Boris Pistorius bei der Bundeswehrtagung 2025: Verteidigung ist Teamarbeit
Einsatzbereitschaft- Datum:
- Ort:
- Berlin
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„Einsatzbereitschaft stärken. Aufwuchs beschleunigen. Sicherheit garantieren“ – so das Motto der Bundeswehrtagung 2025. Minister Boris Pistorius hielt bei dem Spitzentreffen am 7. November 2025 in Berlin eine programmatische Rede zur Ausrichtung der Truppe. Dabei mahnte er die gesamtgesellschaftliche Verantwortung für die Sicherheit Deutschlands an.
Bei dem zweitägigen Treffen ging es um die programmatische Ausrichtung der Bundeswehr und um die sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen. Die politische und militärische Führung der Bundeswehr nahm bei der Bundeswehrtagung 2025 eine Bestandsaufnahme vor und richtete den Blick in die Zukunft. Das Spitzenpersonal der Bundeswehr, dazu Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Verbänden, Industrie und Think Tanks sowie Forschung und Kommunen waren gekommen – insgesamt rund 450 Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
Nach dem bundeswehrinternen Teil der Tagung am ersten Tag standen am zweiten Tag die gesamtstaatlichen Aufgaben der Verteidigung im Fokus. Nach der Begrüßung durch Verteidigungsminister Boris Pistorius wurde eine Videobotschaft von Bundeskanzler Friedrich Merz eingespielt, der bei der Weltklimakonferenz COP 30 im brasilianischen Belém weilte. Minister Pistorius betonte vorab, die Grußbotschaft des Kanzlers unterstreiche einmal mehr die Bedeutung dieser Tagung und die starke Unterstützung der gesamten Bundesregierung für das Thema Sicherheit.
Bundeskanzler Merz sagte, seit dem völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine sei Frieden in Europa keine Selbstverständlichkeit mehr. „Wir wollen die Bundeswehr zur stärksten konventionellen Armee in Europa machen“, erklärte der Kanzler. „Wichtige Vorhaben hat die Bundesregierung bereits auf den Weg gebracht. Eine verlässliche Finanzierung für die Bundeswehr, beschleunigte Beschaffungsverfahren, die Einrichtung eines nationalen Sicherheitsrates“, zählte der Kanzler auf. Das alles sei auch Verdienst von Verteidigungsminister Boris Pistorius, so Merz weiter. An die Führungskräfte der Bundeswehr gab er die Devise aus: „Möglich machen lautet das Gebot der Stunde.“
Verteidigungsminister Pistorius betonte, mit der Zeitenwende sei sehr vieles angestoßen worden – Strukturen seien verändert, Prozesse beschleunigt und Fähigkeiten ausgebaut worden. „Wir sind mitten dabei, die Bundeswehr konsequent auf Landes- und Bündnisverteidigung auszurichten“, stellte Pistorius fest. Jedoch sei auch klar, dass dieses Ziel noch nicht erreicht sei. Der materielle und personelle Aufwuchs der Bundeswehr müsse rasch umgesetzt werden, so der Minister.
Der Aufwuchs der Truppe mit Material und Personal – Neuer Wehrdienst, Reserve und aktive Soldatinnen und Soldaten – stehen unter anderem ganz oben auf der Prioritätenliste des Ministers. Dazu erteilte Pistorius konkrete Aufträge an das Leitungspersonal seines Hauses:
Zudem beabsichtigt Pistorius aktive Soldatinnen und Soldaten, die kurz vor dem Ausscheiden aus der Truppe stehen, per Brief anzuschreiben und sie dafür zu gewinnen, länger zu bleiben.
Boris Pistorius machte klar, worum es ihm vor allem geht: Verteidigung in Deutschland sei mehr als nur eine Aufgabe der Bundeswehr. Sicherheit entstehe nur dann, wenn Staat, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft zusammenarbeiteten.
Sie alle seien Teil der Gesamtverteidigung und trügen Verantwortung dafür, dass Deutschland und Europa verteidigungsfähig blieben. Dafür liege mit dem Operationsplan Deutschland der Bundeswehr eine Agenda vor. Es gelte, den Gedanken der Gesamtverteidigung wirklich zu leben.
In diesem Kontext begrüßte der Minister ausdrücklich die Einsetzung des Nationalen Sicherheitsrats, der erst kürzlich seine erste Sitzung hatte.
Für die Bundeswehr machte Boris Pistorius klar, er sei fest entschlossen, den Auftrag der Bundeswehr im Rahmen der Gesamtverteidigung weiter auszuführen. Er wandte sich ausdrücklich an die Vorgesetzen der Soldatinnen und Soldaten. Es gehe darum, nicht mehr zu verwalten, sondern zu führen. Dazu gehöre auch eine neue Fehlerkultur in der Truppe. Vorschriften müssten der Bewältigung des Auftrags dienen. Deshalb hat Verteidigungsminister Boris Pistorius Staatssekretär Jan Stöß damit beauftragt, bis Ostern 2026 eine „Entbürokratisierungs- und Modernisierungsagenda 2.0“ für den Geschäftsbereich des Verteidigungsministeriums zu erstellen.
Minister Pistorius unterstrich, die Bundeswehr könne ihre Aufgaben nur erfüllen, wenn sie Rückhalt, Verständnis und Unterstützung in der Gesellschaft habe. Er zitierte die Worte eines Soldaten, der gesagt hatte: „Ich kann nur kämpfen, wenn eine resiliente Gesellschaft hinter mir steht.“ Pistorius zeigte sich überzeugt davon, dass die Streitkräfte diese Unterstützung bekämen. Das dokumentierten die steigenden Bewerbungszahlen und das zeigten die vielen positiven persönlichen Erlebnisse von Bundeswehrangehörigen in den vergangenen Monaten – so etwa beim Tag der Bundeswehr, bei öffentlichen Gelöbnissen, am Bahnsteig oder auch an der Autobahnraststätte.
„Verteidigungsfähigkeit beginnt nicht erst auf dem Gefechtsfeld“, unterstrich Pistorius. Sie beginne in den Köpfen und mit der Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. Es gelte, diese Haltung zu fördern – durch Klarheit in der Politik, durch Verlässlichkeit in der Führung, durch Transparenz im Handeln. Es gehe um umfassende Gesamtverteidigung, die alle Bereiche des Landes einbinde und keinen der wichtigen Player zurücklasse.
Insgesamt, so resümierte Pistorius, sei der Reformprozess der Bundeswehr schon sehr erfolgreich. Der Pulsschlag der Truppe sei schon jetzt kraftvoller als in den vergangenen Jahren. Finanziell gesehen habe die Bundeswehr jetzt „volle Akkus.“ Bedrohungslage gehe vor Kassenlage. Und bei der Unterstützung der Ukraine liege Deutschland mittlerweile nicht nur in Europa klar auf Platz eins, sondern auch weltweit.
„Wir brauchen in vielen Bereichen neue, tragfähige Lösungen“, so der Minister. „Wir müssen schneller werden.“ Auf diesem Weg gebe es aber bereits jetzt historische Meilensteine, so etwa die voranschreitende Aufstellung der „Brigade Litauen“ und den beschleunigten Bau neuer Infrastruktur für die Bundesehr im Inland – so sollen in kürzester Zeit 297 neue Gebäude erstellt werden.
„Es ist jetzt die Zeit, die Bundeswehr neu auszurichten“, betonte der Minister. „Wir haben keine Zeit zu verlieren.“ Es gehe nicht mehr nur um abstrakte Bedrohungsszenarien, so Boris Pistorius. Russland rüste für einen weiteren Krieg.
Der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Carsten Breuer, unterstrich in seinem Impulsvortrag: Krieg müsse wieder gedacht werden. Das sei in Deutschland zu lange nicht gemacht worden – und es sei zu häufig anderen überlassen worden. Es sei eine Zeit, in der über Sicherheit nicht mehr nur geredet werden könne. Sicherheit müsse neu gedacht, neu organisiert und immer wieder neu verteidigt werden. Die größte Bedrohung gehe von Russland aus. Im Hinblick auf Russlands völkerrechtswidrigen Angriff auf die Ukraine und Moskaus Annahme, diesen Krieg gewinnen zu können, sagte Breuer: „Wir müssen verhindern, dass Russland erneut zu einer solchen Fehleinschätzung kommt. Russland darf niemals annehmen, dass es einen Krieg mit der NATONorth Atlantic Treaty Organization gewinnen kann.“
Bei allen Planungen und Konzeptionen müsse immer die Einsatzbereitschaft der Soldatinnen und Soldaten im Mittelpunkt stehen, betonte Generalinspekteur Carsten Breuer.
Bundeswehr/Christian Vierfuß
Die Bundeswehr solle zur stärksten konventionellen Armee in Europa werden. Keinen geringeren Anspruch formulierte Bundeskanzler Friedrich Merz in seiner Videobotschaft.
Bundeswehr/Christian VierfußFrieden und Stabilität in Deutschland seien nicht mehr sicher, so der oberste Soldat der Bundeswehr. An ihre Stelle getreten sei eine Welt kaum noch verschleierter Konkurrenzen, dazu kämen Klimawandel und Ressourcenknappheit. Neben der Hauptbedrohung durch Russland kooperierten China, Russland, Iran und Nordkorea umfassend. Ihr Ziel sei, die Handlungsfähigkeit des Westens, und damit Deutschlands, einzuschränken und politische Entscheidungen zu beeinflussen.
Angesichts dieser Lage genüge es nicht mehr, in Einsatzgebieten zu denken, so der Generalinspekteur. Es müsse in strategischen Räumen geplant und gehandelt werden, in denen alle Instrumente staatlicher Machtentfaltung zusammenkämen: „All Instruments of Power“. Breuer sagte: „Die Frontlinien verlaufen nicht mehr entlang von Grenzen, sondern entlang von Systemen – Energie, Kommunikation, Daten und Transport. Aber eben auch zwischen Werten und Vorstellungen.“
Das alles verlange von der Bundeswehr nach einem Denken in Zusammenhängen, nicht in Zuständigkeiten. Das gelte aber nicht nur für die Streitkräfte, betonte General Breuer.
Die Bundeswehr kann laut Breuer in dieser Zeit nur bestehen, wenn sie rasch aufwächst. An einem Neuen Wehrdienst werde gearbeitet. 460.000 Soldatinnen und Soldaten seien für den Aufwuchs der Streitkräfte insgesamt die Zielvorgabe.
Das Verteidigungsministerium sei im Hinblick auf die strategischen militärischen Fragen neu aufgestellt worden - mit dem neuen Element „Gesamtkonzeption und Planung militärische Verteidigung“, wo militärstrategische Themen durchdacht und verknüpft werden.
Breuer unterstrich nachdrücklich: Für ihn stehe die Einsatzbereitschaft der Soldatinnen und Soldaten im Mittelpunkt. Der Mensch bleibe zentral für die Kriegsführung.
„Es geht um die Soldaten, die an vorderster Front kämpfen“, so Breuer. Die Truppe brauche Mittel und Fähigkeiten. Diese seien auf den Weg gebracht worden. „Für eine Bundeswehr, die erfolgreich kämpft und die strategisch denkt und handelt.“ Fight Tonight laute die Devise, und zwar nicht erst 2029 sondern schon jetzt. Die aktuelle Lage sei eine dämmerige Übergangszeit, in der nicht Krieg aber auch nicht mehr ganz Frieden sei, so der Generalinspekteur.