Herr Oberst, wie hat es sich ergeben, dass Sie und ihr Geschwader – stellvertretend für die gesamte Luftwaffe – erstmals ein binationales Training in Neuseeland durchführen?
Bereits seit einigen Jahren ist das Lufttransportgeschwader 62 für die Luftwaffe mit seinen Transportflugzeugen vom Typ Airbus A400M an diversen Übungen im Indopazifik beteiligt. Im Rahmen von Pitch Black 2022 umrundete dabei das erste Mal ein A400M die Welt. Zwei Jahre später folgte dann mit dem Erstflug eines deutschen A400M nach Neuseeland ein weiterer besonderer Schritt, der den Grundstein für die nun anstehende binationale Übung Tūhono Rangi 2025 legte.
Das Lufttransportgeschwader 62 ist an vielen nationalen und internationalen Übungen und Trainings beteiligt. Ist Tūhono Rangi 2025 daher vergleichbar mit anderen Vorhaben?
Diesmal ist es etwas ganz Besonderes. Es ist eine Übung von uns, für uns und auch für die Neuseeländer. Wir verlegen mit zwei A400M und knapp 50 Soldatinnen und Soldaten aus dem Lufttransportgeschwader 62 über eine Strecke von 20.000 Kilometern und führen dann über einen Zeitraum von zwei Wochen diverse Trainingsflüge durch. Wir üben Formationsflug und Tiefflug sowie das Absetzen von Fallschirmspringern und Lasten. Wir trainieren ebenfalls mit den neuseeländischen Objektschützern, also auch Evakuierungsoperationen und andere Szenarien, und das in einem für uns komplett neuen Umfeld.
Also hat das Training für Sie und den Verband einen hohen Stellenwert?
Für das Lufttransportgeschwader 62 stellt diese Übung einen Meilenstein dar. In den vergangenen Jahren bestand die Aufgabe bei den vielen Übungsbeteiligungen meistens darin, andere Verbände bei deren Verlegungen zu unterstützen, oder kleinere Anteile an Übungsvorhaben selbst zu übernehmen. Bei Tūhono Rangi 2025 ist dies jedoch anders. Bei der ersten gemeinsamen deutsch-neuseeländischen Luftwaffenübung steht auf deutscher Seite allein die taktische Aus- und Weiterbildung unserer A400M-Besatzungen im Mittelpunkt.
Warum ist für Sie dieses Training so wichtig?
Durch den fortschreitenden Fähigkeitsaufwuchs des A400M und des daraus resultierenden erweiterten Einsatz- und Auftragsspektrums des Lufttransportgeschwaders 62 bietet die Übung außergewöhnliche Möglichkeiten für eine umfassende Aus- und Weiterbildung der fliegenden Besatzungen und dem sonstigen am Flugbetrieb beteiligten Personal. Wenn eine Verlegung von Deutschland nach Neuseeland möglich ist, kann auch nahezu jeder andere Ort auf der Welt erreicht werden. Wenn wir es schaffen, unsere taktischen Fähigkeiten in Neuseeland zu projizieren, dann schaffen wir es überall auf der Welt. Wer dies in Neuseeland kann, der kann es auch an der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Ostflanke oder wo auch immer wir gebraucht werden.
Sie sind selbst vor Ort als Kommandant eines A400M. Wie ist ihr Arbeitsalltag?
Für mich und alle anderen Angehörigen des Kontingents sorgt der ambitionierte Flug- und Trainingsplan für eine enge Taktung und lange Tage. Die Luftfahrzeugbesatzungen der Frühschicht planen zum Beispiel am Vorabend ihre Mission. Drei Stunden vor dem Start trifft man sich morgens, bereitet alles Weitere vor und dann geht es in circa dreistündige taktische Flüge. Nach der Landung erfolgt das Debriefing, bevor es dann schon wieder an die Planung des nächsten Tages geht. Für die Techniker bedeutet es ebenfalls, dass sie zweimal am Tag eine Vorflug- und Nachflugkontrolle durchführen und aufgetretene Störungen in kleinen Zeitfenstern beheben müssen. Da die Maschinen aber erst nach der letzten Landung am späten Nachmittag kontrolliert werden können, kommt es zu langen Tagen.
Wie ist ihr Fazit nach der ersten Trainingswoche?
Aus militärischer Sicht kann man sagen, dass wir es hier in Neuseeland binnen kürzester Zeit geschafft haben, mit unseren Partnern gemeinschaftlich zu arbeiten und täglich voneinander lernen. Unsere gesteckten Ziele konnten wir wie geplant umsetzen. Hier vor Ort in Woodbourne und auch schon bei unserer Ankunft in Ohakea haben wir es mit professionellen und motivierten Soldatinnen und Soldaten zu tun. Ein Vorteil dabei ist, dass Neuseeland zwar nicht Mitglied der NATONorth Atlantic Treaty Organization ist, aber nach NATONorth Atlantic Treaty Organization-Standards arbeitet. Aus menschlicher Sicht ist es beeindruckend, wie freundlich und warmherzig wir empfangen worden sind. Die Teilnahme an der traditionellen Begrüßungszeremonie mit dem Haka war unbeschreiblich. Auch die neuseeländische Öffentlichkeit und die Medien sind begeistert von unserer Anwesenheit und den deutschen A400M. Es haben sich Freundschaften entwickelt. Die Übung ist also schon jetzt aus meiner Sicht ein voller Erfolg!
Herr Oberst, vielen Dank für Ihre Zeit.