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Fürsorge

Weihnachten mit der Bundeswehr: Ein Nikolaus im Ehrenamt

Weihnachten
Datum:
Ort:
Berlin
Lesedauer:
5 MIN

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Alle Jahre wieder schlüpft Oberstabsfeldwebel d. R.der Reserve Frank R.* in sein Nikolauskostüm, um eine Schar Kinder in Feststimmung zu versetzen. Das hat seinen Grund: Die Kleinen müssen über die Feiertage auf ein Familienmitglied verzichten, das im Auslandseinsatz ist. Die Feier im Familienbetreuungszentrum Berlin hilft ihnen, auf andere Gedanken zu kommen.

Ein Mann, verkleidet als Nikolaus, sitzt vor mehreren Kindern und liest eine Geschichte vor.

Weihnachtlich: Oberstabsfeldwebel d. R.der Reserve Frank R. gab auf der Adventsfeier im Familienbetreuungszentrum Berlin den Nikolaus – und hatte reichlich Gaben im Gepäck

Bundeswehr/Tom Twardy

 

Das Lampenfieber kurz vor dem großen Auftritt gehört einfach dazu. „Man ist jedes Mal aufgeregt. Wenn nicht, macht man was verkehrt“, sagt Frank R., während er den Sitz seiner Bartattrappe ein letztes Mal überprüft. Für den Beginn lege er sich immer einen lockeren Spruch parat, sagt der Nikolaus im Ehrenamt. „Das hilft mir, auch die Erwachsenen mitzunehmen. Sobald das Eis gebrochen ist, läuft das Ganze von allein.“ Frank R. glättet seinen roten Samtmantel, dann tritt er vor sein Publikum.

Etwa 20 Kinder freuen sich schon auf ihre Bescherung. Sie alle sind mit ihren Familien zur Adventsfeier ins Familienbetreuungszentrum Berlin gekommen, und sie alle haben etwas gemeinsam: Ein naher Verwandter, häufig ein Elternteil, dient als Soldatin oder Soldat bei der Bundeswehr – und dieses Familienmitglied ist über die Festtage im Auslandseinsatz. Für die Kinder bedeutet das, zur schönsten Zeit des Jahres auf eine wichtige Bezugsperson verzichten zu müssen. Damit der Trennungsschmerz nicht allzu groß wird, betreut das FBZFamilienbetreuungszentrum Berlin die Soldatenfamilien vor, während und nach dem Einsatz – und die Adventsfeier ist ein Höhepunkt des Jahres.

Nacheinander werden die Kinder vom Nikolaus nach vorn gerufen. „Erst spreche ich mit ihnen über die guten, dann über die weniger guten Taten“, sagt Frank R. Anschließend verteilt er kleine Geschenke: eine Weihnachtstüte mit ein paar Naschereien, auch etwas Holzspielzeug ist mit dabei. „Wenn Kinderaugen leuchten – einen besseren Dank gibt es nicht“, sagt der Oberstabsfeldwebel d. R.der Reserve, nachdem er seine Schützlinge mit den festlichen Gaben versorgt hat.

Im Dienst der Kameradschaft

Frank R. hatte sich nach mehr als 36 Dienstjahren beim Militär schon Ende Februar 2015 zur Ruhe gesetzt. Doch auch nach dem Abschied aus dem aktiven Dienst blieb er seinem Dienstherrn treu. In den letzten zehn Jahren hat R. 39 Reservedienstleistungen gemacht – alle im FBZFamilienbetreuungszentrum Berlin. Über die Jahre kamen so knapp 1.800 weitere Tage Dienstzeit, 14 Adventsfeiern im FBZFamilienbetreuungszentrum und drei ehrenamtliche Einsätze als Nikolaus dazu.

Auch in den letzten Jahren vor seiner Zurruhesetzung hatte Frank R. im FBZFamilienbetreuungszentrum Berlin gedient. Zuvor war er die meiste Zeit seines Soldatenlebens bei der Jägertruppe gewesen – als Trupp- und als Zugführer, schließlich als Kompaniefeldwebel. Als „Mutter der Kompanie“ kümmerte er sich um die Anliegen seiner Kameradinnen und Kameraden. Da fiel es ihm nicht schwer, von der Betreuung der Soldatinnen und Soldaten auf die Betreuung ihrer Angehörigen umzusatteln.

Geteiltes Leid ist halbes Leid

Die Soldatenfamilien kommen aus einem Umkreis von etwa 100 Kilometern um Berlin. Jeden Monat werden sie zu einer sonntäglichen Gemeinschaftsveranstaltung ins FBZFamilienbetreuungszentrum eingeladen, um Kraft aus der Gemeinschaft mit Familien in der gleichen Situation zu ziehen. „Ein Auslandseinsatz ist für die Kinder und die Angehörigen sehr anstrengend“, sagt Frank R., der seinerzeit selbst im Einsatz im Kosovo war. „Die Partnerin oder der Partner ist tausende Kilometer von zu Hause weg und der oder die Daheimgebliebene muss alles allein managen.“

Deshalb kümmert sich die Bundeswehr während des gesamten Einsatzes um die Angehörigen ihrer Kräfte. „Team Heimat ist das Rückgrat der Soldatinnen und Soldaten im Einsatz“, sagt Frank R. Jedes FBZFamilienbetreuungszentrum-Treffen beginne mit Neuigkeiten aus den Einsatzgebieten. „Dann essen wir etwas, und dann geht es raus in die Betreuung.“ Ein Ausflug in den Zoo, eine Tour durch die U-Bahn-Tunnel von Berlin oder ein Städtetrip nach Dresden standen dieses Jahr auf dem Programm.

Wechselbad der Gefühle

Die Treffen dienten aber vor allem der Vernetzung untereinander, berichtet Frank R. Im FBZFamilienbetreuungszentrum werden dann auf allen Tischen Aufsteller mit den Einsätzen platziert, in denen sich die Bundeswehr engagiert: UNIFILUnited Nations Interim Force in Lebanon im Libanon zum Beispiel, Counter Daesh im Nahen Osten oder auch bei der Battlegroup Lithuania im Baltikum. So finden die Angehörigen leichter zueinander. „Das ist alles bunt gemischt: Mal kommen Oma und Opa mit dem Enkelkind, mal die Mutter mit einer Freundin“, sagt Frank R. Meist kämen 70 bis 80 Angehörige zu den Veranstaltungen.

Heute, zur Adventsfeier, sind es sogar 120 Gäste geworden. Denn in der Adventszeit ist noch einmal vieles anders. „Die Weihnachtsfeier ist schon eine besondere Geschichte“, sagt Frank R. „Die Kinder spüren, dass etwas anders ist. Es ist ein Wechselbad der Gefühle.“ Für den Moment scheinen sich die Kleinen aber von der weihnachtlichen Atmosphäre im FBZFamilienbetreuungszentrum mitreißen zu lassen. Zwischen Bastelstraße, Weihnachtssingen und Bescherung bleibt einfach keine Zeit für Trübsal.

Auch der Nikolaus im Ehrenamt geht heute durch ein Wechselbad der Gefühle: Es ist seine mutmaßlich letzte Adventsfeier mit der Bundeswehr. Frank R. ist seit kurzem 65 Jahre alt, er darf nun keine Reservedienstleistungen mehr machen. „Man weiß ja, dass irgendwann Schluss ist“, sagt der Veteran. Er werde es nun etwas ruhiger angehen lassen, sich aber in jedem Fall weiter ehrenamtlich engagieren. „Wenn man mich fragt, bin ich 2026 wieder bei der Weihnachtsfeier dabei – und gerne auch als Nikolaus“, sagt der Oberstabsfeldwebel d. R.der Reserve Nun wolle er aber erst einmal das Weihnachtsfest im Kreis seiner eigenen Familie genießen. Für die Bundeswehr, seine zweite Familie, bleibt ja im nächsten Jahr auch noch Zeit. 

*Name zum Schutz der Person abgekürzt.

von Timo Kather

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