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Silver Dagger: Spezialkräfte üben in Finnland

Soldaten vor einem Helikopter im dunkeln
Quadriga 2025

Silver Dagger

Was machen Spezialkräfte in der Landes- und Bündnisverteidigung? Das zeigt der deutsche Anteil an Southern Griffin an der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Nordflanke.

Vom 25. August bis zum 12. September 2025 absolvierten Spezialkräfte aus neun NATONorth Atlantic Treaty Organization-Nationen die bisher größte Spezialkräfteübung auf finnischem Boden: Southern Griffin 25. Rund 1.600 Soldatinnen und Soldaten trainierten zu Land, in der Luft und auf dem Wasser Spezialoperationen in einem Szenario der Landes- und Bündnisverteidigung. Der deutsche Beitrag zur Übung, Silver Dagger, war zugleich Bestandteil der bundeswehrgemeinsamen Großübung Quadriga.

Die Übung Southern Griffin wurde national organisiert und geführt vom finnischen Utti Jaeger Regiment, den Spezialkräften der finnischen Armee. Von Seiten der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Partner beteiligten sich Dänemark, Deutschland, Estland, Frankreich, Großbritannien, Norwegen, Schweden und die USA mit Einsatzkräften, Waffensystemen, Luftfahrzeugen, Booten und anderen Transportmitteln an Southern Griffin 25.

Beteiligt waren unter anderem Soldatinnen und Soldaten des Kommandos Spezialkräfte der Bundeswehr, des Hubschraubergeschwaders 64 und des Operativen Führungskommandos der Bundeswehr.  „Finnland ist NATONorth Atlantic Treaty Organization-Frontstaat und mit einer Grenze von mehr als 1.300 Kilometern eine der potenziellen Angriffsachsen gegen das Bündnis in Europa. Bei Southern Griffin können wir Spezialoperationen einsatznah üben, integriert über alle Dimensionen und multinational von der taktischen Ebene bis in die Führungsstrukturen – für eine stärkere, schlagkräftigere Allianz“, sagte ein Übungsteilnehmer des Kommandos Spezialkräfte der Bundeswehr. 

Das Szenario: Sofort handlungsfähig bei Kriegsausbruch

Im fiktiven Übungsszenario weisen nachrichtendienstliche Informationen auf einen unmittelbar bevorstehenden Angriff feindlicher Kräfte im Baltikum hin. Die Alliierten verlegen umgehend Spezialkräfte an die Nordflanke, denn auch hier droht eine Invasion. Sobald der Nordatlantikrat wegen eines völkerrechtswidrigen Angriffs auf einen NATONorth Atlantic Treaty Organization-Bündnispartner Artikel 5 des Nordatlantikvertrags ausruft, stehen die multinationalen Spezialkräfte an der Seite der Finnen bereit. Die Verstärkungskräfte beginnen die Verlegung von Personal und Material. Denn der Artikel 5 verpflichtet die Nationen der NATONorth Atlantic Treaty Organization zu gegenseitigem Beistand.

Die Spezialkräfte sollen mit ihren Einsätzen Handlungsoptionen für die nachrückenden Land-, Luft- und Seestreitkräfte der NATONorth Atlantic Treaty Organization eröffnen. Das bedeutet: Sie sammeln Informationen über mögliche Zielobjekte, platzieren Drohnen, sabotieren feindliche Infrastruktur wie Flughäfen oder Bahnhöfe, schalten Flugabwehrsysteme aus und schwächen so die Kampfkraft des Gegners vor dessen weiterer Offensive gegen die Allianz.

Ein Soldat springt aus einem Helikopter ab

Luftlandeeinsatzverfahren wurden im Air Ground Integration Training mit Spezialkräften und Luftfahrzeugen aus neun NATONorth Atlantic Treaty Organization-Nationen geübt

PUOLUSTUSVOIMAT/Finnish Defence Forces
Ein Soldat fährt ein Quad aus einem Helikopter

Auch die schnelle Verladung und Luftverlegung von Kleinfahrzeugen war Übungsbestandteil

Bundeswehr/Mario Bähr

Luftunterstützung: Schnell rein, schnell raus

Von besonderer Bedeutung ist dabei, Kräfte schnell per Luftfahrzeug – wenn die gegnerische Lage es erlaubt – in einem Operationsgebiet zu verlegen, über das man nicht die Lufthoheit hat, wenn beispielsweise die feindliche Flugabwehr oder gegnerische Drohnenschwärme im Einsatz sind. Oberstleutnant Alexander T., Pilot und Projektoffizier im Hubschraubergeschwader 64, ist für die Einsatzplanung der Luftunterstützung bei Southern Griffin zuständig. Er erläutert: „Luftstreitkräfte werden in der Regel dezentral geführt. Spezialoperationen mit Luftunterstützung erfordern andere Führungsprozesse, weil alles schneller mit unmittelbarem Bezug zu den Operateuren am Boden verläuft.“ 

Der Übungsschwerpunkt bei Southern Griffin liegt auf der taktischen Ebene. Hier können alle Verfahren so realitätsnah wie möglich trainiert werden – vom Air Ground Integration Training (AGITAir Ground Integration Training), bei dem Teams aus Spezialkräften am Boden und in der Luft nach kürzester Vorbereitungszeit nationenübergreifend zusammenarbeiten, über Tiefflüge per Nacht zur verdeckten Verbringung bis hin zur Landung in unbekanntem Terrain und ohne Flugfeld. „Unsere Piloten wissen nicht, was sie erwartet. Das Gelände ist unbekannt, das Flugfeld kann nicht vorerkundet werden und jede Landung darf nur wenige Minuten dauern. Zusätzlich fällt das GPSGlobal Positioning System durch Jamming aus. Das ist „Train as you fight“, betont Oberstleutnant T.

Zusammenhalt, Abschreckung - und eine starke Reserve

Die Herausforderungen für die taktische Ebene sind groß. „Die Arktis ist auch im Sommer Arktis“, sagte ein Übungsteilnehmer der finnischen Spezialkräfte. Der Regen, der Matsch, das schwierige Gelände von den Wäldern und Seen im Süden bis zu den arktischen Regionen im Norden machen Finnland zu einem einzigartigen, komplexen Einsatzraum. Die multinationale Beteiligung an Southern Griffin sei daher auch ein Signal der strategischen Bedeutung Finnlands für die NATONorth Atlantic Treaty Organization, so der finnische Offizier: „Nur in Finnland lässt sich die Verteidigung der Nordostflanke der NATONorth Atlantic Treaty Organization üben.“

Das gemeinsame Training ermögliche, im Bündnisfall schnell wirkungsvoll zu handeln. Multinationale Abschreckung funktioniere am besten aus einer Position der Stärke. Er erklärt: „In Finnland gab es keine Friedensdividende. Wir waren und sind verteidigungsbereit – mit einer Wehrpflicht für alle jungen Männer und einer starken Reserve. Denn die Zahl gut ausgebildeter Kräfte zählt. Das macht uns durchhaltefähig – als Armee, als Nation.“ Die Besonderheit: Die Reserve der finnischen Streitkräfte umfasst auch Spezialeinheiten. Rund zwei Drittel der Einsatzkräfte in der Übung sind Reservistinnen und Reservisten. 

Das gilt nicht nur bei Southern Griffin. Parallel trainierten in vier Regionalübungen in ganz Finnland rund 6.000 Männer und Frauen der Heimatschutzkräfte. Übungen finden mehrheitlich freilaufend statt, also außerhalb von Übungsplätzen. Auch die regionale Reserve ist bestens ausgebildet für ihren Auftrag: gegnerische Spezialkräfte und spezialisierte Kräfte zu finden und zu bekämpfen: „Niemand kennt das Gelände vor Ort so gut wie unser Heimatschutz.“

Soldaten verladen Material in einem Helikopter
Quadriga 2025

Wenn deutsche Spezialkräfte in finnischen Hubschraubern fliegen

Beim Air Ground Integration Training übten Kommandosoldaten bei Southern Griffin in Luftfahrzeugen anderer Nationen - für mehr Interoperabilität im Ernstfall.

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