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Die VN-Resolution 1325 wird in Deutschland als Nationaler Aktionsplan der Bundesregierung umgesetzt.
Am 31.10.2020 jährt sich die wegweisende Verabschiedung der UNUnited Nations-Resolution 1325 „Frauen, Frieden, Sicherheit“ zum zwanzigsten Mal. Die Resolution 1325 befasst sich mit der Situation von Frauen und Mädchen in bewaffneten Konflikten. Diese bedürfen zum einen in Krisen und Konflikten eines besonderen Schutzes, insbesondere vor sexualisierter Gewalt, sie spielen zum anderen aber auch in der Konfliktprävention, im Zuge der Konfliktbeilegung und während der Friedenskonsolidierung für die sich entwickelnde Zivilgesellschaft eine besonders wichtige Rolle. Im Kern der Resolution stehen die sogenannten „4 P“:
Participation: Einbindung von Frauen in Friedensprozesse |
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Prevention: Verhinderung von Kriegen (Konfliktprävention) |
Protection: Schutz vor geschlechterspezifischer Gewalt |
Prosecution: Strafverfolgung der Täter und Täterinnen |
Um die Anforderungen der Resolution 1325 angemessen umzusetzen, werden sogenannte Gender Advisor (Beauftragte für Geschlechterfragen) in die relevanten NATONorth Atlantic Treaty Organization-Einsatzstäbe sowie VN-Missionen entsandt. Für die Ausgabe IV/2020 der Zeitschrift für Innere Führung sowie für www.innerefuehrung.de haben wir mit Major Christine Mendy aus Gambia gesprochen, die derzeit im MINUSMAMission Multidimensionnelle Intégrée des Nations Unies pour la Stabilisation au Mali-Einsatz in Mali als Gender Advisor tätig ist.
Mein Name ist Major Christine Mendy und ich stamme aus Gambia. Ich bin 40 Jahre alt und alleinerziehende Mutter. Aktuell bin ich im multinationalen Einsatz MINUSMAMission Multidimensionnelle Intégrée des Nations Unies pour la Stabilisation au Mali als Gender und Protection Advisor (GENAD) tätig. Ich erbringe Beratungsleistungen rund um die Integration von Gender und all seinen Aspekten in militärische Belangen – sowohl auf der strategisch-taktischen wie auch der operativ-praktischen Ebene.
In meiner bisherigen Biographie hatte ich – wie wohl so viele – einige Herausforderungen zu bewältigen. In Gambia leben hauptsächlich Muslime; ich allerdings gehöre zu einer kleinen christlichen Gemeinde aus dem Westen des Landes. Nach meinem Schulabschluss konnte ich aufgrund meiner familiären Situation kein Studium beginnen – mein Vater verstarb früh und meine Mutter konnte nicht zeitgleich die Familie unterhalten und meine universitäre Ausbildung finanzieren. 2003 meldete mich daher freiwillig als Rekrutin für die gambischen Streitkräfte.
Insgesamt gab es 160 Rekruten, darunter 14 Frauen. Aus dieser Gesamtzahl von 160 Rekruten ging ich als insgesamt sechster und darüber hinaus als beste weibliche Rekrutin hervor, und ich wurde in den Rang eines Obergefreiten befördert. Im Anschluss wurde ich in die Finanzabteilung im Hauptquartier des Verteidigungsministeriums versetzt. Vor meinem jetzigen Einsatz als GENAD mit MINUSMAMission Multidimensionnelle Intégrée des Nations Unies pour la Stabilisation au Mali diente ich 2006 sechs Monate lang mit dem dritten gambischen Kontingent in Darfur bei der Mission der Afrikanischen Union im Sudan (AMISAfrican Union Mission in Sudan). Aufgrund meines Engagements, meiner Hingabe und meines Fleißes im Dienst wurde ich für die Karriere als Berufssoldatin empfohlen, und nach meiner Rückkehr in die Heimat wurde ich zum Leutnant in den gambischen Streitkräften ernannt.
Ich wurde zum Stabsoffizier der dritten Stufe (SO3) im Büro des Unterstützungschefs für Personal und Doktrin des Verteidigungsstabs (ACDS) ernannt und mit der Verantwortung für alle militärischen Unterlagen betraut. Später war ich SO3-Administration und Logistik, SO3-Kinderrecht in der Kinderschutzeinheit. Ich diente 2010-2011 als Militärbeobachterin (MILOB) im Sudan bei UNAMIDUnited Nations - African Union Hybrid Operation in Darfur, wo ich zur Einsatzleiterin für den Teamstandort im Sektor West ernannt wurde. Nach meiner Rückkehr wurde ich zum Gender-Offizier an der GAFGerman Air Force-Ausbildungsschule ernannt. Um die erforderliche Felderfahrung zu sammeln, wurde ich zum 2. Infanteriebataillon der Gambischen Nationalarmee (GNA) als Kompanieführerin der Verwaltungskompanie versetzt. Danach wurde ich zum Bataillon der Gambischen Republikanischen Garden entsandt. Später wurde ich zum GNA-Hauptquartier als Hauptstabsoffizier mit Verantwortung für Verwaltung und Logistik entsandt, eine Position, die ich bis zu meiner Entsendung nach MINUSMAMission Multidimensionnelle Intégrée des Nations Unies pour la Stabilisation au Mali innehatte.
Ich habe eine Reihe von Militärkursen besucht, darunter die Ausbildung gambischer Sicherheitskräfte in „Meinungsfreiheit und Sicherheit von Journalisten“, eine Ausbildung mit Juristinnen zum Verständnis von geschlechtsspezifischer Gewalt und dem Rechtsrahmen zum Schutz von Frauen und Kindern vor Gewalt, einen Kurs in zivil-militärischer Zusammenarbeit (CIMICMultinational Civil-Military Cooperation Command) in Bamako, Mali. Ebenso einen Kurs über den Schutz von Kindern, der von „Save the Children“-Schweden im Senegal organisiert wurde, ein Programm zur Ausbildung von Führungskräften im Bereich der Transformation von HIVHumanes Immundefizienz-Virus und AIDS durch die USUnited States-Botschaft in Gambia und einen Kurs für Stabsoffiziere der Vereinten Nationen im Kofi-Annan-Ausbildungszentrum für Friedenssicherung in Accra, Ghana.
Der militärische GENAD-Apparat umfasst drei verschiedene Positionen, die die Streitkräfteebene, die Sektorebene und die Ebene der Einheiten/Kontingente repräsentieren:
Zu den Aufgaben der SHQ GENAD gehören unter anderem
Friedenssichernde Einsätze sind meist männlich dominiert. Da aber die Einbeziehung von Frauen in diese Auslandseinsätze ein Kriterium der Vereinten Nationen ist, haben die wenigen Frauen, die das Glück hatten, in verschiedenen Kontingenten zu dienen, unterschiedliche Geschichten zu erzählen. Aber nicht alle wollen oder dürfen das auch.
Die größten Herausforderungen für Frauen sind ganz klar sexuelle Belästigungen. Ein Großteil der Beschwerden von Frauen entstehen aufgrund sexueller Belästigung durch ihre Vorgesetzten. Dennoch wurden – aus Gründen, die auf der Hand liegen – keine Vorfälle gemeldet, die zu offiziellen Untersuchungen geführt hätten. Dessen ungeachtet gab es auch Berichte über Drogenmissbrauch durch weibliche Friedenstruppen, darunter Alkohol und andere Schmuggelware. Einige haben angezeigt, dass sie in minderwertigen Unterkünften ohne richtige Betten schlafen mussten. Wieder andere berichteten darüber, dass sie in völlig überbelegten, kleinen Räumen untergebracht wurden.
Meine Aufgabe in diesem Hauptquartier besteht hauptsächlich darin, Informationen über die Herausforderungen und Anliegen im Zusammenhang mit geschlechtsspezifischen Fragen von den verschiedenen Truppenstellern zu sammeln und sie an das Force Headquarters weiterzuleiten, damit die zuständigen Behörden davon Kenntnis erhalten. Die daraus resultierenden Auswertungen, Empfehlungen und zu treffenden Entscheidungen fallen zumeist in die Zuständigkeit des FHQForce Headquarters oder den Vereinten Nationen in New York.
Mein Beitrag zu globalen Friedensbemühungen gibt mir ein Gefühl der Sinnhaftigkeit, das ich nur selten außerhalb der Friedenssicherung erlebe. Die Vereinten Nationen empfehlen, dass 30% eines jeden friedenssichernden Umfelds von Frauen besetzt sein sollte. Die Erfüllung dieser Forderung ist jedoch aus mehreren Gründen immer eine Herausforderung geblieben. Einige truppenstellenden Nationen (Truppensteller) geben an, dass die Soldatinnen in ihrem Land meist für Verwaltungsaufgaben in der Heimat beauftragt oder rekrutiert werden, während andere aufgrund familiärer Verpflichtungen ihre Heimat nicht verlassen können. Einige Truppensteller sind mit sehr wenigen Frauen im Einsatz, während einige gar keine haben. Aufgrund der sehr geringen Anzahl von Frauen in der Mission war meine Arbeit immer eine Herausforderung. Meistens sind die Kommandeure der Meinung, dass Genderfragen nur die Belange von Frauen betreffen.
Es gab Zeiten, in denen ich mich darauf vorbereitete, eine Ausbildung mit Kontingenten durchzuführen, und man mir sagte, dass es in der Truppe kein weibliches Personal gäbe, sodass mir kaum eine andere Alternative bleibt, als die vorgeschlagene Ausbildung abzusagen. Die wenigen Frauen, die innerhalb der Mission mit den Kontingenten anwesend sind, haben sich stets kooperativ bei der Unterstützung aller geschlechtsspezifischen Fragen gezeigt. Die Auseinandersetzung mit Genderfragen ermöglicht es mir, unterschiedliche Nationen mit einer einzigartigen kulturellen Vielfalt zu erleben. Im Laufe meiner Zusammenarbeit mit militärischem und zivilem Personal aus verschiedenen Ländern, im kulturellen Austausch bleibt es immer spannend, herausfordernd und abwechslungsreich. Wenn ich nicht im Dienst bin, gehören unter anderem Joggen, Lesen und Fußball schauen zu meinen Hobbys.
Sie wollen mehr über das Thema erfahren?
Stellen Sie uns gern Ihre Fragen an ZInFueBuergeranfragen@bundeswehr.org. Besuchen Sie auch die Seite des Dezernats Vielfalt, Ethik und Religionsausübung in den Streitkräften.
Die VN-Resolution 1325 wird in Deutschland als Nationaler Aktionsplan der Bundesregierung umgesetzt.
„#Flecktarn kennt keine Unterschiede“ ist das Bundeswehr-Motto für den 8. Deutschen Tag der Vielfalt.