In 24 Stunden über 1.000 Menschen impfen
Pro Tag kommen in den drei Schichten insgesamt 108 Soldatinnen und Soldaten zum Einsatz. 66 dieser Frauen und Männer der Bundeswehr werden dabei im organisatorischen Ablauf als Helfende Hände tätig, während 42 Sanitätskräfte und Ärzte aus Cochem in neun Kabinen, darunter eine rollstuhlgerechte, die Menschen impfen. „In 24 Stunden werden das über 1.000 Personen sein“, sagt der Hauptmann, und Stolz darüber schwingt in seiner Stimme mit. „Wir bleiben hier so lange, wie wir gebraucht werden“, betont der Bochumer, auch wenn die schlimmsten Corona-Phasen überwunden zu sein scheinen.
Dankbarkeit, strahlende Augen und viele nette Gespräche werden Hubertus Schmitz aus seinem 14-tägigen Amtshilfe-Einsatz in Erinnerung bleiben. Der 52 Jahre alte Stabsfeldwebel ist von den Begegnungen im Impfzentrum regelrecht begeistert. „Es hat gut getan, die Leute zu betreuen und zu begleiten. Und ich verstehe meine Frau jetzt besser, denn sie hat beruflich viel mit älteren Menschen zu tun“, sagt der Luftfahrzeugmechaniker-Meister und fügt an: „Sonst bin ich ja eher der Techniker, hier durfte ich nur Mensch sein.“
Dass er jetzt 14 Tage lang wegen der Amtshilfe im Impfzentrum seinen Arbeitsplatz in der riesigen Flugzeugwerft des Bücheler Fliegerhorstes nicht gesehen hat, nahm der Stabsfeldwebel als willkommene Abwechslung wahr. Dennoch freut er sich auf die Rückkehr in den Hangar: „Ich bin seit 1993 am Tornado tätig, das ist mein Baby“, sagt Schmitz, der als Luftfahrzeugmechaniker-Meister der Fachrichtung Flugwerk quasi die gesamte äußere Hülle, die sogenannte Zelle, repariert und wartet.
Dazu gehören beispielsweise das Fahrwerk oder der Fanghaken am Heck der Maschinen. Turnusgemäß, etwa alle 150 Flugstunden, muss der Stabsfeldwebel diese sicherheitsrelevanten Bauteile prüfen – ein Job mit großer Verantwortung. „Obgleich ich schon fast 30 Jahre an diesem Flugzeugtyp arbeite, kenne ich noch lange nicht jede Schraube“, meint Schmitz mit Blick auf stetige Neuerungen an dem Mehrzweck-Kampfjet.
Vom Nissan zum Tornado
Als „schöne Erfahrung“ verbucht auch Daniel Elsen seinen Einsatz im Lebacher Impfzentrum: Der Oberfeldwebel und Luftfahrzeug-Elektriker war als „Helfende Hand“ gleich in mehreren Funktionen eingesetzt: So wies er eintreffenden Impf-Kandidaten Parkplätze zu, kontrollierte am Check-in und Check-out die Papiere der Menschen auf Vollständigkeit.
In Erinnerung bleibt ihm eine betagte Frau, die bei ihrer Ankunft im Impfzentrum „hoch nervös“ erschien. „Ich habe ihr in aller Ruhe den Ablauf erklärt und gesagt, dass sie bei uns gut aufgehoben sei“, berichtet der 29-Jährige. „Dann hat sie sich vertrauensvoll bei mir untergehakt, und wir sind die Impfstationen gemeinsam abgelaufen. Sie war sehr dankbar, als es geschafft war“, so der junge Oberfeldwebel aus der Eifel.
Im Geschwader kümmert sich Elsen in der Instandsetzungsstaffel Schulter an Schulter mit Hubertus Schmitz um die Tornados. Der Oberfeldwebel ist hauptsächlich für die Elektrik der Maschinen zuständig. „Ich habe Kraftfahrzeug-Mechatroniker gelernt“, berichtet Elsen. „Hin zum Tornado war schon technisch gesehen ein riesiger Schritt“, sagt der 29-Jährige mit einem breiten Schmunzeln. So prüft Elsen zum Beispiel die Instrumente im Doppelsitzer-Cockpit regelmäßig auf einwandfreie Funktion. Auch ist er zuständig für die Kabelbäume sowie die Stromversorgung im Bordnetz der Tornados.
Beruhigen und beschleunigen
Stabsunteroffizier Elias Kiehlmeier gehört ebenfalls zur Instandsetzungsstaffel des Geschwaders. Der Fluggerätemechaniker ist im Schwerpunkt für die Tornado-Triebwerke zuständig. Die 14 Tage im Impfzentrum der Bundeswehr wertet er für sich als bereichernd, „schon allein wegen der vielen guten Gespräche mit den zu Impfenden“. Der 27-Jährige konnte wie seine Kameraden Elsen und Schmitz beruhigend auf Menschen einwirken, ihnen ein wenig die Angst vor Piks und Impfstoff nehmen.
Gleich nach Ende seines Amtshilfe-Einsatzes wartete eine weitere anspruchsvolle Aufgabe auf den jungen Rubenheimer: Ein Tornado des Geschwaders hatte kurz vor dem Start Probleme mit dem Nachbrenner: „Sobald ein solches Problem vom Piloten erkannt wird, bleibt die Maschine am Boden“, so der Stabsunteroffizier. In der Folge musste der Fehler gefunden werden. Um ihn lokalisieren zu können, wird die Maschine am Boden über ihren Fanghaken festgezurrt und das Doppel-Triebwerk maximal hochgefahren. „Bodenprüflauf nennt sich das“, erklärt Kiehlmeier.
Da bei solchen Tests besonders im hinteren Bereich des Flugzeuges enorme Kräfte wirken, hohe Temperaturen herrschen und es extrem laut wird, gelten strenge Sicherheitsregeln. So müssen alle Beteiligten zur Lärmschutzausstattung auch einen speziellen Nierengurt tragen, der innere Organe gegen Vibrationen schützt, die vom Triebwerk ausgehen. Kiehlmeier läuft mit Helm und Gehörschutz bestimmte Stellen an der Maschine ab, kontrolliert und justiert, während sein Vorgesetzter und Meister, Hauptfeldwebel Stefan Pfnür, im Cockpit sitzt und die Triebwerke auf Volllast ausreizt. Schließlich ist der Fehler gefunden, behoben, und die Maschine kann bald wieder an den Start gehen.
Positiven Eindruck hinterlassen und auf dem Boden bleiben
Die Soldatinnen und Soldaten des Bücheler Geschwaders haben durch den Corona-Einsatz bei der Bevölkerung einen tollen Eindruck hinterlassen. Nicht nur die vielen positiven Reaktionen vor Ort im Impfzentrum der Bundeswehr in Lebach beweisen das. Im Internet sind mehr als 500 Kommentare von Menschen zu lesen, die sich dankbar und zufrieden über ihren Aufenthalt dort äußern. Und trotzdem werden die Tornado-Experten deswegen nicht abheben, sondern weiter ihren Auftrag erfüllen – im Cockpit, auf dem Fliegerhorst und vielleicht auch wieder im Impfzentrum.
von
Carsten Borgmeier