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Bundeswehrtagung 2025

Russland hat Deutschland im Visier – was macht die Bundeswehr?

Einsatzbereitschaft
Datum:
Ort:
Berlin
Lesedauer:
5 MIN

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Deutschland ist bereits Ziel russischer hybrider Angriffe. Das machte General Alexander Sollfrank am 7. November 2025 auf der Bundeswehrtagung in Berlin deutlich. Die Bundeswehr ist aber nicht untätig. Doch für den Schutz Deutschlands und seiner Bürgerinnen und Bürger braucht es nicht nur einsatzbereite Streitkräfte, sondern die ganze Gesellschaft.

Ein Soldat spricht am Rednerpult.

Die Umsetzung des OPLANs zur Verteidigung Deutschlands könne nur funktionieren, wenn die gesamte Gesellschaft mitwirke, so Generalleutnant Alexander Sollfrank.

Bundeswehr/Christian Vierfuß

„Die Sicherheit für Deutschland zu garantieren, findet für uns jeden Tag statt – nicht theoretisch, sondern praktisch und konkret.“ Damit stellte Generalleutnant Sollfrank, Befehlshaber des Operativen Führungskommandos  der Bundeswehr, ungeschönt klar, wie ernst die Sicherheitslage ist. Als Verantwortlicher für die Operative Planung und Führung im gesamten Aufgabenspektrum der Bundeswehr ist für ihn ein umfangreiches und aktuelles Lagebild unerlässlich. Zudem liegt es in seiner Hand, den Aufmarsch der verbündeten Streitkräfte in und über Deutschland für die Landes- und Bündnisverteidigung zu planen. Das alles ist bereits festgehalten, im sogenannten Operationsplan Deutschland (OPLANOperationsplan). Ein geheimes Dokument, das laufend durch die Soldatinnen und Soldaten des Operativen Führungskommandos an die aktuelle Lage angepasst wird.

Doch damit der Operationsplan Deutschland im Ernstfall auch reibungslos umgesetzt werden könne, brauche es nicht nur gut gerüstete und einsatzbereite Streitkräfte, sondern auch die Unterstützung ziviler Unternehmen und aller Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik, betonte Sollfrank. Denn eine widerstandsfähige Gesellschaft sei unverzichtbar, um sich gegen hybride Bedrohungen oder einen militärischen Angriff zu wehren.

Das russische Militärpotenzial wächst

Georgien 2008, die Annexion der Krim 2014, der Krieg in der Ostukraine und seit Februar 2022 der umfassende Angriffskrieg auf die Ukraine, der bereits zu etwa 14.000 toten und etwa 35.000 verletzten Zivilisten auf Seiten der Ukraine sowie vermutlich zu rund 900.000 verwundeten und gefallenen russischen Soldaten geführt habe: Mit dieser Aufzählung verdeutlichte Sollfrank, dass Russland nicht vor dem Einsatz militärischer Gewalt zurückschrecke. „Wir beobachten natürlich sehr genau, wie Russland kämpft, wo Stärken und Schwächen der russischen Streitkräfte zu erkennen sind und was wir daraus lernen können“, unterstrich der Befehlshaber des Operativen Führungskommandos.

Dadurch wisse man auch, dass es Russland trotz des Krieges schaffe, massiv aufzurüsten und seine militärischen Fähigkeiten immer weiterzuentwickeln. So werden sich bis 2030 die russischen Bestände an Artilleriemunition und Raketen fast verdoppeln, im Vergleich zu 2022. Zudem wachse der Umfang der russischen Streitkräfte derzeit auf 1,5 Millionen Soldaten auf, führte der General aus. „Es lässt sich feststellen, dass Russland trotz des Krieges in der Ukraine über ein sehr großes Militärpotenzial verfügt. Damit ist es bereits heute zu einem - regional begrenzten - Angriff auf NATONorth Atlantic Treaty Organization-Territorium befähigt“, schlussfolgerte Sollfrank, fügte aber auch hinzu, dass die Bundeswehr und auch die NATONorth Atlantic Treaty Organization derzeit nicht davon ausgingen, dass ein solcher Angriff derzeit wahrscheinlich sei.

Deutschland und die Bundeswehr im Fadenkreuz

Neben dem umfassenden Krieg in der Ukraine nehme Russland aber auch andere europäische Staaten und auch Deutschland bereits ins Visier seiner hybriden Angriffe, erläuterte General Sollfrank. Auch die Bundeswehr sei betroffen. „Sowohl der Krieg in der Ukraine als auch diese Angriffe gegen uns sind Elemente eines strategischen Gesamtansatzes Russlands mit dem Ziel, die gesamte Sicherheitsarchitektur in Europa zu verändern.“ Dabei sei Deutschland ein besonders wichtiges Ziel für Russland, da es mitten in Europa liege und eine zentrale wirtschaftliche wie auch politische Rolle einnehme, so der Befehlshaber.

Ein Soldat im Porträt
Alexander Sollfrank, Generalleutnant Bundeswehr/Martin Riek
„Kämpfen können, um nicht kämpfen zu müssen. Dafür steht auch der Operationsplan Deutschland. Dafür dienen wir: den Frieden erhalten durch glaubhafte Abschreckung.“

Der OPLANOperationsplan als Kriegsverhinderungsplan

Die Bundeswehr analysiert aber nicht nur das aggressive russische Vorgehen, sondern handelt, um Deutschland und seine Bevölkerung zu schützen. So sei der Schutz militärischer Infrastruktur aber auch beispielsweise der Schutz von ziviler Unterwasserinfrastruktur in der Ostsee verstärkt worden. Zudem beobachte man verstärkt die russische Schattenflotte sowie die russischen Kriegsschiffe, die in der Ostsee unterwegs sind und schütze darüber hinaus verstärkt den Luftraum des Bündnisses, zählte Sollfrank verschiedene Maßnahmen auf. Über allem stehe aber die Ausarbeitung und Weiterentwicklung des Operationsplans Deutschland. Dieser würde sich nahtlos in die Bündnisverteidigung der NATONorth Atlantic Treaty Organization einfügen, so der General. Dabei habe der Plan drei Aufgaben:

  • Deutschland und seine Bürgerinnen und Bürger vor militärischen Angriffen zu schützen.
  • Deutschland vor hybriden Angriffen zu schützen.
  • Den Aufmarsch der verbündeten NATONorth Atlantic Treaty Organization-Streitkräfte durch Deutschland an die Ostflanke des Bündnisgebiets durch sowie deren Schutz und Versorgung sicherzustellen.

Der Operationsplan Deutschland und die daraus abgeleiteten militärischen Fähigkeiten haben dabei vor allem einen Zweck, wie General Sollfrank betonte: „den Frieden erhalten durch glaubhafte Abschreckung.“

Sollte es doch zu einer Situation kommen, bei der ein Angriff akut bevorstehe, erfolge der Aufmarsch der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Streitkräfte idealerweise, bevor der erste Schuss gefallen sei. So könne man dem potenziellen Aggressor zeigen, dass ein Angriff keinen Erfolg haben werde, führte der General weiter aus. Um das sicherzustellen, sei die Bundeswehr auf zivile Unternehmen und die Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft angewiesen. „Ohne zivil-hoheitliche und ohne zivil-gewerbliche Unterstützung ist der Operationsplan Deutschland nicht leistbar“, so der verantwortliche General.

Zivil-Militärische-Zusammenarbeit und Eigenverantwortung

Häfen, Flughäfen, Straßen- und Schienennetze - das alles brauche es, um die Truppe im Ernstfall von Deutschland an die Ostflanke zu bringen und dort auch zu versorgen. Das ist nur ein Beispiel, dass zeigt, wo die Bundeswehr auf zivile Infrastruktur und deren Betreiber angewiesen ist. Daher habe man bereits Verträge, beispielsweise mit der Deutschen Bahn, der Autobahn GmbHGesellschaft mit beschränkter Haftung oder auch mit Unternehmen zum Betrieb von Rast- und Sammelräumen geschlossen, erklärte General Sollfrank.

Der Befehlshaber des Operativen Führungskommandos verwies aber auch darauf, dass im rechtlichen Rahmen des Friedens die Bundeswehr nur über die Amtshilfe im Kampf gegen hybride Angriffe unterstützen könne. Hier seien auch die zivilen Behörden gefordert, genauso, wie jeder einzelne Staatsbürger und jede einzelne Staatsbürgerin. Denn eine resiliente Bevölkerung sei unverzichtbar im Widerstand gegen hybride Maßnahmen und im Rahmen der Gesamtverteidigung, sollte der Ernstfall eintreten. „Es zeigt sich am Beispiel der Ukraine, dass erfolgreiche Verteidigung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist“, schlussfolgerte Sollfrank. 

von Ole Henckel

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