Coventry: Von Krieg und Versöhnung
Coventry: Von Krieg und Versöhnung
- Datum:
- Ort:
- Strausberg
- Lesedauer:
- 2 MIN
Im Wahnsinn des Krieges gibt es keine Gewinner oder Verlierer. Ein Blick in die Geschichte zeigt oftmals, wie nahe Sinnlosigkeit und Elend beieinanderliegen. Oftmals bringt nur Versöhnung und Mut die Kraft zurück, um aufrecht im Jetzt zu stehen und zuversichtlich nach vorn zu blicken.
Mit einem Feldgottesdienst am Birkenkreuz nahe dem Teich im Campus Strausberg begeht das Evangelische Militärdekanat Mitte am 5. Mai den Auftakt seiner Visitation. In der Arbeitswoche geht es vor allem um die Verknüpfung der Militärseelsorge mit der Landes- und Bündnisverteidigung. Versöhnungslitanei von Coventry lautet der Titel auf der Einladung zum Gottesdienst. Das Nagelkreuz und die Liturgie für völkerweite Versöhnung aus der St. Michaelis-Kathedrale von Coventry stehen im Mittelpunkt.
Es ist die Nacht des 14. November 1940. In Geschichtsbüchern ist auch vom „Coventry Blitz“ zu lesen. Die deutsche Luftwaffe fliegt verheerende Luftangriffe auf die Industriestadt in Mittelengland. 320.000 Menschen wohnen zu diesem Zeitpunkt in der Stadt, in der im Schwerpunkt metallverarbeitende Industrie angesiedelt ist. 1.200 von ihnen verlieren bei diesen Luftangriffen ihr Leben. Die deutsche Luftwaffe führte diese Angriffe, bei denen über 500 Flugzeuge eingesetzt wurden, als Operation Mondscheinsonate. Sprengbomben, Luftminen und Brandbomben kamen zum Einsatz.
Direkt von Bomben getroffen, stand gegen 20 Uhr die Kathedrale von Coventry in Flammen und brannte völlig aus.
Versöhnung als Grundlage für Verständigung
Militärpfarrer Michael Blaszcyk geht auf Zeitreise in die zerstörte Kathedrale von Coventry: Richard Howard der damalige Probst ließ nach den Angriffen aus den verkohlten Balken ein einfaches Holzkreuz aufstellen und verewigte die Aufschrift „Father Forgive“ (Vater, vergib). Im Weiteren entstanden kleinere Kreuze aus großen Zimmermannsnägeln. Das Nagelkreuz als christliches Symbol – die Idee für völkerweite Versöhnung nach dem Zweiten Weltkrieg war geboren und wurde in die Welt hinaustragen.
Der Gedanke der Nagelkreuze wurde weiterentwickelt. Weltweit haben sich ökumenische Glaubensgemeinschaften als Nagelkreuzgemeinschaft gebildet. Das Nagelkreuz steht nicht nur für Versöhnungs- und Friedensarbeit. Mehr noch: Es steht für die Wunden der Geschichte, die heilen und für die Vielfalt der Völker, die gefeiert wird. Auch die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin trägt seit 1987 ein Nagelkreuz.
Das Versöhnungsgebet von Coventry
Alle haben gesündigt und ermangeln des Ruhmes, den sie bei Gott haben sollten.
Darum lasst uns beten:
Den Hass, der Rasse von Rasse trennt, Volk von Volk, Klasse von Klasse,
Vater, vergib.
Das Streben der Menschen und Völker zu besitzen, was nicht ihr eigen ist,
Vater, vergib.
Die Besitzgier, die die Arbeit der Menschen ausnutzt und die Erde verwüstet,
Vater, vergib.
Unseren Neid auf das Wohlergehen und Glück der anderen,
Vater, vergib.
Unsere mangelnde Teilnahme an der Not der Gefangenen, Heimatlosen und Flüchtlinge,
Vater, vergib.
Die Gier, die Frauen, Männer und Kinder entwürdigt und an Leib und Seele missbraucht,
Vater, vergib.
Den Hochmut, der uns verleitet, auf uns selbst zu vertrauen und nicht auf Gott,
Vater, vergib.