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Wiedervereinigung

35 Jahre Armee der Einheit – Wenn Feinde Kameraden werden

Am 3. Oktober 2025 jährt sich der Tag der deutschen Wiedervereinigung zum 35. Mal. Die Bundeswehr blickt zurück auf 35 Jahre als Armee der Einheit. Aus den ehemals verfeindeten Soldaten beider deutscher Staaten wurden über Nacht Kameraden. Wie erging es ihnen damals?

Mehrere Soldaten stehen mit Gewehren zum Appell angetreten in Reihen nebeneinander

picture-alliance/dpa/Andreas Altwein

„Am dritten Oktober 1990 hat sich das deutsche Volk wieder in einem Staat zusammengefunden. Mauern und Grenzen sind gefallen. (…) Die Teilung unseres Landes ist überwunden. Nun gilt es, auch das Trennende im Denken und Empfinden zu beseitigen. Die Soldaten stehen dabei vor einer besonderen Herausforderung, sie müssen vom Gegeneinander zum Miteinander finden.“

Das schrieb vor 35 Jahren der damalige Bundesminister der Verteidigung, Gerhard Stoltenberg, zur deutschen Vereinigung in seinem Tagesbefehl. Dieser zeigte ganz deutlich: Zwei Armeen, die sich vier Jahrzehnte lang als Gegner gegenüberstanden, sollten zueinander finden. Aus der Nationalen Volksarmee (NVANationale Volksarmee) und der Bundeswehr sollte eine Armee der Einheit werden.

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Aus Feinden werden Kameraden

Noch 1989 standen sich an der innerdeutschen Grenze deutsche Soldaten zweier Systeme gegenüber. Auf der einen Seite die Bundeswehr, Armee der demokratischen Bundesrepublik Deutschland und eingebettet in die NATONorth Atlantic Treaty Organization. Auf der anderen Seite die NVANationale Volksarmee, Teil des Warschauer Pakts und ein Instrument der sozialistischen SEDSozialistische Einheitspartei Deutschlands-Diktatur.

Spätestens mit der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 begann ein großer Umbruch. Die NVANationale Volksarmee als Organisation konnte zwar mit einem Federstrich aufgelöst werden. Aber was sollte mit den Menschen geschehen? Insgesamt 90.000 Zeit- und Berufssoldaten leisteten in der NVANationale Volksarmee ihren Dienst.

Nur wenige davon hatten überhaupt Aussicht, langfristig in die Bundeswehr übernommen zu werden. Über 60 Prozent der NVANationale Volksarmee-Offiziere beendeten ihre Karriere in den Streitkräften sogar noch vor dem Tag der Wiedervereinigung. Dazu zählten alle Generale und Admirale, sämtliche Politoffiziere sowie informelle Mitarbeiter der Staatssicherheit sowie alle Frauen und Berufssoldaten über 55. Zehntausende mussten entlassen werden – es bedeutete das Ende ihrer Karriere in den Streitkräften.

Rund 12.000 Offiziere und genauso viele Unteroffiziere wurden hingegen von der Bundeswehr übernommen. Für sie war es ein Neuanfang.

Eine Mammutaufgabe

Die Dimension der Aufgabe, eine Armee der Einheit zu formen, war gewaltig: organisatorisch, materiell und vor allem mental. 

Mehr als 15.000 Großwaffensysteme und rund 300.000 Tonnen Munition waren zu entsorgen. Nur wenige Waffensysteme, wie die Kampfflugzeuge MiGMikoyan-Gurewitsch-29, wurden übernommen. Diese flogen bis 2004 für die Bundeswehr.

Auch verschiedene Denkweisen und Strukturen prallten aufeinander. In der Bundeswehr galt damals wie heute das Prinzip der „Inneren Führung“, das auf Mündigkeit und Verantwortung basiert. In der NVANationale Volksarmee hingegen war die politische Linie der SEDSozialistische Einheitspartei Deutschlands-Diktatur mit einer klar hierarchischen Befehlskultur richtungsgebend. Diese Unterschiede mussten überbrückt werden – durch gemeinsame Ausbildung, Gespräche und nicht zuletzt durch gegenseitige Akzeptanz.

Dennoch wuchsen die ehemals zwei deutschen Streitkräfte recht schnell zusammen. Dafür sorgten vor allem auch die Grundwehrdienstleistenden: Diese wurden nämlich bewusst heimatfern in anderen Teilen Deutschlands eingesetzt – und trugen so zum gegenseitigen Verständnis und zur Integration bei.

Struktur und Aufbau: neue Länder, neue Dienststellen

Aussenansicht von einem Gebäude mit Springbrunnen und Fahnenmasten davor

Ab dem 3. Oktober 1990 stellte das Bundeswehrkommando Ost in Strausberg die Weichen für die Integration der Soldaten aus der NVANationale Volksarmee in die Bundeswehr

imago/Sepp Spiegl

Nicht nur Material und Personal mussten integriert werden. Die Bundeswehr musste auch organisatorisch und geografisch wachsen. In den neuen Bundesländern entstanden neue Standorte und Dienststellen. So wurde am 3. Oktober 1990 das Bundeswehrkommando Ost in Strausberg gegründet, das zunächst die Koordination in den neuen Ländern übernahm. Und die Offizierschule des Heeres wurde von Hannover nach Dresden verlegt.

Die bauliche Ertüchtigung der neuen Standorte war ebenfalls ein großes Thema, da viele NVANationale Volksarmee-Standorte nicht dem entsprachen, was für Bundeswehrsoldaten im Westen bereits üblich war. Es gab einen erheblichen Sanierungs- und Renovierungsbedarf.

von Nele Schulz
Die Titelseite der Zeitung „Bundeswehr aktuell“ mit Foto von jubelnden Personen am Brandenburger Tor
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