Präsenz am Polarkreis

Kriegsschiff der Deutschen Marine macht erstmals in Grönland fest

Kriegsschiff der Deutschen Marine macht erstmals in Grönland fest

Datum:
Ort:
Nuuk
Lesedauer:
4 MIN

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Der Einsatzgruppenversorger „Berlin“ hat in Nuuk festgemacht, der Hauptstadt Grönlands. Es ist eine Premiere in der Geschichte der Deutschen Marine. Zuvor hatte das deutsche Schiff den Polarkreis überquert und Kampfschiffe mit Kraftstoff versorgt. Doch was macht die Marine überhaupt im Nordatlantik?

Ein grauses Schiff zwischen Eisbergen vor der Küste von Grönland

Der Einsatzgruppenversorger "Berlin" läuft als erstes Schiff der Deutschen Marine in Grönland ein. Das Kriegsschiff hat am 16. August in der Hauptstadt Nuuk festgemacht.

Bundeswehr/Jane Schmidt

Während der kalte Wind die Gischt über das Oberdeck verteilt, verschwimmt am Horizont das Grau des Nordatlantiks mit dem wolkenverhangenen Himmel. Dann zeichnet sich immer deutlicher die Silhouette eines Kriegsschiffs ab: der Fregatte „Hamburg“. Wenig später fährt sie trotz Wind und Welle keine 50 Meter parallel zur „Berlin“ und befüllt über die Leitungen des größten Versorgungsschiffs der Marine ihre Kraftstofftanks. Dieses Seeversorgungsmanöver wird im Marinealltag RAS genannt: Replenishment at SeaInfo: Beim Seeversorgungsmanöver, auch Replenishment at Sea (RAS) genannt, können unter anderem verschiedene Güter (Munition, Lebensmittel etc.) und Kraftstoff von Schiff zu Schiff übergeben werden. Das erlaubt es den Kriegsschiffen, über einen längeren Zeitraum im Seegebiet zu verbleiben, ohne einen Hafen für die Nachversorgung anlaufen zu müssen.. Auf beiden Schiffen sorgen die Decksmannschaften sowie die Besatzungen auf den Brücken trotz widrigen Wetters für einen sicheren Ablauf des Ganzen.

Die beiden deutschen Marineschiffe befanden sich während ihres Versorgungsmanövers westlich von Island. Anschließend schloss sich die Fregatte „Hamburg“ wieder der Standing NATONorth Atlantic Treaty Organization Maritime Group 1Info: Die Standing NATONorth Atlantic Treaty Organization Maritime Group 1, kurz SNMGStanding NATO Maritime Group 1, besteht aus mehreren Kampfschiffen sowie meist einem Versorgungsschiff verschiedener NATONorth Atlantic Treaty Organization-Mitgliedsstaaten. Die SNMGStanding NATO Maritime Group 1 ist vor allem für die Kontrolle und den Schutz strategisch wichtiger Seewege im Nordatlantik, Nord- und Ostsee zuständig. an und die „Berlin“ setzte Kurs auf Nuuk, die Hauptstadt Grönlands. „Als Versorger sind wir ein Angebot, das Einheiten in der Nähe wahrnehmen können. Denn unser Auftrag ist es, die Kampfschiffe möglichst lange in See zu halten, seien es deutsche oder die anderer Partnernationen“, unterstreicht der Kommandant der „Berlin“, Fregattenkapitän Karsten Uwe Schlüter.

Die GIUKGreenland-Iceland-United-Kingdom-Lücke – ein strategisch bedeutsames Seegebiet

Ursprünglich am 3. August in Wilhelmshaven ausgelaufen, hat der Einsatzgruppenversorger mit seiner Fahrt entlang der sogenannten GIUKGreenland-Iceland-United-Kingdom-LückeInfo: GIUKGreenland-Iceland-United-Kingdom steht für Greenland, Iceland und United Kingdom und beschreibt die Meeresbereiche zwischen Grönland, Island und dem Vereinigten Königreich. bereits in einem strategisch wichtigen Raum Präsenz gezeigt. „Mit der Versorgung deutscher und verbündeter Einheiten haben wir darüber hinaus auch noch anderen Kriegsschiffen eine längere Stehzeit in einem Seegebiet ermöglicht, dessen Sicherung zentral ist, um die Seewege zwischen Nordamerika und Europa offenzuhalten“, erklärt Kommandant Schlüter. 

Eine Karte zeigt die NATO-Länder und Russland. Mehrere Pfeile sind in den Meeren eingezeichnet.

Die Fahrt durch die GIUKGreenland-Iceland-United-Kingdom-Lücke ist die einzige Möglichkeit für die russische Nordmeerflotte, die Nachschubwege der NATONorth Atlantic Treaty Organization im Atlantik zu stören. Daher muss dieses Meeresgebiet streng überwacht werden.

Bundeswehr/Astrid Höffling | Kartenbasis: © MapCreator/OpenStreetMap

Im Ernstfall ist der Seeweg über den Atlantik die einzige Möglichkeit, eine große Anzahl an Truppen und Gütern aus Nordamerika nach Europa zu bringen. Der Lufttransport kann in diesem Fall die benötigten Kapazitäten nicht sicherstellen. Hier braucht es Frachtschiffe, die Soldatinnen und Soldaten mit ihrer Ausrüstung in die großen Häfen Europas bringen, damit diese anschließend durch Deutschland an die Ostflanke der NATONorth Atlantic Treaty Organization marschieren können. Das Ziel: Russland von einem möglichen Angriff abzuschrecken oder im Verteidigungsfall die Aggression abzuwehren und die Souveränität Europas zu sichern.

Für Russland bietet die GIUKGreenland-Iceland-United-Kingdom-Lücke dabei die einzige Möglichkeit, die eigenen Marineeinheiten der Nordmeerflotte in den Atlantik zu bringen, um die Nachschublinien der NATONorth Atlantic Treaty Organization zu stören. Insbesondere die russischen U-Boote bilden hier die größte Gefahr, weshalb eine Überwachung der GIUKGreenland-Iceland-United-Kingdom-Lücke unerlässlich ist. Als Teil der Nordflanke der NATONorth Atlantic Treaty Organization bildet dieses Seegebiet daher neben der Ostsee einen Schwerpunkt in den Verteidigungsplänen des Bündnisses.

„Berlin“ setzt deutsche Arktispolitik um

In der Arktis stand lange Zeit die Kooperation der Anrainerstaaten im Vordergrund, unabhängig von Rivalitäten in anderen Weltregionen. Dies wird allerdings zunehmend durch Russland infrage gestellt, das in den vergangenen Jahren immer mehr Truppen und militärische Infrastruktur in dieser Region ertüchtigt. Zudem führt die Eisschmelze zu neuen Möglichkeiten, Ressourcen auszubeuten und alternative Seewege zu erschließen, was auch China auf den Plan ruft.

Darauf hat die Bundesregierung reagiert und in ihren „Leitlinien deutscher Arktispolitik“ (PDF, 5,1 MB) diese neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen anerkannt. Mit seiner Präsenzfahrt am Polarkreis, die unter dem Namen Atlantic Bear läuft, folgt der Einsatzgruppenversorger „Berlin“ diesen strategischen Vorgaben. „Wir zeigen unseren Verbündeten, dass wir in der Lage sind, sie auch in diesem heraufordernden Seegebiet zu unterstützen, und, dass wir hier am Polarkreis Flagge zeigen können“, sagt Fregattenkapitän Schlüter. Denn die Fahrt der „Berlin“ endet nicht in der Hauptstadt Grönlands. Anschließend wird das Schiff weiter Richtung Nordamerika fahren und an den multinationalen Manövern Nanook-Tuugaalik und Unitas teilnehmen.

Ausbildung und Einsatzbereitschaft

Zusätzlich zu den scharfen RAS-Manövern und der Navigation durch die Unwägbarkeiten des Nordatlantiks hält sich die Besatzung der „Berlin“ durch regelmäßige Übungen einsatzbereit. Sei es Mann über Bord, Feuer im Schiff, Wassereinbruch oder die Notlandung des Bordhubschraubers auf dem Flugdeck: Alles muss immer wieder trainiert werden, damit die Abläufe im Ernstfall sitzen. Ebenso kommt die eingeschiffte Bordwaffengruppe zum Zug und kann sich an den Maschinengewehren zur Abwehr von Speedbooten beüben.

„Nach der Phase in der Werft und damit einhergehenden Personalwechseln nutzen wir zeitliche Freiräume, um neue Besatzungsmitglieder einzuarbeiten und erfahrenen Kameradinnen und Kameraden die Möglichkeit zum Üben zu geben“, erläutert Schlüter. Zudem wird Atlantic Bear genutzt, um dem Offiziernachwuchs der Marine erste Einblicke in die Seefahrt zu bieten.

Am 16. August 2025 lief der Einsatzgruppenversorger dann als erstes Schiff der Deutschen Marine im Hafen von Nuuk ein. Aus Sicht des Kommandanten der „Berlin“ verlief dieser erste Teil von Atlantic Bear planmäßig. „Die ,Berlin‘ hat die Herausforderungen der Region um den Polarkreis sehr gut gemeistert. Die Besatzung ist hierdurch weiter zusammengewachsen und hat so eine gute Grundlage für die kommenden Vorhaben gelegt“, so Schlüter. Nach kurzem Hafenaufenthalt nimmt der deutsche Einsatzgruppenversorger Kurs auf Kanada – die Übung Nanook-Tuugaalik wartet schon auf die Besatzung.

  • Ein graues großes Schiff fährt auf ruhiger See

    Mit viel Kraftstoff, Frischwasser, Proviant und Munition im Bauch legt der Einsatzgruppenversorger „Berlin“ in Island ab, um wenig später die Fregatte „Hamburg“ in See zu versorgen

    Bundeswehr/Christoph Kassette
  • Zwei Schiffe stehen sich während eines Tankvorgangs gegenüber

    Nachdem das Stahlseil zwischen der „Berlin“ und der „Hamburg“ gespannt ist, wird der Schlauch für die Kraftstoffübergabe in den Tankstutzen der Fregatte geführt

    Bundeswehr/Christoph Kassette
  • Zwei Schiffe stehen sich während eines Tankvorgangs auf stürmischer See gegenüber

    Keine 50 Meter trennen die Kriegsschiffe. Trotz Wind und Seegang müssen aber beide ihren Kurs konstant halten, um das Versorgungsmanöver erfolgreich zu beenden.

    Bundeswehr/Christoph Kassette
  • Ein Bordhubschrauber hebt vom Deck eines Schiffes ab

    Der Einsatzgruppenversorger „Berlin“ hat zwei Bordhubschrauber vom Typ Sea Lion in den bordeigenen Hangars. Start und Landung erfolgen vom Flugdeck am Heck des Schiffs.

    Bundeswehr/Christoph Kassette
  • Ein Bordhubschrauber im Flug

    Ob Transportaufgaben, Suche und Rettung von Personen oder der Einsatz des Seeraumüberwachungsradars: Der Sea Lion erweitert das Fähigkeitsspektrum der „Berlin“ enorm.

    Bundeswehr/Christoph Kassette
  • Zwei Feuerwehrleute stehen unter Deck mit Schläuchen in der Hand in der Tür

    „Feuer im Schiff, Feuer im Schiff!“ Regelmäßig übt die Besatzung der „Berlin“ Notsituationen. Gleiches gilt für Mann über Bord oder Wassereinbruch.

    Bundeswehr/Christoph Kassette
  • Ein Soldat steht an Deck an einem Maschinengewehr während einer Schießübung

    Die Soldaten der Bordwaffengruppe üben regelmäßig den Einsatz der Maschinengewehre an Bord, um gegebenenfalls Überwasserdrohnen oder Speedboote abwehren zu können

    Bundeswehr/Christoph Kassette
  • Blickrichtung Bug vom Schiff aus auf die raue See

    Trotz stürmischer See navigiert die Besatzung der „Berlin“ sicher durch die Weiten des Nordatlantiks

    Bundeswehr/Christoph Kassette
von Ole Henckel

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