Kreuz und quer durch die Republik
Auf einer Pinnwand, von Juli-Sonne in Szene gesetzt, heften sie: Zwei Dutzend Aufnäher und Verbandsabzeichen, flankiert von einigen Erinnerungsbildern. Sie werten die nüchtern weiß gestrichene Bürowand des Idar-Obersteiner Dienstzimmers von Oberstleutnant Frank Palmgren auf. Würde man dessen militärische Lebensgeschichte an seinen vielen Stationen abbilden wollen, entstünde ein Striche-Staccato auf der Landkarte. Kreuz und quer ging es für ihn durch die Republik.
Eine Ansichtskarte aus Wien
„Ich muss im Sommer 1989 beginnen.“ Frank Palmgren rückt die Aufzeichnungen auf seinem Schreibtisch zurecht. Kurz vor dem Abschluss seiner 1986 begonnenen Ausbildung zum Offizier stand er damals. Einer Zeit, in der die Demonstrierenden auf dem Leipziger Nikolaiplatz auch in der Bevölkerungswahrnehmung keine verblendeten Spinner mehr waren, sondern zu Zehntausenden überall in den Großstädten der DDR auf die Straße gingen. Es war die Zeit als einige Kameraden Palmgrens plötzlich nicht mehr aus dem Urlaub zurückkamen. An eine in Wien abgesendete Ansichtskarte erinnert er sich. Die dem System entfleuchenden Kameraden meldeten sich nicht ohne Hohn noch vor der Wende aus „der Liste der Verpflegungsteilnehmer“ ab. Die Grenze nach Ungarn war zu diesem Zeitpunkt bereits offen.
26 Stationen
Von Schwerin über Wittstock nach Leipzig, Oranienburg, Zittau, Fürstenau, Hannover, Schwalmstadt, München, Idar-Oberstein, Dresden, manchmal wieder zurück zu einem Ort, als gelte es noch etwas nachzuholen. Eine Station reiht sich an die nächste. 26 sind es insgesamt, der militärischen Vita vorgeschaltet eine zivile Berufsausbildung als Elektromechaniker in der ehemaligen DDR. Zwei Auslandseinsätze im Kosovo, Truppenpraktika in den ersten Monaten seiner Bundeswehrzeit. Kaum vorstellbar, dass es die Berufsbiografie eines Einzelnen ist.
von
Wilke Rohde