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Luftwaffe
Landes- und Bündnisverteidigung

Neue Tiefflugregeln verbessern Möglichkeiten der taktischen Ausbildung

Neue Tiefflugregeln erweitern den Trainingsrahmen, heben Zeitlimitierungen auf und erlauben niedrigere Flughöhen in Tieffluggebieten.

Ein Transportflugzeug fliegt nahe der Erdoberfläche.

Bundeswehr/Stefan Petersen

Die Luftwaffe kann jetzt längere Zeit sowohl im Bereich eines einzelnen Übungsziels als auch im Strecken-Tiefflug trainieren. Das stärkt die Vorbereitung auf Luft-Boden-Einsätze und erlaubt realistischere Anflüge und Geländeflug. Die neuen Regeln steigern die Trainingsqualität und verbessern die Zusammenarbeit mit JTACs und dem Einsatzführungsdienst.

Ein Düsenjet fliegt nah am Boden.

Der Kampfjet vom Typ Eurofighter fliegt über den australischen Landmarken Uluru (Ayers Rock) und Kata Tjuta (The Olgas) bei der Übung Pitch Black 2022. Auch im Ausland übt die Luftwaffe den Tiefflug.

Bundeswehr/Christian Timmig

Ende der „20-Minuten-Regel“

Die Luftwaffe hat ihre Kräfte konsequent auf die Anforderungen eines potenziellen, hochintensiven Gefechts europäischen Zuschnitts ausgerichtet. Seit dem 1. Mai 2025 wurde eine im Jahr 2019 damals neu eingeführte Limitierung wieder weitestgehend aufgehoben. Das trägt den operativen Erfordernissen taktischer Luft/Boden-Einsätze (Luftnahunterstützung, Abriegelung des Gefechtsfeldes, dynamische Zielbekämpfung) Rechnung. Hier wird der verfügbare Trainingsrahmen für fliegende Verbände unter Berücksichtigung von Fluglärmaspekten erweitert. Dieser Schritt ist wesentlicher Bestandteil der Fähigkeitserhaltung im Bereich Wirkung aus der Luft und der integrierten Feuerunterstützung.

Die bisherige Vorgabe begrenzte die Verweildauer von Kampfjets und propellergetriebenen Maschinen über einem Übungsziel unterhalb von bestimmten Flughöhen auf maximal 20 Minuten. Um realistischere Trainingsprofile zu ermöglichen, entfällt diese Einschränkung künftig. Ehemals galt diese Limitierung für Flughöhen unterhalb von 7.000 Fuß (~2.100 Meter) bei Jets, beziehungsweise 3.000 Fuß (~900 Meter) bei Propellerflugzeugen. Diese Lockerung gilt nur tagsüber und nicht im Bereich unterhalb des Übungsluftraums „TRA Lauter“ (Temporary Reserved Airspace – zeitweise reservierter Luftraum), also etwa im Raum Süd-Rheinland Pfalz/Saarland. Bei Nacht bleibt alles unverändert. Die Aufrechterhaltung dieser Einschränkungen erfolgt im Interesse der Bevölkerung zur Vermeidung von Fluglärm.

Gleichzeitig führt die Luftwaffe ein engmaschiges Monitoring ein. Ziel ist es, Rückmeldungen zur Lärmbelastung belastbar zu analysieren.

Tiefflug als unverzichtbarer Ausbildungsbaustein

Tiefflug bleibt ein kritischer Bestandteil der modernen Luftkriegsführung. Besatzungen müssen in niedriger Höhe kurze Reaktionszeiten, wechselnde Bedrohungslagen und komplexe Geländeformen bewältigen. Gerade Luft/Boden-Operationen erfordern ein präzises Zusammenspiel aus Navigation, Sensorik und taktischer Entscheidungsfindung. Diese Fähigkeiten lassen sich nur teilweise simulieren – realer Tiefflug bleibt unersetzbar.

Im Juli 2025 wurde die Kontingentierung von Tieffluganteilen ersatzlos gestrichen. In der Konsequenz können Kampfjets nun ohne Flugzeitbegrenzung oder Maximaljahresstunden Tiefflug in 500 Fuß Flughöhe trainieren.

Wiederbelebung der „Tieffluggebiete 250 Fuß“ ab November 2025

Zusätzlich trat am 27. November 2025 eine neue Bekanntmachung zum militärischen Tiefflug in Kraft (NfL 2025-1-3686). Sie regelt Tiefflüge unterhalb von 1.500 Fuß, definiert Mindesttiefflughöhen, legt Betriebszeiten fest und beschreibt die Nutzung spezieller Tieffluggebiete. Diese sogenannten „Tieffluggebiete 250 Fuß / LFAs (low flying areas)“ werden zu diesem Stichtag nach etlichen Jahren reaktiviert. In diesen Gebieten dürfen strahlgetriebene Kampfflugzeuge der Bundeswehr für maximal 120 Sekunden auf 250 Fuß (~75 Meter) absinken, um taktische Manöver im übungsmäßigen Zielanflug realistisch nachzubilden.

Schutz des zivilen Luftverkehrs

Um zivilen Luftverkehr zu schützen, können feste oder saisonale Tiefflugschutzzonen rund um Flugplätze ohne Kontrollzone eingerichtet werden. Sie dürfen von strahlgetriebenen Kampfflugzeugen nur nach Freigabe durch die dortige Luftaufsicht durchflogen werden. Der Hubschrauberbetrieb ist hiervon nicht betroffen.

Ein Pilot im Cockpit fliegt nahe am Boden.

Der Tiefstflug bis 75 Meter ist der angestammte Luftraum des Tornado-Jets

Bundeswehr/Marcello Totaro

Tiefflug als Kernelement taktischer Überlebensfähigkeit

Tiefflug reduziert die Erfassbarkeit durch gegnerische Radare, nutzt von Radar nicht einsehbare „Gelände-Schatten“ (Terrain Masking) und begrenzt die Wirkräume bodengebundener Luftverteidigungssysteme. Gleichzeitig erhöht er die Arbeitsbelastung im Cockpit – insbesondere bei Mehrrollenflugzeugen wie dem Tornado und dem Eurofighter.

Essenziell bleibt die Zusammenarbeit mit dem Fliegerleitoffizier (Forward Air Controller) und den JTACJoint Terminal Attack Controller (Joint Terminal Attack Controller – gemeinsamer vorgeschobener Fliegerleitoffizier) – beide sind zuständig für die Koordination der Luftunterstützung am Boden. Die luftgestützte Feuerunterstützung ist ohne regelmäßige Tiefflugpraxis nicht sicher durchführbar.

Definierte Tieffluggebiete als taktische Trainingsumgebung

Die seit dem 27. November 2025 gültige luftrechtliche Bekanntmachung (NfL – Nachrichten für Luftfahrer) definiert Mindesthöhen und Tieffluggebiete neu. Low Flying Areas (Tieffluggebiete 250 Fuß) ermöglichen komplexe Szenarios in den sehr niedrigen Flughöhen.

Das zeitlich begrenzte Abtauchen auf 250 Fuß – maximal 120 Sekunden – bildet entscheidende Manöver ab: Terrain-Following (Geländefolgeflug), Ausweichprofile gegen Flugabwehr. 

Tiefflugschutzzonen schützen den zivilen Luftverkehr um Flugplätze und dienen der geordneten Luftraumtrennung.

Die Nutzung dieser „Tieffluggebiete 250 Fuß“ bleibt allerdings exklusiv den Kampfjets der Bundeswehr vorbehalten.

Im übrigen Tieffluggebiet der Bundesrepublik gilt für Jets, Transport- und Sonderluftfahrzeuge eine Mindesttiefflughöhe von 500 Fuß (~150 Meter).

Auslandstraining als Fähigkeitserweiterung

Die Luftwaffe nutzt ergänzend internationale Übungsräume. Etwa in Norwegen, Schweden und aktuell in Neuseeland: Topografisch komplex, ideal für Terrain-Masking, eine Taktik, bei der Flugzeuge das Gelände nutzen, um sich vor Radar, visueller Erkennung und der Luftverteidigung zu verbergen.

Die geografischen Gegebenheiten in Kanada und Alaska/USA eignen sich für sehr weitläufige Extended low-level operations, also ausgedehnte Tiefflugoperationen mit weiten Strecken und realistischem Bedrohungsszenario.

In Kombination mit der deutschen Grundbefähigung entsteht eine robuste Einsatzvorbereitung für unterschiedliche geografische und taktische Bedingungen.

Einbindung multinationaler Kräfte

Mit Ausnahme der „Tieffluggebiete 250 Fuß / LFAs“ werden Partnernationen, die in Deutschland üben, in die neuen Regularien eingebunden – ebenso zivile Flugzieldarsteller und Ausbildungsdienstleister.

Eine Karte von Deutschland mit eingezeichneten Zonen für Tiefflüge.

Eine Übersicht der Tieffluggebiete (LFA) in Deutschland. Ein LFA 4 ist nicht vergeben.

Bundeswehr/Anja Zemlin
von Thomas Skiba

FAQFrequently Asked Questions

Warum trainiert die Luftwaffe wieder Tiefflug in 250 Fuß (circa 75 Metern) Flughöhe?

Die sicherheitspolitische Lage hat sich verändert. Die Bundeswehr richtet ihren Fokus wieder auf Landes- und Bündnisverteidigung. Dafür braucht die Luftwaffe Besatzungen, die Einsätze im Tiefflug sicher beherrschen. Der Tiefflug ist notwendig, um unter dem Radar der gegnerischen Flugabwehr zu bleiben und Ziele im Gelände anzufliegen. Das klappt nur, wenn die Crews den Tiefflug regelmäßig üben.

Wo darf die Luftwaffe in 250 Fuß Höhe fliegen?

Über Deutschland sind sieben feste Tieffluggebiete ausgewiesen. Dort dürfen militärische Jets auf 250 Fuß über Grund runtergehen. Diese Gebiete gibt es schon lange, sie blieben aber viele Jahre ungenutzt. Das Verteidigungsministerium gibt sie jetzt wieder frei, damit die Piloten der Luftwaffe realitätsnah trainieren können.

Wie läuft die Nutzung der Tieffluggebiete ab?

Die fliegenden Geschwader der Luftwaffe buchen die Gebiete erst am Tag der Nutzung. Eine Kommandobehörde gibt die Buchung frei. Die Crews dürfen dann zwischen 09:00 und 12:30 Uhr sowie zwischen 13:30 und 17:00 Uhr über den Gebieten trainieren. Sie planen ihre An- und Abflugrouten so, dass sie Städte, Industrieanlagen und Naturschutzflächen meiden, wenn der Auftrag das zulässt. Die Routen wechseln täglich, damit sich die Belastung verteilt.

Welche allgemeinen Mindesthöhen gelten außerhalb der Tieffluggebiete?

Kampfflugzeuge fliegen mindestens in 500 Fuß (circa 152 Metern) Höhe über Grund. Über Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern steigen sie auf mindestens 2.000 Fuß (circa 610 Meter). Die Besatzungen versuchen, bewohnte Gebiete nicht zu überfliegen. Die dichte Besiedlung Deutschlands setzt dabei Grenzen, doch die Verbände planen so rücksichtsvoll wie möglich.

Warum braucht die Luftwaffe echten Tiefflug, wenn es Simulatoren gibt?

Simulatoren ersetzen vieles aber nicht alles. Die Besatzungen müssen Geräte, Verfahren, Belastung und Gelände real und nicht nur virtuell erleben. Nur so bleiben sie einsatzbereit für die Landes- und Bündnisverteidigung sowie für internationale Einsätze.

Was ist eine TRA?

TRA steht für Temporary Reserved Airspace, also einen zeitweise reservierten Luftraum. Die Luftwaffe nutzt TRAs zum Beispiel für Abfang- oder Luftkampfübungen. Während der Aktivierung bleibt der Luftraum für zivile Maschinen gesperrt. Ein Lotse überwacht die Nutzung. Nach dem Training endet die Reservierung.

Wie viele Tieffluggebiete reaktiviert Deutschland?

Bundesweit gehen sieben Tieffluggebiete wieder in Betrieb. Sie werden als Low Flying Areas (LFA) bezeichnet und sind durchnummeriert. Das LFA 8 besitzt vier Untersektoren. Ein LFA 4 ist derzeit nicht vergeben.

Bis wann waren diese Gebiete aktiv?

Sie waren laut der Vorschriftenlage bis mindestens 2000 aktiv.

Sie wurden mindestens bis zum Jahr 2000 genutzt.

Warum wurden die Tieffluggebiete damals deaktiviert?

Es gab zwei Gründe. Erstens reduzierte die Bundeswehr nach dem Kalten Krieg ihren Flugbetrieb. Tiefflug bekam strengere Regeln und geringere Priorität. Zweitens verlagerte sich der Fokus auf Einsätze wie in Afghanistan. Dort hatten die eigenen Kräfte die Luftüberlegenheit und flogen meist in mittlerer Höhe, wo die Crews vor tragbaren Flugabwehrwaffen sicherer waren. Tiefflug spielte in diesen Einsätzen kaum eine Rolle.

Warum reaktiviert die Bundeswehr die Tieffluggebiete jetzt?

Die Bundeswehr bereitet sich wieder auf Konflikte mit modern ausgestatteten Gegnern vor. Nur dann kann sie mögliche Angreifer wirksam abschrecken. Tiefflug hilft, das gegnerische Radar zu unterfliegen, Bedrohungen auszumanövrieren und das Leben der Besatzungen zu schützen. Doch mit hoher Geschwindigkeit tief zu fliegen und dabei Kampfaufträge auszuführen, ist sehr anspruchsvoll. Das müssen die Crews trainieren, bis es sicher sitzt.

Ab wann werden die Tieffluggebiete wieder genutzt?

Die internen Regeln der Bundeswehr setzen die Reaktivierung auf den 27. November 2025. Die entsprechenden Hinweise gehen an die Verbände und Dienststellen. Die geltenden Regeln hier nochmal im Überblick:

Zweck / Gebiet Mindesthöhe Fuß

Mindesthöhe Meter (circa)

Hinweis

Tieffluggebiete 250 Fuß (LFA)
250

75

Maximal 120 Sekunden auf dieser Höhe, tägliche Routenplanung, nur für Kampfjets

Genereller Tiefflug außerhalb LFA
500

150

alle Flugzeuge, um Risiken zu reduzieren

Über Städten >100.000 Einwohner         2.000

610

alle Kampf-, Transport-, und Sonderflugzeuge müssen Höhe einhalten, um Sicherheit zu gewährleisten

Tiefflug Pop-up-Verfahren
variabel

variabel

Kurzzeitiges Ansteigen vor Ziel, sofort wieder ins Gelände abtauchen

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