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Interview

Modernisierung des Trossgeschwaders: Neue Schiffe für die Unterstützer auf See

Ausrüstung und Technik
Datum:
Ort:
in See
Lesedauer:
5 MIN

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Sie versorgen die größten Kampfschiffe der Marine in See oder helfen, wenn diese mal nicht aus eigener Kraft nach Hause kommen: das Trossgeschwader. Im Interview berichtet der Kommandeur des Verbands, Kapitän zur See Andreas Schmekel, was seine Männer und Frauen können und wie sich das Geschwader derzeit modernisiert.

Ein Einsatzgruppenversorger und zwei Fregatten bei einem Versorgungsmanöver auf offener See

Die Einsatzgruppenversorger der Berlin-Klasse sind die größten Schiffe der Marine und vor allem für die Versorgung der Fregatten in See zuständig

Bundeswehr/Andreas Müller

Die größten Schiffe der Marine sind im Trossgeschwader, dem Logistikverband der Einsatzflottille 2, beheimatet: die drei Einsatzgruppenversorger der Berlin-Klasse mit ihren gewaltigen 20.000 Tonnen Wasserverdrängung sowie derzeit ein Betriebsstofftransporter und zwei Hochseeschlepper. Den Kern der Einsatzflottille 2 bilden aber die Fregatten, die großen Kampfschiffe der Marine.

Kommandeur des Trossgeschwaders ist Kapitän zur See Andreas Schmekel. 1992 als Wehrpflichtiger in die Marine gekommen, hat er seit Oktober 2024 das Kommando über derzeit sechs aktive Schiffe, einen aus der Fahrbereitschaft genommenen Tanker und 774 Männer und Frauen, die in seinem Verband dienen. Schmekel übernahm das Kommando zu einer Zeit des Umbruchs, denn sein Geschwader befindet sich mitten in einer Phase der Modernisierung, des Wachstums und der Umstellung auf die Landes- und Bündnisverteidigung.

Ein Portrait von einem Mann am Hafen

Kapitän zur See Andreas Schmekel hat seit Oktober 2024 das Kommando über das Trossgeschwader der Einsatzflottille 2 der Marine

Bundeswehr/Christoph Kassette

Warum brauchen die Fregatten die Unterstützung des Trossgeschwaders?

Der Auftrag ist simpel: Wir erhöhen die Seeausdauer der Fregatten. Die Tanker und die Einsatzgruppenversorger sind in erster Linie dazu da, die Versorgung mit Kraft- und Schmierstoffen sowie mit Frischwasser sicherzustellen. Darüber hinaus können die Einsatzgruppenversorger die kämpfenden Einheiten mit Proviant, Ersatzteilen und Munition beliefern. Das alles passiert vorwiegend natürlich während der Fahrt in See und verdoppelt in etwa die Zeit, bis eine Fregatte wieder einen Hafen anlaufen muss. Die Bergungsschlepper sorgen dafür, dass unsere Schiffe auch auf hoher See geborgen werden, sollten sie nicht aus eigener Kraft zurück in den Heimathafen kommen können.

Können auch internationale Partner durch die deutschen Trossschiffe versorgt werden?

Ja. Wir sind eine NATONorth Atlantic Treaty Organization-Marine. Die Versorgungssysteme, die wir an Bord unserer Schiffe haben, sind NATONorth Atlantic Treaty Organization-weit standardisiert. Und auch die Verfahren sind vereinheitlicht. Das funktioniert wirklich sehr gut. Und natürlich können auch die Kraftstoffe von allen genutzt werden.

Derzeit gibt es viele Veränderungen im Trossgeschwader. Was tut sich bei den Unterstützern?

Wir haben im vergangenen Jahr mit der Modernisierung unserer alten Bergungsschlepper begonnen. Die Marine hat zum Ersatz der über 50 Jahren alten Schlepper etwas Neues probiert, nämlich zwei gebrauchte Schlepper auf dem freien Markt gekauft. Gebraucht zu kaufen ging hier schneller, als einen Neubau in Auftrag zu geben. Die „Rügen“, unser erster neuer Bergungsschlepper, ist auch bereits im Einsatz in der Ägäis.

Und neue Betriebsstoffversorger sind auch in Aussicht?

Genau. Wir werden die alten Tanker der Röhn-Klasse ersetzen. Die beiden neuen Betriebsstoffversorger der Klasse 707 befinden sich bereits im Rohbau und sollen ab 2027 im Dienst der Flotte stehen. Über die Beschaffung eines Dritten wird diskutiert. Jedes der neuen Tankschiffe wird rund zwölf Millionen Liter Treibstoff an Bord nehmen und bis zu zwei Kriegsschiffe gleichzeitig auf See betanken können. Dadurch werden die neuen Tanker im Vergleich zu ihren Vorgängern über 40 Meter länger und etwa 6.000 Tonnen schwerer. So kommen sie, wie auch die Einsatzgruppenversorger, auf etwas mehr als 20.000 Tonnen Verdrängung. Zudem werden die Betriebsstoffversorger über ein Flugdeck sowie 28 Containerstellplätze verfügen.

Was wird noch kommen?

Wir werden vier sogenannte SAMSe bekommen, die Kurzform für Seebasierte Ausbildung Marine und Seeversuche. Das werden Schulungsplattformen sein, um vor allem Wachoffizierschülerinnen und -schüler auszubilden und den Lehrgang „Überleben See“ in See durchzuführen.

Im Trossgeschwader fahren nicht nur Soldatinnen und Soldaten zur See, sondern auch Zivilangestellte. Was hat es damit auf sich?

Auf den Einsatzgruppenversorgern fahren Soldatinnen und Soldaten zur See. Auf allen anderen Plattformen haben wir zivile Angestellte sowie den ein oder anderen Beamten. Diese zivilen Dienstposten werden öffentlich ausgeschrieben und darauf kann sich jeder mit den entsprechenden Qualifikationen bewerben. Hintergrund der zivilen Besetzung ist die Generierung eines hohen, dauerhaft vorhandenen Qualifizierungsniveaus aufgrund langer Verwendungen an Bord. Zudem bestand bereits vor Jahrzehnten die Sorge, nicht genügend Soldatinnen und Soldaten an Bord zu bekommen. Ehrlich gesagt gestaltet sich allerdings die zivile Personalgewinnung ähnlich schwierig wie die Gewinnung neuer Soldatinnen und Soldaten.

Wie ist es, ein Geschwader zu führen, das sich modernisiert und im Aufwuchs ist?

Das Trossgeschwader wird auf drei Einsatzgruppenversorger, zumindest zwei Tanker, zwei Bergungsschlepper und vier SAMSe anwachsen. Das ist ein deutlicher Aufwuchs. Nach Jahren von kleiner, weniger, später und streichen ist es für mich als Offizier eine wirkliche Freude, etwas aufbauen zu dürfen. Bis alles fertig ist, wird es jedoch – wie in jedem Projektmanagement – ein Auf und Ab der Gefühle sein. Das Ab der Gefühle liegt vor allem im langsamen Zulauf des Materials sowie den Herausforderungen bei der Personalgewinnung begründet. Und das Auf, wenn die Schiffe dann fahren und die Besatzungen ihre Aufträge erfüllen. Derzeit stellt sich als konkrete große Herausforderung der Übergang von der alten Tankerklasse zur neuen dar: Wann wird die eine Klasse außer Dienst gestellt und materiell abgewickelt? Welche Besatzungsangehörigen wechseln auf die neuen Schiffe? Wann wird wer wie ausgebildet?

Welche Neuerungen und Herausforderungen stehen zukünftig für das Trossgeschwader an?

Zukünftig wird die Nachversorgung von Harnstoffen in See ein Thema werden. Der Grund ist, dass die neuen Fregatten dieses Mittel nutzen werden, um ihre Abgase zu reinigen und damit auch zukunftsfest zu sein. Zudem ist Automatisierung, gerade im Kontext von Personalmangel, ein großer Punkt. Je mehr man automatisiert, desto weniger Menschen brauchen wir für den Betrieb eines Schiffs. Allerdings darf man hier nichts überkomplizieren, denn mitten auf dem Atlantik kommt keine Firma und repariert einen Schaden. Das müssen wir immer noch selbst können. Darüber hinaus wird sich die Frage stellen, wann ein Ersatz für die Einsatzgruppenversorger ansteht. Und, was für mich von besonderer Bedeutung ist, ist die Vorbereitung und Ausbildung unserer zivilen Besatzungen auf die Erfordernisse der Landes- und Bündnisverteidigung.

  • Der Einsatzgruppenversorger Berlin auf offener See

    Mit etwa 20.000 Tonnen Verdrängung sind die drei Einsatzgruppenversorger der Berlin-Klasse aktuell die größten Schiffe der Marine

    Bundeswehr/Christoph Kassette
  • Ein Einsatzgruppenversorger übergibt eine Gitterbox an einem gespannten Seil an eine Fregatte in See.

    Nicht nur Flüssigkeiten wie Kraftstoff oder Frischwasser können in See übergeben werden, auch Lebensmittel, Munition oder andere Güter wechseln während der Fahrt das Schiff

    Bundeswehr/Leon Rodewald
  • Ein Betriebsstoffversorger der Röhn-Klasse in See

    Derzeit befindet sich noch ein Betriebsstoffversorger der Röhn-Klasse im aktiven Dienst. Die deutlich größeren Nachfolger sind bereits im Bau.

    Bundeswehr/Christian Klöcking
  • Der Hochseeschlepper „Rügen“ in See

    Die „Rügen“ ist einer von zwei neuen Bergeschleppern für die Marine, die auf dem Gebrauchtmarkt gekauft wurden. Das Schiff befindet sich bereits im Einsatz in der Ägäis.

    Bundeswehr/Julia Kelm
  • Soldatinnen und Soldaten bei der feierlichen Übergabe des Bergungsschlepper „Borkum“

    Der Bergungsschlepper „Borkum“ wurde im Oktober 2024 feierlich der Marine übergeben. Er ist einer der zwei neuen gebrauchten Schlepper des Trossgeschwaders.

    Bundeswehr/Nico Theska
von Ole Henckel

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