Von leichten Geländewagen über gepanzerte Radfahrzeuge bis hin zu schweren Kettenfahrzeugen – er darf sie alle mit als Erster fahren. Jan M.* ist Erprobungsfahrer bei der Wehrtechnischen Dienststelle für landgebundene Fahrzeugsysteme, Pionier- und Truppentechnik, kurz WTDWehrtechnische Dienststelle 41, in Trier. Hier werden alle militärischen Fahrzeuge getestet, die entweder neu in die Truppe kommen oder Modernisierungen durchlaufen.
„Abwechslungsreich, verantwortungsbewusst und Fahrspaß“ – so beschreibt Jan M. seinen Beruf als Erprobungsfahrer. Der 39-Jährige bewegt militärische Fahrzeuge unter realistischen Bedingungen und nimmt sie genau unter die Lupe.
Vom Gelände an den Computer
Der Arbeitsalltag von Jan M. beginnt meistens mit einer Besprechung. Nach der Zuteilung eines Projekts geht es an das Fahrzeug. Dort erfolgt dann, wie in der Bundeswehr üblich, der sogenannte Technische Dienst vor der Benutzung: „Ich mache einmal einen Rundgang um das Fahrzeug und schaue mir an, ob Undichtigkeiten oder offensichtliche Beschädigungen zu erkennen sind. Danach prüfe ich die technische Einsatzbereitschaft des Fahrzeugs, sprich: Ich kontrolliere zum Beispiel den Motorölstand und, je nach Fahrzeug, den Getriebeölstand.“
Der Erprobungsfahrer kontrolliert alle technischen Daten und Parameter, die vorgeschrieben sind, um das Fahrzeug sicher und störungsfrei zu bewegen. Im Anschluss geht es an die verschiedenen Fahrversuche. In Trier gibt es dafür synthetische Bahnen, Geländekurse oder Straßenkurse, um die Fahrzeuge so vielseitig wie möglich zu testen. Auf die verschiedenen Testfahrten folgen der Technische Dienst nach der Benutzung des Fahrzeugs sowie das Verfassen eines Tagesberichts.
Militärische Fahrzeuge erfordern besondere Fähigkeiten
Das Fahren militärischer Fahrzeuge sei nicht mit dem Fahren ziviler Fahrzeuge zu vergleichen, sagt Jan M. Sie würden schließlich für spezielle Einsatzszenarien gebaut. Das bedeutet eine deutlich höhere Anforderung an die Technik, da sie auch in Krisengebieten mit sehr unterschiedlichen Klimaverhältnissen funktionieren müssen.
Die Anforderungen an das jeweilige Missionsprofil sind sehr hoch und können mit zivilen, handelsüblichen Fahrzeugen gar nicht erreicht werden. „Gerade das Fahren im Gelände verlangt viel Erfahrung, Feingefühl und natürlich auch Verständnis für die Systeme. Es ist etwas völlig anderes als mit einem Privat-Pkw auf der Straße. Man fährt ja schließlich auch nicht mal eben so mit einem Panzer Brötchen holen“, sagt Jan M. schmunzelnd.
Kein Tag gleicht dem anderen
Langweilig wird es selten. „Fast kein Fahrzeugtest gleicht dem anderen. Auch wenn die Erprobungsabläufe und die Zyklen pro Fahrzeugklasse fast immer gleich sind, ist es immer etwas Neues!“, schwärmt Jan M. „Wir haben fast jeden Tag mit einem anderen Bereich zu tun. Der Erprobungsleiter kommt fast täglich auf mich zu und fragt: Was hältst du davon? Gefällt dir das Fahrzeug? Was ist dir negativ aufgefallen?“
Auch wenn die Erprobungsfahrer am Steuer allein sind, sei Teamfähigkeit wichtig, sagt der 39-Jährige: „Als Erprobungsfahrer arbeiten wir schon mit sehr vielen Menschen zusammen, sowohl hier an der WTDWehrtechnische Dienststelle 41, aber auch von außerhalb. Da ist immer Abwechslung dabei. Hierzu gehören sogar Erprobungen in anderen Klimazonen.“
Verantwortung für die Truppe
Jan M. kennt den Stellenwert seiner Arbeit. „Das ist kein Beruf wie jeder andere. Das Testen dieser Fahrzeuge sorgt dafür, dass der Truppe später das bestmögliche Gerät zur Verfügung steht. Damit letztendlich Menschenleben geschützt werden.“ Seiner Verantwortung ist er sich bewusst: „Wenn ein Fahrzeug ausfällt wegen einer kleinen Sache, und das passiert im Ernstfall im falschen Moment, dann kann das Tote geben.“
Vier Fragen an Erprobungsfahrer Jan M.
Wie sind Sie Erprobungsfahrer für die Bundeswehr geworden?
Ich habe mal den Beruf des Landwirts erlernt. Da bin ich schon mit der Technik in Berührung gekommen. Nachdem ich ein paar Jahre in diesem Beruf gearbeitet habe, bin ich 2013 als Soldat auf Zeit in die Bundeswehr eingetreten. Dort war ich acht Jahre lang auf verschiedenen Fahrzeugtypen eingesetzt. Das hat mir sehr gefallen. Als meine Dienstzeit beendet war, konnte ich 2021 nahtlos zur Geländebetreuung bei einem Bundeswehr-Dienstleistungszentrum wechseln. Dort hat es mir zwar auch gut gefallen, aber es war ziemlich weit zu fahren. Auf bundeswehrkarriere.de habe ich die Stelle in Trier gefunden. Ich habe mich erfolgreich beworben und so bin ich seit 2022 an der WTDWehrtechnische Dienststelle 41 als Erprobungsfahrer.
Wie ist es für Sie, wenn Sie Prototypen testen?
Also das sehe ich als absolutes Privileg. Man bekommt den Einblick in Technologien, noch bevor diese überhaupt serienreif sind. Und ich kann dadurch aus erster Hand Rückmeldungen geben, die direkten Einfluss auf die Entwicklung nehmen. Und wie das so oft ist, manchmal merkt man erst beim Fahren, dass noch Feinschliff notwendig ist. Und genau da kommen wir als Erprobungsfahrer mit unserer Erfahrung ins Spiel. Das ist schon wirklich eine Exklusivität.
Welche Fähigkeiten oder Eigenschaften braucht man für diesen Job?
Ganz klar technisches Verständnis. Wenn ich die elementarsten Aspekte der Fahrzeugtechnik nicht verstehe, wird es sehr schwer, Ergebnisse zustande zu bringen. Und man braucht natürlich auch eine große Portion Verantwortungsbewusstsein. Auch Teamfähigkeit ist sehr wichtig. Man ist nie allein, es ist immer Teamwork. Gerade bei Außenerprobungen sind wir oftmals mit mehreren Teams vor Ort und dann muss man auch gut mit anderen Leuten zusammenarbeiten können. Konzentration ist auch sehr wichtig. Wir müssen 100 Prozent geistig auf der Höhe sein. Es muss stets damit gerechnet werden, dass etwas passieren kann. Denn in der Regel testen wir keine Fahrzeuge, die schon längere Zeit störungsfrei laufen. Gerade bei den Prototypen kann immer etwas passieren.
Welche Führerscheinklassen besitzen Sie als Erprobungsfahrer?
Ich habe momentan alle Klassen außer Bus und Motorrad. Das Anforderungsprofil bei uns ist, dass wir die Führerscheinklassen C/CE, F und G benötigen. Und ansonsten ist alles Zusätzliche natürlich gut, aber kein Muss. Ich sag mal so: Je mehr ich kann, desto mehr Chancen habe ich auch, auf einem anderen Muster eingesetzt zu werden. Ich darf zum Beispiel auch gepanzerte Radfahrzeuge im Wasser bewegen und habe deshalb vorher einen speziellen Lehrgang mit dem Transportpanzer Fuchs gemacht. Da sind wir auf der Donau „rumgeschwommen“, das hat mir viel Spaß gemacht. Und ich kann auch die Kollegen in der Pioniertechnik unterstützen, weil ich zusätzlich den Bundeswehr Sturmbootführerschein habe.
*Name zum Schutz der Person abgekürzt.
von
Nele Schulz