Heer
Deep Infil 21

Infiltration in die Tiefe des Raumes

Infiltration in die Tiefe des Raumes

Datum:
Ort:
Portugal
Lesedauer:
5 MIN

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Nur wenige Wolken ziehen am blauen Himmel über die Fallschirmspringerschule nahe der portugiesischen Gemeinde Tancos in der Region Centro. Hier warten Fallschirmspringer der Luftlandebrigade 1 auf die ersten Worte von Oberstleutnant Heiko Klees. Als Leitender trägt er die Verantwortung für eine fordernde, mehrtägige taktische Fallschirmsprungausbildung.

Drei Fallschirmspringer mit einem grauen Fallschirm sind kurz vor der Landung auf einem braunen Feld.

Im portugiesischen Tancos trainieren deutsche und portugiesische Fallschirmspringer den Sprung mit dem Gleitfallschirm

Bundeswehr/Markus Mader

In Tancos wird die taktische Verbringungsart „Freifallspringen“ geübt, wie die Soldatinnen und Soldaten zum Überwinden einer Entfernung mit einem speziellen Fallschirm in der Luft sagen. An ihrem Gleitfallschirm und circa 50 Kilogramm Gepäck werden sie täglich mehrere Sprünge in taktischer Gliederung absolvieren. Gemeinsam mit portugiesischen Vorauskräften, dem Team Luftwaffe mit ihrem imposanten Transportflugzeug A400M und zwei M28 Skytruck, einem Kurzstrecken-Transportflugzeug der Bundeswehr, wird in Tancos der taktische Sprungeinsatz bei Tag und Nacht geübt. Die Freifallspringer der saarländischen Luftlandebrigade 1 erwartet während der zehntägigen Ausbildung ein umfangreiches Ausbildungsprogramm.

Was bedeutet Deep Infil?

Vier Fallschirmspringer stehen im Kreis bei Dämmerung im Freien auf einer Betonfläche.

Jede Bewegung wird vor dem scharfen Sprung noch einmal durchgegangen

Bundeswehr/Julia Dahlmann

„Langweilig wird es in den nächsten Tagen nicht, denn es steht viel auf dem Programm“, sagt Hauptfeldwebel Eric Derksen* zu seinem Trupp. Der Hauptfeldwebel ist für die Ausbildung seiner Soldaten verantwortlich und seinen Blicken entgeht nichts. Die Freifaller, wie diese speziell ausgebildeten Fallschirmspringer auch genannt werden, sind sogenannte Vorauskräfte, die mit dem Schirm weit hinter die feindlichen Linien abgesetzt werden und dort operieren. Von diesem Vorgang, der Infiltration in die Tiefe des Raumes, stammt auch der englische Name der Übung, kurz Deep Infil.

Ziel ist es, für alle Vorauskräfte der Luftlandebrigade die Verfahrensabläufe im dafür nötigen Gleiteinsatz zu üben. Die Abläufe zu automatisieren, gibt den Soldaten die wertvolle Handlungssicherheit und kann in Notsituationen sogar lebensrettend sein. Jeder Sprung wird durch den Truppführer im Anschluss akribisch ausgewertet und mit jedem einzelnen Springer besprochen. Mögliche Fehler können sofort ausgebügelt werden, damit später in der Königsklasse, dem Sprung bei Nacht, alles reibungslos abläuft. Hier wird mit der gesamten taktischen Gefechtsausrüstung so im Verband gesprungen wie in einem möglichen späteren Einsatz.

Wertvolle Erfahrungen sammeln

Drei Soldaten stehen im Kreis in einem grauen Flugzeug.

Multinationalität: Deutsche und Portugiesen trainieren gemeinsam

Bundeswehr/Julia Dahlmann

Oberstabsgefreiter Alex Behrend* ist erst seit Kurzem im Fallschirmspezialzug im Fallschirmjägerregiment 31 aus dem niedersächsischen Seedorf. Für ihn ist die Ausbildung in Portugal sehr gewinnbringend. Er konnte seinen Erfahrungsschatz durch das praktische Üben, aber auch durch den Austausch mit den vielen Springern erweitern. Wie die portugiesischen Fallschirmjäger ihren Sprungeinsatz planen, war für ihn interessant. „Einem Trupp mit so vielen Springern anzugehören, macht mich stolz. Das war für mich auch das erste Mal, bei so etwas dabei zu sein. Ich habe hier die Möglichkeit, meine Fähigkeiten deutlich zu verbessern“, sagt Behrend stolz.

Vorbereitung auf die Königsklasse

Ein Fallschirmspringer landet an einem Fallschirm im Abendrot auf einem Feld zwischen Gebüschen.

Die komplizierte und riskante Landung wird zunächst in der Dämmerung vorgeübt, bevor nachts gesprungen wird

Bundeswehr/Markus Mader

Wie läuft ein Nachtspung ab? Er ist die Königsklasse beim taktischen Freifallspringen mit Gefechtsausrüstung. Um die Fallschirmspringer auf diesen Sprung vorzubereiten, erfolgt vorher ein sogenannter Dämmerungssprung, also bei geringem Licht. Der Ablauf ist hierbei identisch mit dem darauffolgenden Nachtsprung. Dann, nach ein paar Tagen, ist es so weit. Die Bedingungen an diesem Sprungtag sind hervorragend. Wolkenloser Himmel, etwas Wind und dazu ein Halbmond, der ein wenig den Abendhimmel beleuchtet. Bevor es losgeht, bereiten die Trupps ihre Ausrüstung vor. Hierfür ist für jeden Springer ein entsprechender Beleuchtungssatz vorgesehen, den jeder an seiner Ausrüstung befestigt. Diese Beleuchtung ist notwendig, um Kollisionen in der Luft zu vermeiden. Auf die Vorbereitung folgt der Sicherheitscheck. Dann besteigen die Soldaten auch schon das Luftfahrzeug oder wie die Fallschirmjäger sagen, sie beschuffeln es. Nach einem zügigen Start und einem schnellen Steigflug des A400M beginnt nach wenigen Minuten in der Luft der sogenannte Absetzer – der Soldat, der im Flugzeug die Anweisungen zum Sprung gibt – schon mit den ersten Handzeichen zur Sprungvorbereitung. Jeder prüft ein letztes Mal die eigene Ausrüstung und die des Kameraden. Plötzlich springt in der Kabine die Signalbeleuchtung auf Rot und die Heckrampe öffnet sich.

Der Sprung in die Dunkelheit

Ein Soldat wird im dunklen Flugzeug von den letzten Lichtstrahlen der Sonne angeleuchtet.

Beim Nachtsprung wird von den Fallschirmspringern ein Höchstmaß an Konzentration verlangt

Bundeswehr/Maximilian Schulz

Kühle Luft strömt in das Flugzeug und die Fallschirmspringer beginnen ihre Beleuchtung einzuschalten. Der Absetzer gibt jetzt das Signal für den baldigen Absprung. Gleichzeitig leitet er den ersten Springer an den Rand der Rampe. Während der Freifaller auf das grüne Licht wartet, steht die Sonne tiefrot am Horizont. Augenblicklich springt das Signal auf Grün und der Absetzer gibt die Rampe frei. Ein Springer nach dem anderen verlässt das Flugzeug mit einem Kopfsprung, dem sogenannten Dive Exit, in den Abendhimmel. Währenddessen zählt der Verantwortliche am Boden die sich öffnenden Fallschirme. Mit zunehmender Dämmerung bewegt sich langsam ein Fallschirm nach dem anderen zur Landezone. Um sie kenntlich zu machen, ist die Landezone mit einer Bodenbeleuchtung markiert, die den Springern auch die Landerichtung anzeigt. Alle landen unversehrt. Nach kurzer Sammelphase geht es für alle auch schon zurück zum Flugplatz, um sich auf den nächsten Sprung vorzubereiten.

Die Organisationsmeister

Ein Soldat steht seitlich von einem Flugzeug auf einem Flugfeld und spricht zu Soldaten, die vor ihm angetreten sind.

Oberstleutnant Heiko Klees spricht vor den Fallschirmspringern und seinem Funktionspersonal

Bundeswehr/Markus Mader

Einen taktischen Freifallsprungdienst mit drei Luftfahrzeugen und rund 100 Fallschirmspringern zu realisieren, ist eine organisatorische Herausforderung. Dieser haben sich Oberstleutnant Heiko Klees und sein Leitungsteam gestellt. Das Einteilen der Springer und das Besetzen der Flugzeuge bedarf viel Erfahrung und Organisationsgeschick. Dabei haben sie stets die entscheidenden Wetterbedingungen im Blick. Beeindruckend ist auch, wie sowohl das Team als auch die Besatzung der Luftfahrzeuge mit großer Flexibilität und Improvisationsgeschick auf unerwartete Hürden reagieren. Am Ende ist es gelungen, rund 1.600 Ausbildungssprünge bei Tag und Nacht zu ermöglichen. Alle Teilnehmer konnten hier ihren Erfahrungsschatz erweitern und vertiefen. Der Oberstleutnant lobte während eines Abschlussantretens die Leistungen der Teilnehmer. Alle seien sehr motiviert gewesen, auch wenn die Tage mal länger waren. So konnten alle Ausbildungsziele erreicht werden.

Das Ausbildungsvorhaben Deep Infil ist jetzt seit drei Jahren ein fester Bestandteil der Jahresausbildungsplanung der Brigade. Auch in diesem Jahr hat sich gezeigt, wie wichtig es ist, im internationalen Rahmen mit verbündeten Kräften gemeinsam zu üben. So konnte diese Übung einen großen Beitrag zur Einsatzbereitschaft der Luftlandebrigade 1 leisten.

*Name von der Redaktion geändert

von Markus Mader

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