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Bundeswehr hilft Feuerwehr

„Manchmal gibt es nur beim Tanken eine Verschnaufpause“

Sanität
Datum:
Ort:
Berlin
Lesedauer:
3 MIN

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Das Bundeswehrkrankenhaus in Berlin unterstützt die städtische Feuerwehr im Rettungsdienst. Gleichzeitig werden auch Notfallsanitäter und Ärztinnen der Bundeswehr praktisch geschult. Diese kommen aus ganz Deutschland, um ihr Können auf den Straßen der Hauptstadt zu beweisen. Flottillenarzt Götz M.* weiß, was sie erwartet.

Porträt eines lächelnden Mannes, der vor einem Rettungswagen steht.

Helfer in der Not: Flottillenarzt Götz M. ist Oberarzt im Rettungsdienst am Bundeswehrkrankenhaus Berlin. Die mehr als 50 militärischen Rettungskräfte fahren bis zu 20.000 Einsätze im Jahr – und entlasten damit die Berliner Feuerwehr.

Bundeswehr/Christoph Kassette

Warum bilden Sie militärische Rettungskräfte ausgerechnet in Berlin aus?
Berlin ist ein attraktiver Standort für Notfallsanitäter, weil es so viel zu retten gibt. Wir sind der größte Rettungsdienst der Bundeswehr und spielen eine wichtige Rolle in der Hauptstadt. Die Schlagzahl ist hier wesentlich höher als in ländlichen Umgebungen. Wenn man in einer Zwölf-Stunden-Schicht zwölf Alarmierungen hatte, weiß man, was man getan hat. Manchmal gibt es nur beim Tanken eine Verschnaufpause.

Ihre Rettungswagen sind in Mitte, Wedding und Prenzlauer Berg unterwegs. Womit muss man rechnen, wenn man eine Schicht im Rettungsdienst fährt?
Wir sind in den schwierigen Stadtteilen Berlins unterwegs. Wenn man wegen einer Stichverletzung in den Einsatz gerufen wird, überrascht das niemanden. In bestimmten Einsatzkonstellationen muss man auch mit Beschimpfungen und Gewalt rechnen. Gerade ist bei uns ein Kollege in den Dienst zurückgekehrt, dem bei einem Einsatz der Fuß gebrochen wurde.

Der Job ist also durchaus gefährlich. Welchen Mehrwert ziehen die Rettungskräfte aus ihrem Einsatz in Berlin?
Hier lernt man, mit schwierigen Patientinnen und Patienten umzugehen, Prioritäten bei ihrer Versorgung zu setzen und diese mit kühlem Kopf abzuarbeiten. Die meisten Rettungskräfte kommen gezielt zu uns. Denn wir bereiten sie sehr genau auf das vor, was sie später erwartet.

Sie arbeiten im Rettungsdienst eng mit der Feuerwehr Berlin und zivilen Rettungsdiensten zusammen. Was unterscheidet einen Notfallsanitäter der Bundeswehr von einem zivilen Kollegen?
Unsere Leute haben richtig Bock auf die Arbeit im Rettungsdienst, und das merkt man. Ausbildungsniveau, Einsatzstandards und Handlungssicherheit unserer Rettungskräfte sind hoch, vor allem in komplexen Lagen. Wenn es erst einmal rumst und kracht, sind Leute mit militärischer Ausbildung nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen. Zudem gelten wir als Expertinnen und Experten bei der Versorgung von Schuss- und Stichwunden.

Wer kommt zur Ausbildung zu Ihnen in den Rettungsdienst des Bundeswehrkrankenhauses?
Um Notfallsanitäter zu werden, braucht es eine dreijährige Ausbildung. Die theoretischen Grundlagen des Berufs werden in Rettungsdienstschulen vermittelt. Die praktischen Anteile der Ausbildung – das sind sechs Blöcke zu jeweils vier Wochen – werden bei uns im Rettungsdienst absolviert. Zudem frischen wir die Kenntnisse ausgebildeter Notfallsanitäter auf. Da geht es nach der Vorbereitungswoche für einen Monat in den Rettungsdienst auf die Wache. Auch Ärzte bilden sich bei uns in Berlin rettungsmedizinisch weiter.

Was braucht es, um ein guter Notfallsanitäter zu werden? 
Man muss Lust auf den Job haben. Schlafmützen können wir nicht gebrauchen. Das Handwerkszeug bringen wir unseren Auszubildenden bei. Wenn dann noch die Einstellung stimmt, ist das schon die halbe Miete. Der Rest ist Erfahrung.

Vor Ihrem Wechsel zur Bundeswehr haben Sie viele Jahre auf zivilen Rettungsstationen in Berlin gearbeitet. Wie hat sich das Rettungswesen in der Rückschau verändert?
Die Belastung des Rettungsdienstes hat in Berlin in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Das liegt zum einen daran, dass die zuständigen Institutionen mit der Arbeit nicht mehr hinterherkommen, zum anderen daran, dass viele Rettungsstellen überlastet sind.

Woran liegt das?
Das System wird zunehmend mit Hilfesuchenden belastet, die eigentlich kein Notfall sind. In vielen Milieus ist zum Beispiel das Hausarztsystem unbekannt, dann wird einfach die Notrufnummer gewählt. Den Patientinnen und Patienten ist das nicht zum Vorwurf zu machen, sie wissen sich nicht anders zu helfen. Und wir wissen vorher ja auch nicht, ob es etwas Ernstes ist.

* Name zum Schutz der Person abgekürzt.

von Timo Kather

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