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Mondlandung mit der Bundeswehr

Ein Hubschrauber fliegt im verschneiten Gebirge

Bundeswehr/Jana Neumann

Von Bückeburg ins Weltall

Mondlandung mit der Bundeswehr

Das Internationale Hubschrauberausbildungszentrum der Bundeswehr unterstützt die Astronautenausbildung der europäischen Weltraumagentur ESAEuropean Space Agency.

Der letzte Landeanflug des Tages ist auch der schwierigste. Vorsichtig manövriert der Flugschüler seinen EC-135-Hubschrauber durch die Schluchten der Allgäuer Alpen. Sein Ziel liegt am Ende eines Steilhangs, auf einem schmalen Grat in 1.900 Metern Höhe. Die Landezone ist nur wenige Meter breit, aus dem Cockpit sieht sie noch einmal kleiner aus. Davor und dahinter geht es mehr als 100 Meter hinab in die Tiefe. 

Zweimal schon hat der Flugschüler den Grat angesteuert, um den perfekten Winkel für den Landeanflug zu finden. Nun geht er aufs Ganze. Während der Mann mit der Steuerung hantiert, bleibt sein Fluglehrer ganz locker. Erst wenige Meter vor dem Ziel korrigiert er den Schub, kurz darauf setzt der Helikopter sanft auf. „Das hat doch gut funktioniert“, lobt der Fluglehrer. „Jetzt aber schnell wieder weg.“

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Zwei Männer, ein Ziel: Die ESAEuropean Space Agency-Astronauten Alexander Gerst und Matthias Maurer wollen auf den Mond. Um sich auf eine mögliche Mondlandung vorzubereiten, absolvierten sie ein dreiwöchiges Hubschrauber-Intensivtraining bei der Bundeswehr.

Eine Viertelstunde später landet der Hubschrauber der Bundeswehr auf dem Fliegerhorst Kaufbeuren. Die Männer am Landeplatz klopfen dem Flugschüler auf die Schultern. Das Patch auf dem Arm der Fliegerkombi weist ihn als Angehörigen des europäischen Astronautenkorps aus. Sein Name: Matthias Maurer. 

Zusammen mit seinem Astronautenkollegen Alexander Gerst absolviert Maurer ein Intensivtraining am Internationalen Hubschrauberausbildungszentrum der Bundeswehr. Mit Samantha Cristoforetti aus Italien und Thomas Pesquet aus Frankreich werden zwei weitere Mitglieder des europäischen Astronautenkorps parallel zu ihnen ausgebildet. 

Drei Wochen lang trainieren die Astronauten, wie man ein Fluggerät vertikal in unwegsamem Gelände landet: in der ersten Woche am Simulator in Bückeburg, in der zweiten Woche im Echtflug im Schaumburger Land und in der dritten Woche schließlich in der schroffen Gebirgslandschaft der Allgäuer Alpen. So bereiten sich die erfahrenen Raumfahrer – sowohl Gerst als auch Maurer verbrachten mehrere Monate auf der Internationalen Raumstation ISS, beide unternahmen in dieser Zeit einen Ausflug ins All – auf das möglicherweise größte Abenteuer ihres Lebens vor: eine Landung auf dem Mond.

Ein Soldat überprüft den Hubschrauber vor dem Flug
Matthias Maurer, deutsches Mitglied des europäischen Astronautenkorps Bundeswehr/Jana Neumann
„Als ich Astronaut wurde, wollte ich mit einer Rakete in den Weltraum fliegen, die Tür zum All aufmachen und aussteigen. Das habe ich geschafft. Der nächste Schritt ist jetzt der Schritt auf den Mond.“

Ob es tatsächlich so weit kommen wird, steht noch in den Sternen. Fest steht nur: Die Chancen stehen so gut wie seit Jahrzehnten nicht. Nur zwölf Menschen ist es bisher vergönnt gewesen, ihre Spuren im Staub des mehr als 300.000 Kilometer von der Erde entfernten Himmelskörpers zu hinterlassen. Alle waren USUnited States-Astronauten. Seit der letzten Mondlandung 1972 ist keine Menschenseele mehr auf dem Mond gewesen. 

Doch das soll sich in den nächsten Jahren ändern: Sowohl die USA als auch China bereiten Mondmissionen vor, auch private Unternehmen planen den Sprung auf den Mond. Es herrscht Aufbruchstimmung in der internationalen Raumfahrt – und die Europäische Weltraumagentur ESAEuropean Space Agency ist mit vollem Engagement dabei. Zwar ist die in Entwicklung befindliche Mondlandefähre erst einmal nur zum Lastentransport gedacht. Aber im Lauf der 2030er-Jahre will es auch Europa aus eigener Kraft zum Mond schaffen.

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Um ihre Astronauten auf den Trip zum Mond vorzubereiten, holte die ESAEuropean Space Agency die Bundeswehr mit ins Boot. „Wir haben uns im März zum ersten Mal getroffen“, sagt Oberstleutnant Ingo F.*, der das Projekt für das internationale Hubschrauberausbildungszentrum koordiniert. „Es geht darum, Erfahrungen für eine eventuelle Mondlandung zu sammeln und die Schritte eines vertikalen Landeverfahrens zu verinnerlichen.“ Der Lehrplan orientiere sich an der Ausbildung, die auch die NASANational Aeronautics and Space Administration für ihre Astronautinnen und Astronauten vorsehe, so der Oberstleutnant: „Er ist auf die Bedürfnisse der Astronauten maßgeschneidert worden.“ 

Jeden Tag starten die Astronauten an der Seite ihrer Fluglehrer zu mehrstündigen Flügen durch die Alpen und absolvieren fünf bis sechs Landeanflüge. „Der Gebirgsflug ist eines der anspruchsvollsten Verfahren in der Hubschrauberfliegerei“, sagt Ingo F. Die Orientierung sei aufgrund des Terrains schwierig, Entfernungen, Höhen und Umwelteinflüsse seien schwer einzuschätzen. „Es handelt sich um eine Hochrisiko-Umgebung wie auf dem Mond.“ Die Berge seien ideal, um die Astronauten für eine Landung in einem Mondkrater oder auf einem Bergplateau vorzubereiten. Gerst und Maurer seien motiviert bis in die Haarspitzen, so der Oberstleutnant.

  • Soldaten und Zivilisten schieben einen Hubschrauber aus dem Hangar

    Teamarbeit: Bei der Bundeswehr packen alle mit an – auch die Astronauten Alexander Gerst und Matthias Maurer. Bevor die Flugschüler in die Alpen starten können, muss erst einmal der EC-135-Hubschrauber aus dem Hangar gebracht werden.

    Bundeswehr/Jana Neumann
  • Ein Pilot sitzt im Cockpit eines Hubschraubers und legt seinen Helm an

    Die Ruhe vor dem Flug: ESAEuropean Space Agency-Astronaut Matthias Maurer bereitet sich auf seinen Flug ins Gebirge vor. Nach zweieinhalb Wochen Hubschrauber-Ausbildung bei den Heeresfliegern – erst in Bückeburg, dann in Kaufbeuren – sitzt im Cockpit jeder Handgriff.

    Bundeswehr/Jana Neumann
  • Ein Hubschrauber schwebt dicht über dem Boden

    Abgehoben: Start und Landung sind auch in der Hubschrauberfliegerei kritische Momente. Es braucht Konzentration und Fingerspitzengefühl, um die Maschine sicher in die Luft und auch wieder zurück auf den Boden zu kriegen.

    Bundeswehr/Jana Neumann
  • Zwei Piloten sitzen im Cockpit eines Hubschraubers

    Kommunikation ist alles: Während des Fluges stehen die Piloten ständig in Kontakt. Dank der Sprechsets in ihren Helmen verstehen sie sich klar und deutlich – trotz des ohrenbetäubenden Dröhnens des Hubschraubertriebwerks.

    Bundeswehr/Jana Neumann
  • Ein Hubschrauber fliegt im verschneiten Gebirge mit Wolken

    Durch das graue Nichts: Vertikale Landungen in den Bergen sind eine knifflige Angelegenheit – auch wegen der häufig schlechten Sichtverhältnisse. Gerade deshalb sind sie aber auch geeignet, Astronauten auf eine Landung auf dem Mond vorzubereiten.

    Bundeswehr/Jana Neumann
  • Ein Hubschrauber fliegt im verschneiten Gebirge

    Immer schön sachte: Bevor der Pilot sich an die eigentliche Landung in schwierigem Gelände wagt, überprüft er seine Landetaktik mit einem Testanflug. Sowohl in den Bergen als auch auf dem Mond kann jeder Fehler fatale Folgen haben.

    Bundeswehr/Jana Neumann

Das ist auch kein Wunder, schließlich müssen sich die Astronauten bei einer Mondlandung voll und ganz auf ihre Fähigkeiten verlassen können. Geht beim Anflug auf die Mondoberfläche etwas daneben, kann ihnen niemand helfen. „Deshalb müssen wir konstant einschätzen können, ob alles nach Plan läuft“, sagt Matthias Maurer. „Die Fähre fliegt für gewöhnlich vollautomatisiert, aber wir müssen für Notfälle gewappnet sein.“ Trete ein solcher ein, müsse die Mission abgebrochen werden.

„Es geht darum, ein Gefühl zu entwickeln: Was ist noch in Ordnung, was nicht?“, ergänzt Alexander Gerst. Bei einer vertikalen Landung sei die Landezone für den Piloten kaum zu sehen. „Es geht darum, Abläufe zu verinnerlichen. Denn der visuelle Eindruck kann täuschen.“ Die während der Flüge durch die Alpen gemachten Erfahrungen könnten helfen, Gefahren im Zweifel richtig zu bewerten, so Gerst. „Wir müssen lernen, auf unser Gefühl und auf die Instrumente zu vertrauen.“

Die Ausbilder der Bundeswehr sind mit den Fortschritten der angehenden Landefährenpiloten jedenfalls sehr zufrieden. „Das war schon überzeugend“, sagt der Fluglehrer, als später alle zu den Flügen des Tages Bilanz ziehen. „Ihr Jungs seid Wissenschaftler und das merkt man: Ihr wollt alles ganz genau wissen.“ Die Astronauten nehmen das als Kompliment – und geben es direkt an ihre Ausbilder zurück: „Vor drei Wochen hätte ich nicht erwartet, dass ich einen Hubschrauber ganz alleine auf einem eisigen Grat im Gebirge lande“, sagt Alexander Gerst. Die Ausbildung bei der Bundeswehr habe seine Erwartungen mehr als erfüllt, so der ESAEuropean Space Agency-Astronaut. „Die Heeresflieger wissen, wie man in kürzester Zeit alle Fertigkeiten vermittelt, auf die es ankommt.“ 

* Name zum Schutz der Person abgekürzt.

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