Marine
P-3C Orion der Marine

Seeraumüberwachung aus der Luft

Seeraumüberwachung aus der Luft

Datum:
Ort:
Nordholz
Lesedauer:
4 MIN

Auf dem Flugfeld des Marinefliegerstützpunkts Nordholz wartet eine viermotorige Turboprop-Maschine auf ihren Einsatz. Die Lockheed P-3C Orion ist ein ausdauernder Aufklärer und gefürchteter U-Boot-Jäger. Sie ist ein wichtiges Element der Aufklärungsmissionen „Assurance Measures“ der NATO im Ostseeraum.

Ein graues großes Flugzeug steht auf einer Landebahn.

Der Seefernaufklärer P-3C Orion auf der Landebahn in Nordholz

Bundeswehr/Julia Kelm

Aufklärung als Basis für Entscheidungen

Information ist immer die Grundlage eines Entschlusses“, bringt es Fregattenkapitän Jens P. auf den Punkt. Das sei ein konstanter Prozess. Die P-3C der Deutschen Marine hat als Luftfahrzeug eine Flexibilität, die sie für die Gewinnung von Informationen ideal macht. Einerseits hat sie aufgrund ihrer Flughöhe mit ihrer Aufklärungstechnik eine wesentlich höhere Reichweite als ein Schiff. Andererseits kann sie schnell ihre Flughöhe verringern und ein verdächtiges Schiff mit ihrer Kameratechnik aus der Nähe überprüfen. Von ihrer Heimatbasis im niedersächsischen Nordholz benötigt sie nur Stunden, um ein Seegebiet im Mittelmeer aufzuklären. 

Ein Mann im Overall kniet vor einer Landkarte und erklärt der Besatzung den Flugbereich.

Der Fregattenkapitän zeigt der Besatzung auf der Karte, wohin sie fliegen werden

Bundeswehr/Julia Kelm

Heute ist das Ziel die Ostsee. In knapp einer Stunde ist die Maschine vor Ort. Dies ist ein Flug für die NATO „Assurance Measures“-Mission mit dem Ziel, ein 24-Stunden-Lagebild der Schiffbewegungen in der Ostsee zu ermöglichen. Was so bürokratisch klingt, ist ein wichtiger Baustein für die Sicherheit der baltischen Staaten und Polen. Durch den Ukrainekrieg und die Tatsache, dass in Baltijsk (dem Vorhafen von Kaliningrad) der Hauptstützpunkt der Baltischen Flotte Russlands liegt, haben diese Missionen noch mehr an Bedeutung gewonnen.

Ein Mix unterschiedlicher Sensoren

Ursprünglich als klassischer U-Boot-Jäger konzipiert, entwickelte sich die P-3C zum leistungsfähigen Seefernaufklärer. Sie verfügt über sich ideal ergänzende Aufklärungsmittel. Der erste Kontakt mit einer Überwassereinheit wird durch das weitreichende Oberflächenradar APS-137B erzielt. Die Radarantenne sendet elektromagnetische Strahlen aus und große metallische Objekte wie beispielsweise ein Schiff reflektieren diese. Der so erzeugte Radarkontakt wird mit Informationen abgeglichen, die durch andere Sensoren des Flugzeugs gewonnen werden. So kann die Besatzung schnell überprüfen, ob es sich bei dem Kontakt um ein Seezeichen, ein Schiff oder auch um eine Insel handelt.

Ein Mann im Overall und mit Kopfhörern schaut aus dem Fenster eines Flugzeugs.

Ein Soldat hält Ausschau nach Schiffen und U-Booten

Bundeswehr/Julia Kelm

Zivile Schiffe verfügen über Automatic Identification System (AIS), worüber sie identifiziert werden können. Das Funksystem verbessert durch den Austausch von Navigations- und anderen Schiffsdaten die Sicherheit und die Lenkung des Schiffsverkehrs. Kontakte ohne AIS- Signal lösen ein Aufklärungsinteresse aus.

Mit einem dritten System, dem Electronic Support Measures AN/ALR-95 (ESM) kann elektromagnetische Ausstrahlung jeglicher Art überprüft werden. Damit wird geklärt, ob es sich um ein ziviles oder um ein militärisches Radarsystem handelt, das auf dem Schiff verbaut ist. Darüber hinaus wird eine hochauflösende Kamera zur Identifikation von Schiffen eingesetzt. Der Video- und Infrarotsensor MX-20HD hat bei Tag und Nacht eine sehr hohe Reichweite.

Für die Aufklärung von Objekten unter Wasser werden einerseits Sonarbojen und andererseits der Magnetanomalie-Detektor ASQ-81 (MAD) eingesetzt. Die Bojen werden abgeworfen und über ein Hydrophon, einer Art Unterwassermikrophon, können Geräusche im Wasser erfasst werden. Der Detektor befindet sich im charakteristischen Stachel am Heck der P-3C. Durch ihn können Abweichungen im natürlichen Magnetfeld der Erde erkannt werden. Das kann eine stark eisenhaltige Gesteinsschicht, aber auch ein getauchtes U-Boot sein. Ein Zeiger im Inneren des Flugzeuges zeigt, ähnlich einem Seismographen, jede Veränderung durch Ausschläge an.

Wird ein Schiff oder U-Boot aufgeklärt, wird dieser Kontakt augenblicklich verschlüsselt an ein Hauptquartier an Land oder auf See gemeldet. Dort wird die Entscheidung getroffen, wie weiter zu verfahren ist. Der Auftrag kann beispielsweise lauten, verdeckt an dem Kontakt dranzubleiben oder ihn sogar offen zu beobachten und so Präsenz zu zeigen.

Auswertung der Daten

Nach der Landung werden die Aufklärungsergebnisse in einem schriftlichen Bericht zusammengefasst. Dieser kann ergänzt werden um weitere Details, wie eine aufgefasste Radarausstrahlung, oder Fotos die von den Kontakten aufgenommen wurden. Für das eigene militärische Nachrichtenwesen ist das taktische Verhalten der aufgeklärten fremden Einheiten von großem Interesse. So versteht man deren militärischen Fähigkeiten besser.

Alle während des Fluges aufgezeichneten Daten werden von den eigenen Bodenstationen für Elektronische Kampfführung aufgefangen, analysiert, aufbereitet und weitergeleitet. Durch diese Erkenntnisse werden die eigenen Waffen- und Aufklärungssysteme optimiert. Spezialisierte Bildauswerter gehen das Material im Detail durch.

Operator – eine Hochwertausbildung

Ein Mann im Overall und mit Kopfhörern notiert sich wichtige Daten.

Ein Operator sitzt vor einer Konsole und sammelt Informationen

Bundeswehr/Julia Kelm

„Bei einem Flug strömen unheimlich viele Daten auf einen ein“, sagt Fregattenkapitän Jens P. Sie zu filtern und aufzubereiten, ist die Aufgabe mehrerer Operateure an Bord. Die Daten helfen dem Missionsleiter, die passende Entscheidung zu treffen. Daraus ergibt sich eine hohe Verantwortung jedes einzelnen Operators. Die besondere Herausforderung ist, dass die P-3C mit 250 Knoten, also etwa 460 Kilometern pro Stunde unterwegs ist. Da bleibt nicht viel Zeit für eine Entscheidung.

Neben Teamfähigkeit muss ein Operator ein Gefühl dafür haben, was im Augenblick wichtig ist. Auch Belastbarkeit ist ein Muss. Die langen Flugzeiten erfordern die Fähigkeit, die Konzentration auch über Stunden aufrecht zu erhalten.

Die Ausbildung in Nordholz zum Operator dauert mindestens ein Jahr. Sie beginnt mit der Überprüfung der körperlichen Fitness in der Höhendruckkammer, einem Sprachentest in Englisch, der Fachdienstkunde Marineflieger, sowie der Erkennung von Schiffen und Luftfahrzeugen. Daran schließt sich die Fachausbildung als Unter- oder Überwasseroperator an.

von  Presse- und Informationszentrum Marine/ Volker Muth  E-Mail schreiben

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