflogen werden wie geplant und die Ziele, die von der Luftwaffenführung vorgegeben wurden, auch erreicht werden – getreu dem Motto „quick, short and efficient where we are needed.“

Was kommt auf einen Kommandoführer bei der Vorbereitung zu?

Viel. Insgesamt hatten wir eine Vorbereitungszeit von einem dreiviertel Jahr. Mit vielen Verträgen und Papierkram. Das ist nicht so einfach wie beispielsweise nach Österreich in den Urlaub zu fahren: „Ich packe das Auto und fahre los.“ Da steckt ein riesen administratives Vehikel dahinter, dass es dann auch erstmal zu bewältigen gilt. Natürlich macht das nicht der Kommandoführer alleine. Vielmehr ist er quasi die Spinne im Netz, der die ganzen Vorgänge steuert und teilweise zwischen den Vorgesetzten und auch den Experten in den Fachbereichen koordinieren muss. Da müssen Antworten auf Fragen gefunden werden wie: Woher kommt das Toilettenpapier oder welchen Luftraum können wir nehmen?

Wie passt das zusammen mit dem Gedanken „lean and mean“? Ein dreiviertel Jahr Vorbereitungszeit klingt nicht wenig.

Wäre das hier ein Konflikt, würden viele administrative Dinge wegfallen, die ich bei einer Übung habe. Da fliege ich einfach los. Das wäre nicht das große Problem. Zur Veranschaulichung: Braut sich ein Konflikt zusammen, dann ist das meistens absehbar. Bei der Bundeswehr haben wir etwa das Militärische Nachrichtenwesen. Über das bekommen wir Informationen. Da kriegt man ja schon ein Gefühl dafür, wo es brodeln könnte. Darauf bereitet man sich vor, beispielsweise mit Kartenmaterial. Bei Rapid Viking 2023 haben wir ein simuliertes Training – mit ganz normalen Friedensregularien, die wir erfüllen müssen. Und das andere ist dann Krise, Einsatz, Krieg. Da gelten ganz andere Vorschriften, die viel schneller und viel schlanker sind. Auch die Logistik ist anders. Einsatzlogistik. Das geht razzfazz.

Nach über 20 Jahren Erfahrung als Pilot haben Sie schon an vielen Übungen teilgenommen. Was macht Rapid Viking 2023 so besonders?

Diese Übung ist sehr besonders, weil wir zwei Sachen kombinieren: Zum einen verfolgen wir das übergeordnete Ziel, ganz schnell in abgelegene Orte mit einem kleinen Kontingent viel Airpower – also Luftkraft – zu verlegen. Beispielsweise hier in die Arktis. Letztes Jahr waren wir in Australien. Also komplett auf der anderen Seite des Globus, mit einem größeren Kontingent. Jetzt wollten wir hier genau das Gegenteil aufzeigen. Zum anderen bilden wir bei Rapid Viking unsere Piloten aus. Das ist sehr praktisch, denn unser Geschwader ist die Ausbildungseinrichtung der Luftwaffe für Eurofighter. Wir kombinieren quasi die strategische Message und das strategische Ziel mit unserem Geschwaderziel, Ausbildung zu betreiben.

Was machen die Piloten hier für eine Ausbildung?

Um das zu beantworten, muss ich ein wenig ausholen. Nachdem die angehenden Eurofighter-Piloten in den USA das Fliegen gelernt haben, geht es in Laage weiter. Da werden sie durch uns Fluglehrer ausgebildet, so dass sie sicher den Eurofighter bewegen können. Das ist noch nicht taktisch hundertprozentig, was sie da lernen. Wir bauen auf dieses Fundament der Sicherheit mit den taktischen Befähigungen und Handlungen auf. Die Piloten fliegen zu dem Zeitpunkt als Nummer zwei mit – nicht vorne weg. 

Danach folgt die taktische Erstausbildung. Im Anschluss sind sie limited combat ready, wie unsere Piloten bei Rapid Viking. Als Flügelmann können sie taktisch fliegen, sind aber nur „beschränkt kriegsfähig“. Das heißt, sie könnten jetzt zwar in den Krieg gehen, wären aber nicht ganz vorne mit dabei. Sie wären eher in der zweiten, beziehungsweise dritten Welle. Bei Rapid Viking lernen sie, vorneweg zu fliegen, Leute sicher mitzunehmen. Also eine Rotte zu führen und die Verantwortung für bis zu zwei weitere Flugzeuge zu übernehmen. Wenn sie das dann gelernt haben, geht es für sie weiter, um combat ready und dann Schwarmführer zu werden. Da nimmt man dann bis zu vier Leute mit. Der nächste Schritt ist die Ausbildung zum Fluglehrer. Der Waffenlehrer ist dann die höchste Qualifikation. So kann man sich das ungefähr vorstellen.

Könnten die Piloten noch vor der Rottenführerausbildung eine Alarmrotte führen?

Nein. Also sie könnten es. Sie könnten sie führen, aber es müsste immer ein ausgebildeter Rottenführer in der Formation sein. Das kann man so ungefähr vergleichen mit betreutem Fahren mit 17 Jahren. Sie können zwar Auto fahren, aber es muss noch einer mit Führerschein dabei sein. Wenn sie den Ausbildungsabschnitt auf Island geschafft haben, dann sind sie quasi 18 Jahre alt und brauchen das betreute Fahren nicht mehr. Und das ist eines der Kernausbildungsziele für unsere jungen Piloten während Rapid Viking 2023.

von Emilia B.
Übung

Rapid Viking 2023

Die Übung, die sechs Kampfjets und ein Kommando von 30 Soldatinnen und Soldaten nach Island führt.

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