Luftwaffe

Die NATO AGSAlliance Ground Surveillance Force fliegt erstmals drei Aufklärungsmissionen hintereinander

Die NATO AGSAlliance Ground Surveillance Force fliegt erstmals drei Aufklärungsmissionen hintereinander

Datum:
Ort:
Europa
Lesedauer:
4 MIN

Sigonella – Sizilien. Donnerstagmorgen kurz vor 8.00 Uhr. Die letzten Vorbereitungen der Technik-Crew sind abgeschlossen. Das Turbinentriebwerk läuft fehlerfrei, die ITInformationstechnik- und Kommunikationsverbindungen sind stabil. Das unbemannte Aufklärungsflugzeug der NATO Alliance Ground Surveillance Force vom Typ AGSAlliance Ground Surveillance RQ-4D Phoenix ist startklar.

Ein Phoenix steht in Sigonella im Sonnenuntergang auf dem Vorfeld

Ein Phoenix steht in Sigonella im Sonnenuntergang auf dem Vorfeld

Bundeswehr/ Christian Träger

Wie von Geisterhand rollt das rund 15 Tonnen schwere vollbetankte Flugzeug zur Startbahn und nur wenige Minuten später hebt der Phoenix zur dritten Aufklärungsmission innerhalb von drei Tagen in Richtung Mittelmeer ab.

Drei Missionen in Folge – neue Herausforderungen

„Vor einem Jahr haben wir NATO-seitig das erste unbemannte NATO-Aufklärungsflugzeug hier in Sigonella übernommen“, erklärt Oberst Wolfgang Asmus, Deutscher Kommandeur und Operations Wing Commander der NATO AGSAlliance Ground Surveillance Force. „Mittlerweile stehen uns drei der fünf HALE (High Altitude Long Endurance) AGSAlliance Ground Surveillance RQ-4D Phoenix und große Teile der Satellitenanlagen sowie Anteile der mobilen und verlegefähigen Auswertestationen zur Verfügung. Dennoch befindet sich der Verband bis 2024 in der Aufstellungsphase. Aber unser Anspruch ist es, einmal wöchentlich Aufklärungseinsätze in Europa und über dem Mittelmeer zu fliegen. Dies kann jedoch nur mit lediglich der Hälfte des in der Zielstruktur vorgesehenen Personals geschehen und zudem aus einer Übergangsinfrastruktur heraus. Daher ist es schon ein besonderer Erfolg, dass es uns gelungen ist, diese Woche drei Aufklärungsmissionen an drei aufeinanderfolgenden Tagen über das Mittelmeer zu stemmen.“

Oberst Asmus freut sich über die erfolgreiche Flugwoche

Oberst Asmus freut sich über die erfolgreiche Flugwoche

Bundeswehr/Christian Träger

Fliegerische Vorbereitung der Missionen

„Auch für die verantwortlichen Piloten sind mehrere Flüge hintereinander eine neue Erfahrung“, berichte Oberstleutnant Stephan Mehl. Der ehemalige Tornado-Waffensystemoffizier gilt als der erfahrenste Pilot des Aufklärungsflugzeugs AGSAlliance Ground Surveillance RQ-4D Phoenix innerhalb der NATO.

Er stellt klar: „Die in dieser Woche durchgeführte „Surge Operation“ (Durchhalteoperation) dient dazu, im Vorfeld zur Zuerkennung und Erlangung einer weiteren Einsatzbefähigungsstufe die eventuellen Schwach- und Belastungsstellen sowie kritischer Ressourcen mittels Stresstest aufzuzeigen und mittels Analyse der gewonnenen Informationen und Erkenntisse das weitere Vorgehen abzustimmen. Beispielsweise wird im Hinblick auf die Flugdurchführung die Robustheit des derzeitigen Schicht- und Flugdienstsystems bewertet.“

Der Phoenix nach dem Start

Der Phoenix nach dem Start

Bundeswehr/Christian Träger

Die Techniker sind gefordert

„Für die Technische Staffel sind die drei aufeinanderfolgenden Aufklärungsmissionen eine besondere Herausforderung“,  berichtet der stellvertretende Staffelchef Oberstleutnant Christian Träger und gibt einen Überblick zu den umfangreichen Aufgaben.

Für die drei aufeinander folgenden Missionen werden jeweils zwei Phoenix vorbereitet. Bereits ein bis zwei Tage vorher werden die Flugzeuge betankt, wobei der genaue Tankinhalt des Luftfahrzeugs mittels Wiegen bestimmt wird. Danach steht für beide Phoenix eine zweistündige Vorflugsinspektion an, bei der Mechanik und Avionik überprüft werden. Da das unbemannte Flugzeug noch nicht mit dem Cockpit verbunden ist, werden hier mit einem speziellen Testgerät die Funktionen des Cockpits simuliert.

Stabsfeldwebel Mario Bruns und Hauptfeldwebel Matthias Rüll beim Betanken des Phoenix

Stabsfeldwebel Mario Bruns und Hauptfeldwebel Matthias Rüll beim Betanken des Phoenix

Bundeswehr/Christian Träger
Stabsfeldwebel Thomas Petermann bei der Montage der Schleppstange

Stabsfeldwebel Thomas Petermann bei der Montage der Schleppstange

Bundeswehr/Christian Träger

Am Flugtag ist die „Launch Crew“ der Technikstaffel für die Startvorbereitung des Phoenix zuständig. Drei Stunden vor dem Start beginnt diese mit den hierfür notwendigen Arbeiten. Das Flugzeug wird zum Startplatz geschleppt, welcher GPSGlobal Positioning System-vermessen und der Ausgangspunkt des Flugplans ist. Außerdem wird das für den Start benötigte Bodendienstgerät an den Startplatz geschleppt und angeschlossen.

Neunzig Minuten vor dem Start wird das Triebwerk des Phoenix gestartet, worauf ein letzter Check der Avionik und der Satellitenverbindung erfolgt. Nach einer letzten Sichtprüfung, die durch den zweiten Piloten am Flugzeug selbst vorgenommen wird, übergibt dieser den abflugbereiten NATO AGSAlliance Ground Surveillance RQ-4D Phoenix an den verantwortlichen Piloten, welcher sich in der bodengebundenen Kommandoplattform befindet und ab diesem Zeitpunkt für Start und Flug zuständig ist.

Nach der Landung des Phoenix übernimmt die Recovery Crew vom verantwortlichen Piloten die Kontrolle des Flugzeugs und schaltet es nach dem Anbringen der Bodensicherungseinrichtungen ab. Der Phoenix wird zu seinem Standplatz im Flugzeughangar geschleppt und einer Nachflugsinspektion unterzogen. Dann erfolgt das Nachtanken und eine erneute Vorflugsinspektion. Ohne aufwendige Maßnahmen zur Fehlerbehebung dauert der Gesamtvorgang circa acht Stunden; somit steht der Phoenix für eine weitere Mission am Folgetag bereit.

Aufklärungsergebnisse und Auswertung

„Während der jeweils einmal wöchentlich durchgeführten Flüge konnten Verfahrensabläufe für die Erstellung von Produkten im Rahmen der Bildauswertung entwickelt und getestet werden“, erklärt Oberstleutnant Michael Packhäuser, Leiter der Bildauswertung. „Mit den täglich aufeinanderfolgenden Aufklärungsflügen können jetzt zusätzlich die notwendigen Abläufe zur Koordination von Schichten mitgetestet werden. Dies ist eine hervorragende Gelegenheit, da die Bildauswertung in der Zielstruktur – das heißt: alle Dienstposten besetzt, Full Operational Capability erklärt – in einem dauerhaften Schichtsystem (24/7) durchgeführt werden wird.“

Infrastruktur

Das gemeinsame NATO-finanzierte, multinationale Projekt des Alliance Ground Surveilance-Verbands ist vorerst auf 30 Jahre angelegt. Die Infrastruktur wächst stetig, und die Fertigstellung ist im Jahr 2024 geplant. Der Militärflugplatz Sigonella wird sowohl von der U.S. Navy als auch von der Italienischen Luftwaffe genutzt.

Die neuen Hangars bekommen ein Gesicht

Die neuen Hangars bekommen ein Gesicht

Bundeswehr/Christian Träger
Das künftige Flugvorfeld dient bis zur Fertigstellung als Parkfläche für die mobile Satellitenanbindung

Das künftige Flugvorfeld dient bis zur Fertigstellung als Parkfläche für die mobile Satellitenanbindung

Bundeswehr/Christian Träger

Deutscher Anteil

Die Bundeswehr ist nach den Amerikanern und vor den Italiernern der zweitgrößte Truppensteller im NATO-AGSAlliance Ground Surveillance-Verband. Daher sind die deutschen Soldatinnen und Soldaten so gut wie in allen Bereichen eingesetzt. Einige Schwerpunkte sind Aufklärung und Auswertung, Piloten und Sensorbediener, Transport und Logistik, Luftfahrzeugtechnik; alles was zu einem Flug dazu gehört. Auch im engeren internationalen Führungskreis des Verbandes sind deutsche Stabsoffiziere vertreten.

Zudem gibt es eine deutsche Stabsgruppe, zur Unterstützung der im internationalen Bereich eingesetzten Deutschen. Dazu gehört auch eine Fliegerarztdienststelle.

  • Die Italienische Luftwaffe unterstützt beim Betanken

    Die Italienische Luftwaffe unterstützt beim Betanken

    Bundeswehr/Christian Träger
  • Der Phoenix auf dem Weg zur Startbahn

    Der Phoenix auf dem Weg zur Startbahn

    Bundeswehr/Christian Träger
  • Nach der Landung. Die Flügelspannweite des Phoenix ist mit knapp 40 Metern vergleichbar mit einer Boeing 737

    Nach der Landung. Die Flügelspannweite des Phoenix ist mit knapp 40 Metern vergleichbar mit einer Boeing 737

    Bundeswehr/Christian Träger
  • Soldat überprüft Gerätschaften

    Auch die Satelitenverbindung wird vor jedem Start überprüft

    Bundeswehr/Christian Träger
  • Der Phoenix an der Schleppstange

    Der Phoenix an der Schleppstange

    Bundeswehr/Christian Träger
  • Der Phoenix auf der Start- und Landebahn

    Der Phoenix auf der Start- und Landebahn

    Bundeswehr/Christian Träger
  • Der Phoenix auf der Landebahn

    Der Phoenix auf der Landebahn

    Bundeswehr/Christian Träger
von Oswald Fahrner