Heer
In 72 Stunden verlegebereit

EUEuropäische Union-Battlegroup sitzt auf gepackten Koffern

EUEuropäische Union-Battlegroup sitzt auf gepackten Koffern

Datum:
Ort:
Stadtallendorf
Lesedauer:
4 MIN

Deutschland stellt ab Juli für sechs Monate die Führung und den Kern der Eingreiftruppe der EUEuropäische Union, die European Union Battlegroup (EUGB). Den deutschen Anteil bilden im Wesentlichen die Soldatinnen und Soldaten der Division Schnelle Kräfte. Sie bereiten sich gerade darauf vor und haben einen Luftsicherheitsbereich eingerichtet.

Ein gelber Gabelstapler transportiert einen blauen Container. Ein Soldat mit Warnweste geht vorbei.

Auf dem temporären Luftsicherheitsbereich in Stadtallendorf wird eifrig gepackt und verladen. Im Falle eines Einsatzes muss alles schnell gehen.

Bundeswehr/DSK

Der Begriff Luftsicherheit bezieht sich im Bereich der Luftfahrt auf die Abwehr äußerer Gefahren. Als äußere Gefahren gelten insbesondere Flugzeugentführungen, Sabotageakte und andere, beispielsweise terroristisch motivierte Angriffe. Deshalb gibt es an jedem Flughafen sogenannte Flugsicherheitsbereiche, die einem besonderen Schutz unterliegen.

Auch ohne Flugplatz

An einem Zaun hängt ein weißes Schild mit schwarzer Schrift.

Der temporäre Luftsicherheitsbereich in der Division Schnelle Kräfte wird durch Zäune und NATO-Stacheldraht abgesichert

Bundeswehr/DSK

Obwohl Stadtallendorf in Hessen keinen Flughafen besitzt, wurde dort in der Herrenwaldkaserne, der Heimat der Division Schnelle Kräfte (DSKDivision Schnelle Kräfte), ein temporärer, militärischer Luftsicherheitsbereich eingerichtet. Grund ist die bevorstehende Herstellung der Einsatzbereitschaft für den Kernauftrag der EUBGEuropean Union Battlegroup. In der Stadtallendorfer Kaserne wird das erforderliche Material jetzt vorbereitet. Bis zu 4.100 Soldaten kann die gesamte Battlegroup umfassen. Deutschland entsendet rund 2.600 Soldaten, einen Großteil stellt das Fallschirmjägerregiment 26 aus Zweibrücken und das Hauptquartier der DSKDivision Schnelle Kräfte. Aus den Niederlanden kommen 730 Frauen und Männer, aus Österreich 575, aus Kroatien 225. Tschechien stellt 160 Soldaten, Irland 155, Finnland 70, Schweden 20 und Lettland 10 Soldatinnen und Soldaten. Neben dem Personal muss auch viel Material vorbereitet werden, schließlich muss sich die EUBGEuropean Union Battlegroup jederzeit auf einen möglichen, nahezu weltweiten Einsatz vorbereiten.

Sichere Lieferkette notwendig

Vier Soldaten stehen vor einem geöffneten Container, der mit festgezurrten Kisten beladen ist.

Das Material des Hauptquartiers der EUBGEuropean Union Battlegroup ist sehr umfangreich. Es umfasst 118 Container, die auf maximal zehn Tonnen beladen werden, um im Einsatzgebiet logistisch flexibel zu sein.

Bundeswehr/DSK

Sollte sich die EUEuropäische Union zum Einsatz der EUBGEuropean Union Battlegroup entscheiden, muss alles schnell gehen. Die ersten Soldaten müssen im Falle der Aktivierung innerhalb von 72 Stunden verlegebereit im Standort Stadtallendorf sein und nach fünf Tagen die Verlegung ins Einsatzgebiet beginnen. „Um das Material in entsprechenden Zeiten transportieren zu können, ist vorab eine manipulationssichere Aufbewahrung sowie eine sichere Lieferkette zu gewährleisten“, so Feldwebel Mike Erdrich. Er ist einer der Verantwortlichen für den Luftsicherheitsbereich und auch für das Packen der Container zuständig.

Hohe Anforderungen

Alle Beteiligten der sicheren Lieferkette müssen über eine Zuverlässigkeitsüberprüfung verfügen. Das betrifft die Soldaten aber auch mögliche externe Dienstleister wie beispielsweise Spediteure. Die eigentliche Zollabfertigung wird durch die Bundeswehr, den Stab der DSKDivision Schnelle Kräfte und seine Verlegezelle G4, zuständig für die Logistik, vor Ort vorbereitet und findet am Ende durch den Zoll am Verlegeflughafen statt. Das bedeutet, dass im Luftsicherheitsbereich in Stadtallendorf nur dafür zertifiziertes Personal arbeiten und sich aufhalten darf. 120 Soldaten der DSKDivision Schnelle Kräfte durchliefen dafür seit Anfang des Jahres eine rund zweiwöchige Zusatzausbildung.

„Dies hat es so noch nicht gegeben“

Ein Soldat steht an einem braunen Container und markiert ihn mit gelben Klebestreifen.

Damit später alles wiedergefunden werden kann, müssen die Container beschriftet werden

Bundeswehr/DSK

Luftfrachtsendungen müssen in besonderer Weise gegen unbefugte Zugriffe Dritter geschützt werden. Nur als sicher eingestufte Luftfracht darf an Fluggesellschaften, dazu zählt in diesem Fall auch die Luftwaffe, übergeben werden. Um die Lieferkette zu sichern, muss entweder die Fracht einmalig vor der Anlieferung an den Abgangsflughafen oder am Abgangsflughafen selbst durch einen reglementierten Beauftragten (Luftfrachtspediteure, Logistikanbieter, Lager- und Transportdienstleistungsunternehmen) untersucht werden oder der Verlader muss vom Luftfahrt-Bundesamt (LBA) als bekannter hoheitlicher Versender zugelassen worden sein.

Seit Wochen liefern Spediteure rund 20 Container pro Woche an, die es bis spätestens 1. Juli zu befüllen und zu verplomben gilt. Der temporäre Luftsicherheitsbereich wurde im Grunde in Stadtallendorf einfach auf die grüne Wiese gesetzt, genauer im technischen Bereich der Kaserne aufgebaut. „Dies hat es so noch nicht gegeben“, sagt Major Ralf Jettke, Kompaniechef der Stabs- und Fernmeldekompanie der DSKDivision Schnelle Kräfte. Seine Männer und Frauen sind gemeinsam mit den Soldaten der Fernmeldekompanie der DSKDivision Schnelle Kräfte für den Aufbau und Betrieb des Luftsicherheitsbereiches verantwortlich. So ist für die Vorbereitung des Materials auch zusätzliches Personal und Know-how notwendig, unter anderem Containerpacker, Gefahrgutexperten und Luftsicherheitsbeauftragte.

Nichts darf verrutschen

In einer Halle schneiden drei Soldaten Hölzer für die Sicherung des Transportgute zu.

Alles muss nach Luftfahrtvorschriften verpackt und gesichert werden. Nichts darf auf dem Transport verrutschen. Dafür werden speziell imprägnierte Hölzer genutzt.

Bundeswehr/DSK

Gepackt werden insgesamt 118 Container. Jeder Container könnte bis maximal 20 Tonnen an Ladung aufnehmen. Um im Einsatzgebiet aber eine flexiblere örtliche Logistik nutzen zu können, werden sie mit maximal zehn Tonnen beladen. Das Material ist sehr umfangreich. Schließlich muss die EUBGEuropean Union Battlegroup bis zu 120 Tage autark im Einsatzgebiet agieren können. Rund ein Drittel soll im Falle eines Einsatzes über den Luftweg versendet werden, der Rest über den Seeweg.

„Da aber nicht ausgeschlossen werden kann, dass am Ende doch alles auf dem Luftweg transportiert werden muss, werden alle Container für die anspruchsvollste Form, den Lufttransport, vorbereitet und gepackt. Dies bedeutet zusätzlichen Aufwand“, so Erdrich. Das Vorbereiten der Container erfordert eine Vielzahl handwerklich präziser Tätigkeiten. Nichts darf am Ende verrutschen oder den Transport und das Luftfahrzeug gefährden. Dazu muss das Material unter anderem aufwendig in alle Richtungen verzurrt und verkeilt werden. Containerpacker Erdrich: „Da ist viel auch Learning by Doing. Schließlich machen wir das in dieser Art und Größenordnung auch zum ersten Mal.“

Vorbereitung abgeschlossen

Viele braune Container stehen nebeneinander.

Alles ist für die Phase ab 1. Juli 2020 vorbereitet

Bundeswehr/DSK

Generalmajor Andreas Hannemann, Kommandeur der DSKDivision Schnelle Kräfte, ist optimistisch: „Gerade die Division Schnelle Kräfte ist von ihren Voraussetzungen her perfekt für solche Aufträge aufgestellt. Mit dem Material im Luftsicherheitsbereich sitzen wir praktisch auf gepackten Koffern und können die Vorgaben einer schnellen weltweiten Verlegung auch erfüllen.“ Bis zum 1. Juli gibt es noch einige Container zu befüllen, doch bis zum Stichtag wird die Truppe ihre Einsatzbereitschaft hergestellt haben.

von André Forkert

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