„Westsahara? Und in welchem Land liegt das?“ So lautet die häufigste Reaktion, wenn es im Freundes- und Familienkreis um meinen Einsatz als Militärbeobachter bei der Mission MINURSOMission des Nations Unies pour l'organisation d'en Referendum au Sahara Occidental (Mission des Nations Unies pour l’organisation d’un Référendum au Sahara Occidental) – unter anderem zur Überwachung eines Waffenstillstandes – geht. Die Frage trifft das Problem der Region ziemlich genau. Denn der Status des Gebietes, das zwischen Marokko, Algerien und Mauretanien liegt, ist ungeklärt, seit 1975 Spanien als Kolonialmacht abgezogen ist.
Die Vereinten Nationen bezeichnen die Westsahara als „Hoheitsgebiet ohne Selbstregierung“. Sie ist also kein souveräner Staat, aber auch nicht Teil eines anderen Staates. Sie gilt als Austragungsort einer der letzten postkolonialen Gebietskonflikte. Mehr als 25 Jahre lang kämpften Marokko, Mauretanien und die Frente Polisario – der selbsternannte politische Arm des Volkes der dort ansässigen Sahrauis – um die Macht in dem Territorium, das immerhin so groß wie das Vereinigte Königreich ist.
1991 schließlich konnten sich die Parteien auf einen Waffenstillstand einigen – nicht zuletzt durch die Mitwirkung der Vereinten Nationen, die sogleich unbewaffnete Blauhelme entsandten. Deren Aufgabe ist bis heute unverändert: Die Peacekeeper sollen neutral, unparteiisch und ohne Verwicklung in die Geschehnisse vor Ort beobachten und kontrollieren, dass sich die Konfliktparteien an das Waffenstillstandabkommen halten. Zudem sind die Blauhelme die einzige unabhängige Informationsquelle für die Vereinten Nationen im Westsaharakonflikt.
Sprachtest und Fahrprüfung in der Hauptstadt
Für alle Militärbeobachterinnen und Militärbeobachter beginnt der Einsatz auf gleiche Art und Weise: mit der Einschleusung und Ausbildung im MINURSOMission des Nations Unies pour l'organisation d'en Referendum au Sahara Occidental-Hauptquartier in Laâyoune, der De-facto-Hauptstadt der Westsahara. Denn anders als bei der Vorbereitung für Bundeswehreinsätze im Krisen- und Konfliktmanagement, etwa für MINUSMAMission Multidimensionnelle Intégrée des Nations Unies pour la Stabilisation au Mali in Mali, erfolgt ein Teil der Qualifizierung vor Ort. Alle Militärbeobachterinnen und Militärbeobachter – oder United Nations Military Observer kurz UNMOUnited Nations Military Observer genannt – müssen vorab gewisse Kompetenzen nachweisen, etwa in der Arbeitssprache Englisch oder im Autofahren.
Doch im MINURSOMission des Nations Unies pour l'organisation d'en Referendum au Sahara Occidental-Hauptquartier müssen alle UNMOs entsprechende Tests ablegen. Wer bislang nur Linksverkehr oder Armeefahrzeuge mit Automatikgetriebe kennt, kann sich noch vergleichsweise schnell umstellen. Das Fahren im tiefen Sand – und wie man sich im Zweifel daraus befreit – ist aber für die meisten eine Herausforderung. Was nicht stattfindet, ist Waffentraining.
Dag Hammarskjöld ,
UN-Generalsekretär 1953-1961
Peacekeeping is not a job for soldiers – but only soldiers can do it!
Denn Militärbeobachter der Vereinten Nationen arbeiten grundsätzlich unbewaffnet. Der Hintergrund: Militärbeobachter sind Soldaten – sollen aber nicht kämpfen. Auch zur Selbstverteidigung tragen sie in der Regel keine Waffen – für viele Soldatinnen und Soldaten, die bereits in einer Krisenregion eingesetzt waren, eine ungewohnte Situation.
Entscheidend ist, dass die rund 250 Offizierinnen und Offiziere aus fast 40 Ländern bei MINURSOMission des Nations Unies pour l'organisation d'en Referendum au Sahara Occidental aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrungen besonders dafür qualifiziert sind, militärische Einheiten in der Westsahara zu begutachten, Armeefahrzeuge einem bestimmten Verband oder Einschusskrater einem Geschoss zuzuordnen: alles mit dem Ziel, die Einhaltung der Waffenstillstandsabkommen unparteiisch zu überwachen. Etwaige Verstöße werden an die Konfliktparteien und an die Vereinten Nationen berichtet.