Heer
Gewässerüberquerung

Übung Grand Crossings 2025: Vier Nationen überwinden gemeinsam den Rhein

Der Rhein, einer der größten Ströme Mitteleuropas, zieht sich auf 1.200 Kilometern von der Schweiz bis nach Rotterdam. Solche mächtigen Flüsse spielen eine zentrale Rolle in der Landes- und Bündnisverteidigung. Wenn Brücken zerstört sind, übernehmen die Pioniere. Bei Grand Crossings 2025 haben sie geübt, zwei parallele Rheinübergänge im Westen Deutschlands zu sichern.

Mehrere Amphibienfahrzeuge schwimmen auf dem Rhein, im Hintergrund ein ziviles Schiff.

Strategisch einzigartig: Das Deutsch/Britische Pionierbrückenbataillon 130 aus Minden ist Taktgeber bei der multinationalen Übung Grand Crossings 2025. Der Übungsname „Große Übergänge“ beschreibt das Können der Mindener Pioniere, das in der Bundeswehr einzigartig ist. Ihre Fähigkeit, militärische Fähren und schwimmende Brücken zu bauen, macht breite Gewässer für Gefechtsfahrzeuge überwindbar, eine gefragte Fähigkeit in der NATONorth Atlantic Treaty Organization.

Die Übung verbindet das Know-how der deutsch-britischen Truppe mit dem der Niederländer und Italiener: Insgesamt vier Nationen, 1.200 Soldaten und 500 Fahrzeuge sind beteiligt.

Ein deutscher Soldat steht mit Waffe vor einem Amphibienfahrzeug.

Das Deutsch/Britische Pionierbrückenbataillon 130 aus Minden führt die NATONorth Atlantic Treaty Organization-Übung an. Insgesamt nehmen 1.200 Soldatinnen und Soldaten mit 500 Fahrzeugen daran teil.

Bundeswehr/Mario Bähr

„Wir verlassen bekannte Übungsplätze und verlagern die Übung bewusst in den Alltag. Angepasst an eine angenommene taktische Lage, ist die Wahl auf zwei Rheinübergänge bei Kalkar gefallen. Idealtypisch und taktisch sinnvoll sichern die Pioniere zwei parallele Übergänge mit sicherem Abstand, in diesem Fall bei den Gemeinden Dornick und Hönnepel, etwa sechs Kilometer Luftlinie auseinander“, erklärt ein Planungsoffizier aus Minden.

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  • Ein Fahrzeugkran in voller Fahrt auf der Autobahn
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    Flexible Anmärsche für moderne Truppen – ein Muss

    Etwa 72 Stunden vor Übergangsbeginn: „Wir haben den Truppenübungsplatz Senne als Sammelraum für alle an den Übergängen beteiligten Soldatinnen und Soldaten festgelegt. Das sind rund 250 Kilometer bis zum Einsatzraum bei Kalkar“, erklärt ein Planungsoffizier. Es ist die logistische Vorstufe für den Übergang: Waffen, Material, Verpflegung, Ersatzteile, Wasser und medizinische Versorgung werden dort zusammengeführt.

    „Wir üben unter den Vorzeichen der aktuellen weltpolitischen Lage. 500 Fahrzeuge, das ist viel. Solche Ansammlungen wollen wir wegen gegnerischer Aufklärung vermeiden. Selbst wenn ein Fahrzeug ausfällt, darf nicht die ganze Operation scheitern. In Bewegung bleiben, ist entscheidend“, sagt der Kompaniechef der deutschen Amphibienkompanie.

    Schon ab dem Sammelraum werden Kolonnen mit etwa 20 Fahrzeugen geformt. So sind die Marscheinheiten von Anfang an taktisch einsatzbereit, genau in der Struktur, in der sie später am Rhein arbeiten. Das spart Zeit und Abstimmung im Einsatzraum.

  • Eine kleine Drohne fährt auf dem Wasser über den Rhein.
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    Der Rhein: Herausfordernd, aber machbar

    Noch 36 Stunden bis Übergang: Das Ruhrgebiet, normalerweise schon dicht befahren, wird durch die Marschbewegungen der Truppe zusätzlich beansprucht. „Zur Hauptverkehrszeit durch das Ruhrgebiet, das ist Wahnsinn, aber realistisch“, schildert eine Offizierin der Feldjäger, die den Marsch durch Knotenpunkte absichert.

    Die Fahrer und Fahrerinnen müssen sich sehr konzentrieren: Ein Amphibienfahrzeug misst 3,35 Meter in der Breite und über 13 Meter in der Länge. Über viele Stunden manövrieren sie diese Kolosse sicher durch den Verkehr.

    Im Bereitstellungsraum angekommen, sind es nur noch zehn Kilometer bis zum Rhein. Weniger als 24 Stunden bleiben für die Einsatzbereitschaft der Übergänge. „Unsere Brückensysteme funktionieren. Aber wir müssen die Ein- und Ausfahrtstellen genau kennen“, sagt ein Oberleutnant, der ein zwölfköpfiges Erkundungsteam führt. Die Sonobot-Drohne surrt über das Wasser. Sie ortet Minen, Untiefen und andere Hindernisse unter Wasser. Die unbemannte Sonartechnik vermisst präzise die geplanten Übergangsstellen.

  • Mehrere Amphibien fahren hintereinander über eine Straße.
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    Drei Fähren aus vier Amphibien

    Etwa zwei Stunden bis Übergang: Es ist kurz nach 4 Uhr morgens. Die Sonne steht noch unter dem Horizont, aber es ist bereits hell. Die Schifffahrt auf dem Rhein läuft ohne Unterbrechung, bis zu 550 Schiffe täglich. In Dornick durchbricht das sonore Brummen britischer Amphibien die Stille. Laut Operationsplan muss der Übergang ab 7 Uhr tragfähig sein. Alles ist minutiös geplant. Das Führungsfahrzeug der zwölf britischen Amphibien erreicht zuerst die Stelle. Jetzt zeigt sich, wie realistisch die Erkundung war.

    Die Erkundung war gut. Die Anfahrt zur Übergangsstelle, die Gewässerbreite und die Strömungsgeschwindigkeit passen. Nur die Abbruchkante der Betonrampe könnte je nach Wasserstand zur Herausforderung werden“, beschreibt der britische Staff Sergeant, der mit seinem kleinen Geländefahrzeug die schweren Amphibien an den Rhein geführt hat. Er ist der Leiter des Fährbetriebs und steht unter hohem Druck, denn er trägt die Verantwortung dafür, dass alle Amphibien rechtzeitig ins Wasser gelangen. Für den Übergang werden drei Fähren aus jeweils vier Amphibien gebildet. Diese rotieren anschließend zwischen den Ufern, ohne den zivilen Schiffsverkehr auf dem Rhein zu behindern.

    An diesem Tag wird der Übergang bei Dornick zusätzlich durch zwei weitere Nationen verstärkt. Die 5. Kompanie des Panzerpionierbataillons 803 aus Havelberg setzt ihre Faltschwimmbrücke ein. Das italienische 2. Pontieri-Pionierregiment aus Piacenza bringt die letzten Fahrzeuge mit der Pont Flottant Motorisé über den Rhein. Es ist eine motorisierten Ponton-Modulfähre, mit der sich Brücken und Fähren unterschiedlicher Tragfähigkeit bauen lassen.

  • Drei Lkw werden von einer Ponton-Fähre über den Rhein getragen.
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    Hönnepel – die zweite Achse entsteht

    Der Übergang bei Dornick steht. Etwa sechs Kilometer südlich entsteht bei Hönnepel die zweite Übergangsstelle. In einem realen Einsatzszenario bietet dieser Abstand Schutz vor flächenwirksamen Angriffen und zugleich Flexibilität, um bei Bedarf zwischen den beiden Übergängen auszuweichen. Gewässerübergänge gelten als besonders anspruchsvolle Operationen, da sie die Beweglichkeit eigener Truppen sichern und zugleich ein attraktives Ziel für den Gegner darstellen. Der Leiter der deutschen Amphibienübergangsstelle betont: „Wir arbeiten nach dem Grundsatz, die Übergänge schnell und flexibel zu betreiben.“

    In Hönnepel wie auch in Dornick zeigt sich, dass die Übung Grand Crossings in das alltägliche Leben der Bevölkerung eingebettet ist. Mit Sonnenaufgang versammeln sich interessierte Familien an den Rheinufern, um das Geschehen zu verfolgen. Auch Lotsenboote der Rheinschifffahrt sind an beiden Übergangsstellen im Einsatz. Die Lotsen koordinieren die Querbewegungen der Fähren mit dem Fahrplan der zivilen Schubverbände. Der kommerzielle Verkehr hat Vorrang. Die Pioniere nutzen die entstehenden Lücken effizient.

    Der Hauptfeldwebel und Leiter der Übergangsstelle ist routiniert. Er befiehlt den Amphibien, direkt aus dem Anmarsch in den Rhein zu fahren. Für die Besatzungen ist das der Standard. Noch während der Zufahrt klappen sie die seitlichen Schwimmkörper aus. Beim Eintauchen ins Wasser erhält das Fahrzeug sofort Auftrieb. In einer fließenden Bewegung wird das Radfahrzeug zur Amphibie. Auch hier koppeln die Soldatinnen und Soldaten vier Amphibien zu einer Fähre und setzen drei Fähren gleichzeitig ein. Später übergibt der deutsche Hauptfeldwebel die Übergangsstelle an die niederländischen Pioniere des 105. Pionierbataillons, die dort ihr eigenes Faltschwimmbrückensystem einsetzen.

  • Eine niederländische Fähre setzt Fahrzeuge über. Im Vordergrund steht eine Soldatin.
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    Combat Ready: Pionierpower aus vier Nationen

    Die Übergänge bei Dornick und Hönnepel laufen stabil. Vom Morgengrauen bis in den Abend hinein überqueren rund 500 Fahrzeuge den Rhein. Deutschland, Großbritannien, die Niederlande und Italien setzen jeweils ihr eigenes Brückensystem ein.

    Während sich die britischen Amphibien zurückziehen, übernehmen die deutschen Pioniere aus Havelberg die Übergangsstelle in Dornick. Ihre Faltschwimmbrücke ist schnell einsatzbereit. Auch in Hönnepel arbeiten die deutschen Fähren weiter, bevor der Übergang an die niederländischen Kameradinnen und Kameraden übergeben wird.

    Deutschland und Großbritannien nutzen die Schwimmschnellbrücke Amphibie M3 und die deutsche Faltschwimmbrücke mit dem Motorboot M3. Die Niederlande setzen ihr eigenes Schwimmbrückensystem mit Schubbooten ein, das über Adapter mit der M3 kompatibel ist. Italien bringt die Pont Flottant Motorisé (PFM) ein, ein modulares, selbstangetriebenes System für Fähren und Brücken mit variabler Tragkraft.

    Oberstleutnant Florian Loges, Kommandeur des Deutsch/Britischen Pionierbrückenbataillons 130, erklärt: „Grand Crossings zeigt, wie wir im multinationalen Rahmen gemeinsam mit unseren NATONorth Atlantic Treaty Organization-Partnern trainieren. Wir schaffen Verständnis, bauen Vertrauen auf und erproben Verfahren, die im Ernstfall funktionieren müssen.“ Multinationalität sei dabei der Schlüssel. Nur wer die Systeme und Abläufe der Partner kennt, kann im Einsatz nahtlos zusammenarbeiten.

NATONorth Atlantic Treaty Organization-Übung Grand Crossings 2025 bei Dornick und Hönnepel

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