Jubiläum für die Sicherheit

30 Jahre EUROCORPS – Ein Festakt in Straßburg für die Sicherheit in Europa

30 Jahre EUROCORPS – Ein Festakt in Straßburg für die Sicherheit in Europa

Datum:
Ort:
Straßburg
Lesedauer:
4 MIN

Das Eurocorps feierte am 9. September 2022 sein 30-jähriges Bestehen. Kommandeur General Peter Devogelaere aus Belgien unterstrich die Notwendigkeit multinationaler Zusammenarbeit zur Stärkung der europäischen Sicherheit. Mit seiner dualen Einsatzfähigkeit für die NATO und die EUEuropäische Union leistet das EUROCORPS einen entscheidenden Beitrag.

Belgischer General am Rednerpult stehend

General Devogelaere spricht auf dem Festakt zu den Gästen und zur Truppe

Bundeswehr/Bastian Koob

Das Eurocorps feierte am Freitag, den 9. September 2022 sein 30-jähriges Bestehen. Wie Generalleutnant Peter Devogelaere aus Belgien anlässlich der Feierlichkeiten dieses Jubiläums in der Aubert de Vincelles-Kaserne in Straßburg sagte: „it takes two to tango“. Der Kommandierende General des Eurocorps will damit sagen, dass Multinationalität kein Selbstläufer ist. Dem Eurocorps gehören mit Deutschland, Frankreich, Belgien, Spanien, Luxemburg und, seit Anfang dieses Jahres, auch Polen mittlerweile sechs Rahmennationen an. Zur Festlegung auf konkrete Einsätze und gemeinsame Ziele bedarf es dennoch schneller und effektiver Entscheidungen. Ein starkes „commitment“ und damit Engagement und Verbindlichkeit sind Voraussetzung. Das bestätigte auch der polnische Vize-Verteidigungsminister Marcin Ociepa anlässlich der Feierlichkeiten in Straßburg, indem er sagte, dass „... Zusammenarbeit und Engagement der Schlüssel zur europäischen Sicherheit sind. Gemeinsam können wir effektiver Fähigkeiten zur Verteidigung und Abschreckung potenzieller Angreifer entwickeln. Das sind genau die Möglichkeiten, die das Eurocorps bietet.“

Sechs Rahmennationen und fünf assoziierte Länder

Marschformation von Soldaten mit den Flaggen der sechs Rahmennationen

Soldaten mit den Flaggen der sechs Rahmennationen beim Festakt

Bundeswehr/Bastian Koob

Das war auch der Grundgedanke, mit dem Frankreich und Deutschland im Mai 1992 in La Rochelle das Eurocorps ins Leben riefen. Der Kalte Krieg war vorbei und der Wunsch, die europäische Verteidigung zu stärken, indem Synergien genutzt werden, war den beiden Regierungen ein Anliegen. Seitdem sind aus zwei „Tangotänzern“ sechs Rahmennationen geworden, und mit Griechenland, Italien, Rumänien, der Türkei und Österreich haben sich fünf weitere Staaten an das Eurocorps assoziiert, das heißt sie stellen Truppen, Ausrüstung oder finanzielle Mittel bereit, treffen aber keine Grundsatzentscheidungen über Einsätze. Auch sie wollen damit einen Beitrag zur europäischen Sicherheit leisten. Warum aber mit dem Eurocorps?

Dualität der Einsatzfähigkeit in NATO und EUEuropäische Union

Marcin Ociepa am Rednerpult stehend

Marcin Ociepa spricht in der Aubert de Vincelles-Kaserne zum EUROCORPS

Bundeswehr/Bastian Koob

Das Eurocorps hat eine Besonderheit: es ist die Dualität, die Einsatzfähigkeit sowohl in der NATO als auch der EUEuropäische Union. Diese wurde von der NATO mit dem SACEURSupreme Allied Commander Europe -Abkommen bereits im Januar 1993 besiegelt. Seit Ende 1995 ist das Eurocorps einsatzfähig und hat dies 1998 mit dem ersten Einsatz unter NATO-Kommando bei SFORStabilisation Force in Bosnien unter Beweis gestellt. Es folgten Einsätze mit der Bereitstellung des Einsatzhauptquartieres und Übernahme des Kommandos bei KFORKosovo Force im Kosovo 2002, dann 2004-2005 und 2012-2013 die Kommandoübernahme von ISAFInternational Security Assistance Force in Afghanistan. 2015 folgte mit dem Einsatzhauptquartier der EUTMEuropean Union Training Mission MALI der erste Einsatz des Eurocorps mit der EUEuropäische Union. 2016 und 2017 wurde ein weiterer im Rahmen der EUTMEuropean Union Training Mission RCA in der Zentralafrikanischen Republik durchgeführt und mit insgesamt vier Rotationen erneut in beiden EUTMS in 2021 und 2022. Standby war das Eurocorps bereits drei Mal für die NATO Response Force (NRFNATO Response Force) und zwei Mal als Truppenhauptquartier für die EUEuropäische Union-Battlegroup. Als streitkräfteübergreifendes Kommando ist das Eurocorps 2024 erneut für die NATO Response Force nominiert und in 2025 für die Europäische Eingreifreserve. Ab 2026 will das Eurocorps auch als „Warfighting Corps“ einsatzfähig sein, also für friedenserzwingende Maßnahmen unter Artikel 5 des NATO-Vertrages und Artikel 42 Absatz 7 des EUEuropäische Union-Vertrages (Vertrag von Lissabon).

Festakt anlässlich des 30. Jubiläums

Staatsgäste unter Regenschirmen vor der Front der Ehrenformation mit den Flaggen der Rahmennationen stehend

Geschützt vor der Nässe: die Minister Ociepa und Bausch, Ministerin Dedonder (v.l.n.r.)

Bundeswehr/Bastian Koob

Unter der Schirmherrschaft der Rahmennationen und unter Anwesenheit der Verteidigungsministerin Belgiens, Luduvine Dedonder, des Verteidigungsministers Luxemburgs,  Francois Bausch, und des polnischen Vize-Verteidigungsministers, Marcin Ociepa, sowie der Generalstabschefs der am Eurocorps beteiligten Staaten, waren am Morgen des 9. September 2022 rund 600 Soldaten unter der Leitung des Kommandierenden Generals des Eurocorps, Generalleutnant Peter Devogelaere, vor 150 geladenen Gästen angetreten. Just als die belgische königliche Musikkapelle der Guides aufspielte und die Parade begann, brach ein kräftiger Regen durch. Die angetretenen Soldatinnen und Soldaten waren im Nu pitschnass. Für die VIPsVery Important Person hatte man für diesen Fall natürlich vorgesorgt. Regenschirme wurden geöffnet und schützend über die hohen Staatsgäste gehalten. Diese Szene wirkte wie ein Sinnbild für das Eurocorps, das Herausforderungen meistern und die europäische Bevölkerung schützen soll.  Der luxemburgische Verteidigungsminister Bausch gab zu bedenken, dass die USA unsere europäischen Grenzen nicht garantieren könne, daher müssten die Europäer verteidigungspolitisch an Autonomie gewinnen. Die belgische Verteidigungsministerin Dedonder zeichnete ein Bild weiterer Sicherheitsbedrohungen für die europäische Bevölkerung durch die Energiekrise und die Klimakrise sowie den daraus resultierenden Folgen. Durch Solidarität und die Integration der Streitkräfte zur Wahrnehmung gemeinsamer Verantwortung sei das multinationale Eurocorps ein entscheidender Beitrag zur europäischen Sicherheit – insbesondere durch seine duale Einsatzfähigkeit in der NATO und der EUEuropäische Union.

Die Feierlichkeiten schlossen in einem simulierten Einsatzlagezentrum, wie es das Eurocorps bei NATO- und EUEuropäische Union-Einsätzen betreibt. Den Besuchern wurde anhand einer konkreten Übungslage die Arbeit in einem solchen Gefechtsstand vorgeführt.

Lesen Sie mehr über die Chancen und Herausforderungen des Eurocorps unter den Bedingungen der neuen Sicherheitslage in der IF 1|23 im Januar 2023.

von Dr. Sarah Reichel