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Wie Digitalisierung und Spracherkennung Leben retten können

Wie Digitalisierung und Spracherkennung Leben retten können

Datum:
Ort:
Leer
Lesedauer:
3 MIN

Bei manchen Mobilgeräten und Browsern funktioniert die Sprachausgabe nicht korrekt, sodass wir Ihnen diese Funktion leider nicht anbieten können.

Gesundheitsversorgung auch digital zu denken, kann zu einer schnelleren und effizienteren Behandlung führen. Beim Kommando Schnelle Einsatzkräfte Sanitätsdienst wurde ein Prototyp zur Spracherkennung erfolgreich erprobt, der Ersthelfer und Sanitäter gleichermaßen unterstützen soll.

Zwei Soldaten stützen einen Soldaten, während sie durch ein Waldstück laufen, dahinter filmt ein Mann

Die Erprobung der Spracherkennung für die Digitalisierung der Rettungskette mit Soldatinnen und Soldaten des Ausbildungs- und Simulationszentrums des Kommando Schnelle Einsatzkräfte Sanitätsdienst in Leer wurde mit Kameras genau dokumentiert

Bundeswehr/Patrick Grüterich


Die Szenerie: Ein Trupp Soldaten durchkämmt ein Waldgebiet, als es plötzlich knallt und Gefechtslärm die Stille zerreißt. Ein Soldat geht schreiend zu Boden. Ein Geschoss hat seinen Oberarm durchbohrt, mögliche weitere Verwundungen sind nicht auszuschließen. Sofort treten zwei seiner Kameraden in Aktion. Als Einsatzersthelfer sind sie für solche Situationen ausgebildet. Sie zerren den Verwundeten aus der Schusslinie, bringen ihn in Deckung, beginnen mit der Erstversorgung. Und sie aktivieren über Funk die Rettungskette, alarmieren also medizinisches Fachpersonal. Doch was hier in Leer geschieht, ist keine normale Übung. Hier wird eine neue Technik getestet, die Leben retten kann.

Spracherkennung hilft bei Verwundetenversorgung

Das Ausbildungs- und Simulationszentrum des Kommando Schnelle Einsatzkräfte Sanitätsdienst (KdoSES) hat den ITInformationstechnik-Dienstleister der Bundeswehr, die BWI, bei der Erprobung eines Geräts unterstützt. Der Prototyp besteht aus einem Mobiltelefon mit aufgespielter Spracherkennungssoftware, die Ersthelfende digital bei der Erstversorgung unterstützen soll. Dies geschieht, indem die Software automatisch aufzeichnet, was sich die Ersthelfenden in Aktion zurufen, welche Befunde sie stellen und was sie für die Weiterversorgung der Verwundeten empfehlen. In Momenten, in denen jede Sekunde zählt, liegt den übernehmenden Sanitäterinnen und Sanitätern im nächsten Schritt bereits eine schriftliche medizinische Dokumentation vor, die ohne zeitlichen Mehraufwand während der Erstversorgung erstellt wurde. Das Mobiltelefon wird direkt an der Ausrüstung befestigt und behindert die Ersthelfenden nicht.

Was genau wird aufgezeichnet?

Das System ist angelehnt an die sogenannte Medical Field Card, die bisher für jeden Verwundeten schriftlich auf Papier geführt werden muss. Das ist in einer Kampfzone, bei widrigen Witterungsbedingungen und mit einem zu versorgenden Verwundeten herausfordernd und geschieht deshalb meist erst im Nachhinein. Sich dann daran zu erinnern, was man als Ersthelfer oder Ersthelferin genau gemacht hat, kann schwierig sein.

Während einer realitätsnahen Übung des KdoSES hat der Prototyp zuverlässig die Gespräche der Ersthelfenden aufgezeichnet, die für die Medical Field Card wichtigen Punkte herausgefiltert und dokumentiert. So entstand ein lückenloses digitales Bild des Vitalzustands und der Verwundungen des getroffenen Kameraden. So hat das Gerät beispielsweise erfasst, ob ein Tourniquet angelegt oder Morphin gegen die Schmerzen gegeben wurde. Das erlaubt den übernehmenden Sanitäterinnen und Sanitätern Rückschlüsse auf den aktuellen Zustand des Verwundeten, zu erwartende Komplikationen und weiterführende Maßnahmen.

Nahaufnahme eines Soldaten von hinten, der auf den Monitor eines mobilen Geräts schaut.

Im Gegensatz zur bisher genutzten Medical Field Card auf Papier, können hier erste Befunde, Behandlungen und weitere Verordnungen direkt digital erfasst und weitergegeben werden

Bundeswehr/Patrick Grüterich

Beide Ersthelfer waren beeindruckt von der Software, die ihnen die Arbeit deutlich erleichterte. Sie konnten sich voll auf den Verwundeten konzentrieren. In drei Durchgängen spulten sie ihre erlernten Fähigkeiten bei der Erstversorgung vom Ort der Verwundung bis in den rückwärtigen Raum zum Punkt der Übernahme durch das Sanitätspersonal ab. Was sie taten, wurde zudem von einer Kamera und einer Drohne der BWI aufgezeichnet.

Kriegserfahrungen flossen ein

Oberfeldarzt Dennis Ritter, Leitender Rettungsmediziner der Bundeswehr, war von Anfang an bei der Entwicklung dabei. Erfahrungen aus dem Krieg in der Ukraine flossen in die Überlegungen mit ein. Besonders wichtig war ihm, den Prototyp zunächst nicht auf das Sprachprofil eines Arztes oder einer Ärztin anzulegen, sondern auf das der Einsatzersthelfenden, die als Erste am Ort der Verwundung sind und sich nicht mithilfe einer fachlich korrekten Medizinersprache verständigen. 

„Unsere Einsatzersthelfer Bravo gehören zu den wichtigsten Bausteinen der Patientenversorgung. Aus den Erfahrungen in der Ukraine und in Gaza wissen wir, wie herausfordernd gerade diese Aufgabe ist“, so der Rettungsmediziner. Daher will auch er durch dieses Projekt die Soldatinnen und Soldaten unterstützen und einen weiteren Baustein für eine verbesserte Patientenversorgung liefern. Ein weiterer Vorteil der Idee ist es, ein umfassendes Bild dessen, was die Behandlungseinrichtung im rückwärtigen Raum zu erwarten hat, voraussenden zu können, um für die Ankunft des Verwundeten optimal vorbereitet zu sein.

von Claudia Skopnick  E-Mail schreiben

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