Die Ausbildungswerkstätten der Luftwaffe in Zeiten von COVID-19Coronavirus Disease 2019
Die Ausbildungswerkstätten der Luftwaffe in Zeiten von COVID-19Coronavirus Disease 2019
- Datum:
- Ort:
- Nörvenich
- Lesedauer:
- 5 MIN
Ob in Husum, Nörvenich, Lechfeld oder Holzdorf – für die zehn Standorte der Ausbildungswerkstätten der Luftwaffe wurde aufgrund der COVID-19Coronavirus Disease 2019-Pandemie die Präsenzpflicht für die Auszubildenden ausgesetzt. Fernausbildung, „homeschooling“, ist angesagt. Doch seit kurzem knallen in den Werkstätten wieder die Türen und es wird geschraubt, gelötet und Lehrstoff vermittelt - wenn auch mit Einschränkungen.
Kindheitstraum zum Greifen nah
Max Bartels wohnt in Torgau und er hat einen Traum. Bartels hofft, mit der Lehre zum Fluggerätemechaniker der Ausbildung zum Piloten bei der Bundeswehr einen Schritt näher zu kommen – und die Chancen stehen nicht schlecht. „Ich habe mich als Kind schon für die Flugzeugbranche interessiert und wollte schon immer im Cockpit sitzen“, spricht Bartels von seinem Wunsch. Dazu gehört für ihn eine hoch qualifizierte Ausbildung, die er bei der Luftwaffe bekomme. Durch Gespräche mit Kumpels aus seiner Clique erfuhr er von dem zivilen Ausbildungsgang bei der Bundeswehr. Die Möglichkeit, nach dem Schulabschluss weiter bei der Truppe zu bleiben – als Techniker in zivil oder Uniform – findet er super. „Ich kann es jedem empfehlen, der eine hochwertige Ausbildung erhalten will“, so der Lehrling und betont, dass er dennoch an seinem Ziel Pilot zu werden, weiter arbeitet: „Ich hoffe, es gelingt.“
Zweimal attraktiv unter einem Dach
In der ehemaligen Werkstatthalle einer aufgelösten Hubschrauberstaffel am östlichen Ende der Start- und Landebahn des Fliegerhorstes Holzdorf stehen halb zerlegte Helikopter. Regalreihen mit Kisten voller Schrauben, Dichtringen und Hydraulikleitungen trennen die Halle in mehrere Abteile. Hier schrauben und messen, feilen und prüfen angehende Fluggerätmechaniker und haben Spaß dabei. Unter dem Dach der Ausbildungswerkstatt Holzdorf bildet die Luftwaffe an der Landesgrenze zu Brandenburg und Sachsen-Anhalt gleich zwei Berufe aus: neben dem „Elektroniker für Geräte und Systeme“ noch den Fluggerätmechaniker.
„…für eine solche Situation gibt es keine Schubladenlösungen“
„Wir haben unsere Auszubildenden beider Fachrichtungen seit dem 18. März von der Präsenzpflicht entbunden und für einen Teil der Ausbilder das Homeoffice eingeführt“, sagt Gunther Rziha, Leiter der Ausbildungswerkstatt Holzdorf und erläutert Maßnahmen zum Umgang mit COVID-19Coronavirus Disease 2019. Es galt zu reagieren, „denn für eine solche Situation gibt es keine Schubladenlösungen“. Sofort begann er mit seinem Team Module für die theoretische Durcharbeitung des Lernstoffes zu sichten und Wochenpläne zu erstellen. „Zu pass kamen uns die Prüfungsfragen vergangener Jahre“, sagt Ausbilder Silvio Wurst und erklärt, „da steht viel Rüstzeug drin, was die Jungs wissen müssen.“ Gedanken machte er sich über den Umfang, doch die Lehrlinge tauschen sich eh untereinander aus, weiß der Lehrausbilder. „Damit erreichen sie von sich aus ein einheitliches Niveau in der Stoffbeherrschung.“
Corona zwingt zum Lernen
Folgt man dem Azubi im zweiten Lehrjahr, Max Bartels, war die Corona-Zwangspause förderlich für das Lernen an sich. „Wir haben uns zu Hause vielmehr mit unseren Unterlagen beschäftigt.“ Jede Woche gab es Aufgabenpakete, unter anderem in der Fluggerätetechnik oder Fertigungs- Herstellungskunde. Zusätzlich beschäftigte er sich mit den Anforderungen zum Erwerb der ersten Teil-Lizenz – dem CAT-A-Modul. „Das ist für mich als Lehrling im zweiten und dritten Ausbildungsjahr wichtig“, so der Auszubildende.
Immer im Kontakt mit dem Ausbilder
Bartels erläutert mit knappen Worten das CAT-A Modul: „Es ist die Grundlizenz, um als Fluggerätemechaniker kleine Wartungsarbeiten durchführen zu können.“ Darauf bauen sich dann der Erwerb weiterer Lizenzen auf, je nachdem wie sich der Techniker später qualifizieren will. Gewöhnungsbedürftig war für den jungen Mann auch die Zeiteinteilung. In der Ausbildung wechsele das Schrauben am Helikopter mit dem Bordbuch schreiben oder der Arbeitsvorbereitung, „da ist kein Tag gleich“. Anders sah es am heimischen Schreibtisch aus, so Bartels. Der Arbeitstag in der Ausbildungswerkstatt beginne um sechs Uhr, „zu Hause habe ich dann um acht angefangen und hintereinander weg meine Aufgaben abgearbeitet“. Die Ausbilder gaben feste Abgabezeiten vor, die einzuhalten waren, außerdem riefen sie regelmäßig an und erkundigten sich nach den Lernfortschritten. „Ich fühlte mich gut betreut und habe mir in der Zeit jede Menge Wissen angeeignet“, fasst Bartels die Zeit Zuhause um Selbststudium zusammen.
Weniger ist mehr
Die Theorie-Aufgabenpakete lehnten sich an die Vorgaben der Berufsschule an, informiert Lehrmeister für das zweite Lehrjahr, Stefan Rahnfeld. „Es gibt einen Stoffvertiefungsplan, an dem orientierten wir uns.“ Auch wenn die Schulausbildung ausfiel, so hielt Rahnfeld regelmäßig Verbindung mit der Lehranstalt. Von dort kamen immer wieder Informationen, wie es weitergehen solle. Besonders interessierte ihn, wie der Fortgang der Berufsschulausbildung trotz verschärfter Hygiene- und Verhaltensregeln als auch den geforderten Mindestabständen, wiederaufgenommen werden kann. Bei den Elektronikern, so Ausbildungschef Rziha, sind die Klassen in zwei Gruppen aufgeteilt. Eine Hälfte erhält die Schul-Ausbildung vor Ort, während die zweite Gruppe in der Zeit zu Hause Aufgaben lösen muss. Auch bei den Fluggerätemechanikern ist geplant, die Klassen aufzuteilen und zeitversetzt auszubilden.
Mindestabstand und Mundschutz sind Pflicht
Für den weiteren Verlauf der Wiederaufnahme der Ausbildung unterscheiden die Planer zwischen den beiden Fachrichtungen. Und dass hat seine Gründe. Zum einen muss auf die Prüfungsvorbereitung der Elektroniker Rücksicht genommen werden und zum anderen kommt hier die Größe der Werkstätten zum Tragen. In der ehemaligen Heeresfliegerhalle könne die gesamte Ausbildungsklasse lernen, so Rhiza, denn die Mindestabstände zwischen den Auszubildenden bereiten hier keine Probleme. Bei den Elektronikern hingegen sind in den kleinen und noch dazu mit jeder Menge Technik ausgestatteten Werkstätten die Mindestabstände nicht einzuhalten. „Hier trägt jeder Mundschutz und es wird desinfiziert“, betont der Leiter der Holzdorfer Ausbildungswerkstatt.
Geprüft wird dennoch
Allen Ausbildungswerkstätten der Luftwaffe ist eines gemeinsam: Die Prüfungstermine der Abschlussprüfung Teil II (Kenntnis und Fertigung) wurden um jeweils einen Monat geschoben, in der Ausbildungswerkstatt Faßberg die der Abschlussprüfung Teil I sogar komplett auf den Herbst 2020 verlegt. Auch die Freisprechungen mit der Zeugnisübergabe werden um zwei Wochen verschoben. Horst Schildhammer, Leiter der Ausbildungswerkstatt Faßberg dazu: „Diese wird allerdings auch nur im kleinen Rahmen und unter Beachtung der Kontaktbeschränkung stattfinden.“ Ansonsten gebe es für die Abschlussprüfungen unterschiedliche Ansätze der jeweiligen Kultusministerien. „Diese variieren zeitlich miteinander“, teilt das Referat 3 III a des Kommando Luftwaffe auf Anfrage mit.